Konstanzer Eltern sind leidgeprüft: Nicht selten stellen sie sich den Wecker, wenn sie ihr Kind in einem Anfängerschwimmkurs unterbringen möchten. Mutter Caroline Lempart erzählt: „Wir haben morgens mit zwei Handys gleichzeitig versucht, auf die Homepage eines Anbieters zu kommen. So haben wir es irgendwann geschafft, einen Platz zu bekommen.“

Dies bestätigt Arlette Stockburger, Leiterin der Abteilung Schwimmen im Schwimmklub Sparta. „Eltern glauben, wir veräppeln sie“, sagt sie. „Denn wenn wir eine Mail verschicken, dass es freie Kursplätze gibt, gehen diese innerhalb weniger Minuten oder fast schon Sekunden weg.“

„Die Eltern glauben, wir veräppeln sie“, sagt Arlette Stockburger vom Schwimmklub Sparta.
„Die Eltern glauben, wir veräppeln sie“, sagt Arlette Stockburger vom Schwimmklub Sparta. | Bild: Hanser, Oliver

Sparta bot von Januar bis Ende Mai 2023 etwa 200 Kursplätze zum Schwimmenlernen an und zusätzlich 50 Plätze für Kinder, die sich bereits über Wasser halten können. Wie viel höher die Nachfrage ist, weiß Arlette Stockburger nicht, da Sparta keine Warteliste führt.

Auch Tine Machill, die Schwimmkurse fürs Deutsche Rote Kreuz (DRK) Konstanz anbietet, sagt: „Bei den Anfängern könnte ich doppelt so viele Plätze belegen.“ Doch so groß der Andrang auch ist: Derzeit kann kein Anbieter zusätzliche Kurse übernehmen. Dies liegt vor allem am Personalmangel.

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Sparta geht deshalb einen neuen Weg. Der Schwimmverein mit seinen rund 1000 Mitgliedern erhält ab der kommenden Saison erstmals einen FSJler (Freiwilliges Soziales Jahr). „Im ersten Jahr dürfen wir nur einen haben, hoffen aber künftig auf mehr. Dann können wir hoffentlich auch mehr Schwimmkurse anbieten“, sagt Arlette Stockburger.

Viel Spielraum hat der Klub allerdings nicht: Zwischen 8 und etwa 13 Uhr sind das Hallenbad am Seerhein und das Schwaketenbad mit Schulschwimmen belegt. Am Nachmittag bieten die Belegungspläne unter der Woche auch kaum nutzbare Lücken.

Jutta Pietzko bringt vielen Konstanzer Kindern das Schwimmen bei. Bei Sparta lernen sie zuerst die Rückenlage kennen.
Jutta Pietzko bringt vielen Konstanzer Kindern das Schwimmen bei. Bei Sparta lernen sie zuerst die Rückenlage kennen. | Bild: Hanser, Oliver

DLRG ist voll ausgelastet – auch beim DRK wird es eng

Die DLRG bietet derzeit rund 40 Plätze im Anfängerschwimmen an. Mit diesem Angebot ist die DLRG an ihrer Kapazitätsgrenze angekommen. „Wir benötigen keine zusätzlichen Wasserzeiten, denn was unser Verein ehrenamtlich leisten kann, das tut er“, sagt Clemens Menge, Vorsitzender der Konstanzer Ortsgruppe. Im Sommer bietet der Verein keine Kurse an, weil die Ehrenamtlichen dann mit der Aufsicht in Strandbädern und mit Rettungseinsätzen gut beschäftigt sind.

„Was unser Verein ehrenamtlich leisten kann, das tut er“, sagt Clemens Menge von der Konstanzer DLRG.
„Was unser Verein ehrenamtlich leisten kann, das tut er“, sagt Clemens Menge von der Konstanzer DLRG. | Bild: Nikolaj Schutzbach

Auch das Deutsche Rote Kreuz Konstanz muss viele Eltern vertrösten. „Wir bieten derzeit keine Anfängerschwimmkurse ohne Eltern an. Dafür fehlen uns die Kursleiter“, sagt Tine Machill. Was es noch gibt: Kurse, bei denen ein Elternteil mit ins Wasser geht.

Zusätzliche Schwimmkurse anzubieten, sei grundsätzlich schon möglich, sagt Robert Grammelspacher, Geschäftsführer der Konstanzer Bädergesellschaft (BGK) – zum Beispiel als Kompaktkurs in den Schulferien oder am Wochenende. Doch auch er weiß: Trainer, die viele Wochen hintereinander am Samstag oder Sonntag arbeiten wollen, sind schwer zu finden.

„Wir dürfen nicht vergessen, dass das Schwaketenbad sieben Jahre lang nicht zur Verfügung stand“, sagt Bädergeschäftsführer ...
„Wir dürfen nicht vergessen, dass das Schwaketenbad sieben Jahre lang nicht zur Verfügung stand“, sagt Bädergeschäftsführer Robert Grammelspacher. | Bild: Kirsten Astor

Dazu kommt: Das Hallenbad am Seerhein wird jedes Jahr von Pfingsten bis zum Ende der Sommerferien geschlossen. „Wir dürfen auch nicht vergessen, dass das Schwaketenbad sieben Jahre lang nicht zur Verfügung stand“, sagt Robert Grammelspacher. „Somit konnten viele Jahrgänge nicht schwimmen lernen, es hat sich ein Rückstand gebildet.“

Trotz aller Schwierigkeiten meint Tine Machill vom DRK: „Jedes Kind sollte das Geburtsrecht auf einen Schwimmkursplatz haben! Schwimmen ist überlebenswichtig, gerade für Kinder, die am Wasser aufwachsen.“

„Wir bieten derzeit keine Anfängerschwimmkurse ohne Eltern mehr an. Dafür fehlen uns die Kursleiter“, sagt Tine Machill vom DRK.
„Wir bieten derzeit keine Anfängerschwimmkurse ohne Eltern mehr an. Dafür fehlen uns die Kursleiter“, sagt Tine Machill vom DRK. | Bild: Tine Machill

Ähnlich äußert sich Arlette Stockburger von Sparta: „Für eine Stadt am See sind wir nicht gut aufgestellt. Es gibt immer einige und manchmal sogar viele Grundschüler, die noch nicht schwimmen können.“ Durch den Zuzug geflüchteter Kinder verstärke sich dies.

Bäderchef Robert Grammelspacher kommt zu einer anderen Einschätzung: „Im Vergleich zu anderen Städten kann sich unsere Bilanz in Konstanz sehen lassen. Wir haben acht Monate lang zwei Bäder und im Schwaketenbad ein räumlich abgetrenntes Kursbecken, sodass die Kinder dort ohne Ablenkung schwimmen lernen können.“

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Sind manche Eltern auch einfach zu sorglos?

Zu sehr sollten Eltern sich ohnehin nicht allein auf Schwimmkurse verlassen, meint Clemens Menge von der DLRG: „Wir beobachten den Trend, dass Sieben- und Achtjährige sich nicht trauen, den Kopf unter die Dusche zu halten.“ Menge sagt klar: „Wassergewöhnung kann man durchaus den Eltern zumuten.“

Ähnliches gelte fürs Baden am See. „Viele Eltern kommen mit einer Rundum-sorglos-Mentalität ins Strandbad und schauen nicht nach ihren Kindern, die unbeaufsichtigt ins Wasser gehen und teilweise in Not geraten. Zum Glück waren wir bislang immer schnell genug.“