„Keep it in the ground, just keep it in the ground“ – lasst es in der Erde, lasst es einfach in der Erde. Unter anderem das skandierten die Demonstranten von Fridays for Future (FFF) heute bei ihrem Gang durch Konstanz, der um 13.30 Uhr im Herosé-Park begann. Der Ruf bezieht sich auf Erdgas.
Anlass der Demonstration ist der geplante Bau einer zweiten Gaspipeline von Kreuzlingen nach Konstanz. Dadurch wäre Konstanz sowohl an das Gasnetz Baden-Württembergs als auch an das der Schweiz angeschlossen. Bereits im Frühjahr wurden die Überlegungen der Stadtwerke bekannt, das Gasnetz der Konzilstadt auszubauen.
Demo am Mittwoch statt freitags
Fridays for Future und die Organisation Konstanz klimapositiv haben durch ihren Protest im Frühjahr die Debatte ausgelöst, als deren vorläufiges Ergebnis ein Gutachten erstellt wurde, das die Sinnhaftigkeit einer zweiten Gasleitung prüfen sollte. Das Gutachten wurde heute dem Aufsichtsrat der Stadtwerke vorgelegt. Aus diesem Anlass fand die Demonstration auch heute, an einem Mittwoch statt.
„Angemeldet habe ich die Demo letzten Dienstag“, sagt Manuel Oestringer von FFF. Ihm und den anderen Fridays-Mitgliedern sei bereits klar gewesen, das eher wenig Leute erscheinen würden – wegen der recht spontanen Ankündigung und weil deshalb nicht so viel Werbung gemacht werden konnte. Trotzdem sei es aufgrund des aktuellen Anlasses wichtig gewesen, dass die Demo heute stattfindet. 50 Teilnehmer wurden angemeldet, nach Angaben der Polizei Konstanz fand die Demonstration mit 40 Leuten statt.

„Eigentlich muss ja klar sein, dass es nicht mehr zeitgemäß ist, noch auf Gas zu setzen“, sagt Manuel Oestringer. „Das sind alles verlorene Investitionen.“ 20 Millionen würde der Bau der neuen Gaspipeline kosten. „In Zürich bauen sie das Gasnetz seit Jahren zurück, weil sie mehr auf Seewärme setzen und dadurch der Gasverbrauch immer mehr sinkt.“
Markus Tittelbach von der Organisation Konstanz klimapositiv sagt ebenfalls: „Gas wird nicht mehr rentabel sein.“ Eine Ausnahme sei die Industrie, für die zukünftig noch Gas genutzt werden könne. Dies würde aber nur einen sehr geringen Anteil ausmachen. In Zürich habe man die Energieversorgung an einzelne Stadteile angepasst, in manchen Teilen wird Fernwärme benutzt, in anderen Seewärme, in wieder anderen Biomasse, je nachdem, was sich anbietet, so Tittelbach. „Es gab klare Strukturen, die umgesetzt wurden.“ Auch in Luzern werden bereits Gebäude mit See-Energie versorgt. Der Ausbau läuft noch, am Ende sollen in einem Netz rund 6.800, im anderen rund 3.700 Haushalte versorgt werden.

Der Kanton Thurgau hat vor Kurzem eine Machbarkeitsstudie für die thermische Nutzung des Bodensees und des Rheins veröffentlicht. Basierend auf dem Energienutzungsplan der Stadt Konstanz von 2018 wurde in die Studie sogar eine mögliche Erweiterung des Wärmeverbunds nach Konstanz eingebunden.
Auch in Meersburg denke man darüber nach, Seewärme zu nutzen. Das Institut für Energie- und Umweltforschung (kurz: ifeu) sage auch, dass sich der Gasverbrauch bis 2035 um bis zu 90 Prozent reduzieren würde, wenn die städtischen Klimaschutzziele ernst genommen werden, erklärt Oestringer weiter.
Außerdem sehe man jetzt gerade, wie es ist, von fossilen Brennstoffen abhängig zu sein. „Alle stöhnen, wie teuer es ist.“ Dänemark zum Beispiel habe nach der Ölkrise 1973 versucht, die Ölabhängigkeit zu verringern. Tatsächlich gilt Dänemark seitdem als Vorreiter in Sachen Wärmewende.
Was sagen die Stadtwerke dazu?
„Die Stadtwerke würden angesichts der künftigen Energieversorgung, die stark auf regenerative Alternativen setzt, gerne auf den Bau einer neuen Gasleitung verzichten“, sagt Josef Siebler, Pressesprecher der Stadtwerke, auf SÜDKURIER-Anfrage. Sie seien sich des „künftigen Wegs bewusst und tragen die Energiewende mit“.
In der Risikoabwägung sähen die Stadtwerke aber aus fachlicher Sicht aktuell „keine andere Option, um die Versorgung bis dahin sicherzustellen.“ Die Stadtwerke beziehen das Gas über das Versorgungsnetz der terranets bw. Die Kapazitäten seien aber begrenzt. Eine weitere Gasleitung sei daher notwendig, um die Versorgungssicherheit zu garantieren.
„Es geht uns nicht darum, mehr Gasabsatz zu generieren“, so Siebler weiter. Alternative Wärmequellen wie Wärmepumpen seien nicht ausreichend, um den Bedarf der kommenden Jahre zu decken, vor allem in den Wintermonaten. Noch ist nicht klar, wie die Entscheidung der Stadtwerke aussehen wird.