Das Nahwärmenetz beim Konstanzer Laubenhof ist gescheitert, obgleich es mit dem Alexander-von-Humboldt-Gymnasium direkt neben dem Neubaukomplex einen Großabnehmer gäbe. Für das Suso-Gymnasium ist zwar auch ein Wärmenetz vorgesehen, in der entsprechenden Vorlage aber heißt es: „Das angedachte Nahwärmenetz der Stadtwerke hat einen Planungshorizont von 15 bis 20 Jahre.“

Für beinahe ungläubiges Staunen sorgte daher im Haupt-, Finanz- und Klimaauschuss (HFK) das Vorhaben der Singener Firma Solarcomplex AG. Sie will in Dingelsdorf und Wallhausen ein Wärmenetz aufbauen. Im Jahr 2025 könnte der Baubeginn erfolgen, so Bene Müller, Vorstandsmitglied und Sprecher von Solarcomplex.

Dingelsdorf ist schon seit Jahren am Ball

Aus heiterem Himmel kommt dieses Vorhaben nicht. Der Dingelsdorfer Ortschaftsrat befasst sich schon seit vielen Jahren mit Überlegungen, wie der Konstanzer Teilort regenerative Energien nutzen könnte, und zwar im größeren Stil. Erste Gespräche führte Ortsvorsteher Heinrich Fuchs bereits im Jahr 2011, doch damals war die Technik noch nicht reif genug.

Unterschiedliche Varianten hat der Ortschaftsrat in den vergangenen Jahren ins Visier genommen. Der Aufbau eines Wärmenetzes mit Verwendung von Seewasser schien immer vielversprechender zu werden. Das sieht auch die Singener Firma Solarkomlex so. Sie möchte in den beiden erwähnten Konstanzer Ortsteilen die Möglichkeiten zum Aufbau und Betrieb eines Wärmenetzes untersuchen und das Projekt im Erfolgsfall umsetzen.

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Grundlage hierfür ist allerdings der Gestattungsvertrag mit der Stadt Konstanz, der zur Verlegung und zum Betrieb von Wärmeleitungen auf städtischem Grund ermächtigt; noch ist dies den Stadtwerken Konstanz vorbehalten. Der HFK und auch Oberbürgermeister Uli Burchardt befürworten jedoch das Vorhaben.

Die Stadtwerke Konstanz müssten sich auf die Kernstadt konzentrieren; Dingelsdorf und Dettingen-Wallhausen würden nicht priorisiert, so Burchardt. Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn ergänzt: „Es braucht viele Schultern, um die Wärmewende zu tragen.“

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Aufgrund der Gesetzeslage bestünde ein hoher Anreiz, auf regenerative Energien umzusteigen. „Der Zeitpunkt ist ideal, Wärmenetze jetzt anzugehen“, so Bene Müller. Sollte der Gemeinderat in seiner Sitzung am Donnerstag, 29. Juni, ab 16 Uhr im Konstanzer Ratssaal dem Gestattungsvertrag zustimmen, soll es im dritten Quartal eine öffentliche Informationsveranstaltung geben. Solarcomplex wolle dann Datenbögen an die Haushalte übermitteln, um eine Grundlage für die Grobplanung in Händen zu halten.

„2025 könnte der Baubeginn erfolgen“, stellt Bene Müller, Vorstand und Sprecher von Solarcomplex, fest.
„2025 könnte der Baubeginn erfolgen“, stellt Bene Müller, Vorstand und Sprecher von Solarcomplex, fest. | Bild: Solarcomplex

Im vierten Quartal dieses Jahres könnte diese Grobplanung erfolgen, mögliche Standorte für die Heizzentrale untersucht und der Wärmepreis errechnet werden, skizziert Bene Müller das weitere Vorgehen. Im ersten Quartal 2024 solle es eine weitere öffentliche Informationsveranstaltung geben.

Danach würden die Details geplant und die Gewerke ausgeschrieben. „2025 könnte der Baubeginn erfolgen“, stellt Bene Müller in Aussicht, schränkt aber ein: Sollte ein Bebauungsplan wegen der Heizzentrale aufgestellt werden müssen, dann würde sich das Projekt um mindestens ein Jahr verzögern.

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Baubeginn in 2025 „ist ambitioniert“, stellt Günter Beyer-Köhler (FGL) fest, meint aber: „Die Zeit rennt bei diesem Thema.“ Die beiden Teilorte, die direkt am See liegen, seien ideal. „Wenn nicht dort, wo dann?“, äußert Jan Welsch (SPD), der anfügt: „Sonst könnte man schwarz sehen für die Wärmewende.“

Ein sagenhaftes Tempo, findet mancher Stadtrat

„Das Tempo, das sie vorlegen, ist sagenhaft“, wertet Roger Tscheulin, der an das angedachte Wärmenetz des Suso-Gymnasiums denkt, für dessen Planung 15 bis 20 Jahre angesetzt seien. Der Erfolg der Mission von Solarcomplex hänge aber auch davon ab, wie viele Gebäude letztlich an das Wärmenetz angeschlossen würden, gibt er zu bedenken.

„Super! Wenn das klappen würde, wäre ich total begeistert“, äußert Susanne Heiß (FW). Sie fragt sich nur, wie Solarcomplex das Wärmenetz finanzieren wolle. Die Stadtwerke rechneten mit einer Million für einen Kilometer.

„Super! Wenn das klappen würde, wäre ich total begeistert“, meint Susanne Heiß (FW).
„Super! Wenn das klappen würde, wäre ich total begeistert“, meint Susanne Heiß (FW). | Bild: Scherrer, Aurelia

Im ländlichen Raum seien die Kosten im Gegensatz zu einer „übervollen Innenstadt“ wesentlich geringer, erklärte Bene Müller. Stadt einer Million müssten lediglich 500.000 Euro ausgegeben werden. Finanziert würde das Wärmenetz zu einem Viertel aus Eigenkapital und zu Dreivierteln durch öffentlicher Darlehen, beispielsweise KfW, sowie Förderprogramme des Bundes, so Müller.

Gleichzeitig nimmt Müller die Stadtwerke in Schutz und wirbt für Verständnis: „Es braucht seine Zeit, um eine Stadt umzustellen.“ Was Stadtwerke und Solarcomplex gleichermaßen betreffe: „Wir haben beide zu wenig Mitarbeiter.“ Auch seine Firma habe Aufträge anderer Städte ablehnen müssen.

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