Lange Schlangen in den Häfen von Meersburg und Staad, genervte Autofahrer und kein Vorankommen – so könnte ein Bericht über den Ausfall des neuen Fährschiffs „Richmond“ beginnen. Oder auch anders: Gut gelaunte Fahrgäste, die bei strahlendem Sonnenschein einen mehrstündigen Aufenthalt mit einem Schiff auf dem Bodensee geschenkt bekamen und dabei mit Snacks, Eis und Bier versorgt wurden. Dass beim jüngsten Defekt der Flüssiggasfähre gute Laune an Bord herrschte, berichten Passagiere dem SÜDKURIER übereinstimmend.
Das Fährschiff, das viel teurer wurde und viel später in Betrieb ging als geplant, fiel schon mehrfach wegen eines technischen Defekts aus, zuletzt am Sonntag, 9. März, kurz nach 14 Uhr. Da es dem Schiffsführer nicht gelang, das System der Flüssiggasfähre zum Laufen zu bringen, ließ er das Schiff abschleppen. Bis die Fahrgäste wieder Land unter den Füßen, Reifen und Rädern hatten, dauerte es zwar rund drei Stunden. Doch das bedauerten offenbar nur wenige von ihnen.
So berichtete nicht nur SÜDKURIER-Leserin Maike Stadler live vom Schiff aus, die Fahrgäste seien entspannt, das Fährepersonal kümmere sich gut um sie. Auch der Konstanzer Gunter Lange war auf der „Richmond“ und erzählt am nächsten Tag: „Mitten auf dem See ging der Motor aus, die Fähre drehte sich im Kreis, aber das Wetter war gut, die Stimmung auch. Viele Passagiere haben fotografiert und gefilmt.“

Er selbst war auf der anderen Seeseite auf den Geburtstag einer Freundin eingeladen und hatte Wein und selbstgebackene Schinkenröllchen dabei. Er verzehrte einen Teil davon, aber auch sonst blieb niemand hungrig und durstig. „Es war eine nette Geste, dass das Personal gratis Bier, andere Freigetränke, Eis und Snacks verteilte“, sagt Gunter Lange und ergänzt: „Sogar der Kapitän und zwei Passagiere haben mitgeholfen.“
Nur einen kleinen Wermutstropfen gab es für den Konstanzer: „Ich hätte gern einen Kaffee gehabt, aber im Bordbistro gab es keinen Strom für die Kaffeemaschine“, sagt der 69-Jährige und lacht. Das bestätigt Stadtwerke-Pressesprecher Josef Siebler.

Ganz stromlos sei das Schiff aber nicht gewesen: „Beim Ausfall der Motoren sprang die unterbrechungsfreie Stromversorgung an und versorgte sicherheitsrelevante Geräte wie das Funkgerät“, schreibt er. Dadurch konnte die Bergung mit den Mannschaften der anderen Fähren, dem Werkstattteam und der Wasserschutzpolizei abgestimmt werden.
Das Arbeitsboot des Fährbetriebs wurde schnell einsatzbereit gemacht, um die „Richmond“ zu sichern und abzuschleppen. Um sie in das Leitwerk in Meersburg zu manövrieren, wurde zusätzlich die Fähre „Kreuzlingen“ eingesetzt. Dass der ganze Vorgang rund drei Stunden dauerte, liegt daran, dass die „Kreuzlingen“ erst betriebsklar gemacht und eine Mannschaft aus der Freizeit geholt werden musste.
Die Bergung selbst sei nach höchstens einer halben Stunde erledigt gewesen, so Siebler. „Die Schiffsführer aller Fähren hatten ständigen Kontakt und hätten eingreifen können.“ Ob die Fahrgäste allerdings großen Wert darauf legten, früher vom See geholt zu werden, sei dahingestellt.
„Schaut mal, Eis umsonst!“
Denn SÜDKURIER-Leserin Angelika Bährle berichtet: „Wir waren auf der Fähre, die gerade Meersburg verließ, als das fahruntüchtige Schiff in den Hafen geschoben, gezogen und geschubst wurde. Kinder winkten uns fröhlich zu mit dem Kommentar ‚Schaut mal, Eis umsonst!‘ Ein anderer Fahrgast prostete uns mit einem Bier zu. Auf uns Außenstehende machten alle einen recht entspannten Eindruck.“
Geduld ohne Freigetränke und Eis mussten die Autofahrer beweisen, die in den Häfen auf ihren Transport warteten. Denn als die „Richmond“ ausfiel, waren vorübergehend nur noch zwei Fähren im Einsatz. Als die „Kreuzlingen“ mit der Bergung fertig war, stieg auch sie in den Kursverkehr ein, um die defekte Fähre zu ersetzen.
Warum die Flüssiggasfähre kaputtging, kann Josef Siebler noch nicht beantworten. Die Motoren konnten am Tag danach wieder zum Laufen gebracht werden, die „Richmond“ schaffte es aus eigenem Antrieb nach Konstanz.

Was der Ausfall und die Reparatur kosten, ist ebenfalls noch unklar. „Wir können dazu erst etwas sagen, sobald die Ursache bekannt ist und der mögliche Reparaturbedarf feststeht. Da die Fähre am Montag, 10. März, ohnehin für drei Wochen in die Regel-Instandhaltung geht, kann eine Reparatur direkt mit durchgeführt werden“, so Siebler.
Die Stadtwerke möchten sich „ausdrücklich für die Geduld unserer Gäste bedanken und für die entstandenen Unannehmlichkeiten entschuldigen“, schreibt er. Erfahrungsgemäß seien die Kunden aber geduldig und warten auf die nächste Fähre, „sodass uns nur ein minimaler Verlust entsteht“.
Für Gunter Lange hatte sich die Geburtstagsparty nach diesem Erlebnis erledigt. „Es war dann zu spät dafür, ich bin direkt nach Konstanz zurückgefahren“, erzählt er. In wenigen Tagen schippert er erneut über den See, um der Freundin den Rotwein nachträglich zu überreichen. „Schinkenröllchen backe ich dann neu, die halten sich nicht so lange.“