Andreas Schuler und Marcel Jud

Die Weihnachtsferien beginnen für Schüler dieses Jahr früher als ursprünglich geplant. Der Ferienstart wird mit Ausnahme von Bremen und Thüringen auf den 19. Dezember vorverlegt. In Baden-Württemberg war der letzte Schultag bislang der 22. Dezember, nun ist die gesamte Weihnachtswoche frei. Doch was sagen Eltern und Schulen dazu? Der SÜDKURIER hat sich umgehört.

Elke Großkreutz, Schulleiterin der Gemeinschaftsschule Gebhard, findet es vor allem gut, dass sich Bund und Länder für den Weihnachtsferienbeginn auf eine einheitliche Regelung geeinigt haben. Natürlich müssten die Lehrer nun einiges umorganisieren, da etwa Klausuren bereits terminiert seien. „Aber wir sind jetzt alle Experten in Sachen Flexibilität.“

Elke Großkreutz, Schulleiterin der Gemeinschaftsschule Gebhard.
Elke Großkreutz, Schulleiterin der Gemeinschaftsschule Gebhard. | Bild: Oliver Hanser

Und sie könne auch das Ziel der neuen Regelung nachvollziehen, so Großkreutz: Die schulfreien Tage bis Weihnachten zu nutzen, um Kontakte zu minimieren und damit für ein geringeres Infektionsrisiko am Familientisch an Heiligabend zu sorgen. Großkreutz betont aber zugleich, dass sie auch verstehe, welche Herausforderung der verfrühte Ferienstart vor allem an berufstätige Eltern stelle.

„Ich denke, das geht am Ziel vorbei“

Berufstätig sind etwa Gaby Deifel und ihr Mann Oliver, die zusammen drei Kinder im schulpflichtigen Alter haben. Das spiele jedoch keine Rolle bei der Planung der vorweihnachtlichen Zeit, sagt Deifel: „Das ist nicht mein Problem dabei, weil unsere Kinder schon elf, zwölf und 15 Jahre alt sind.“

Gaby Deifel, dreifache Mutter.
Gaby Deifel, dreifache Mutter. | Bild: Andreas Schuler

Den verfrühten Ferienbeginn hinterfragt sie aus einem anderen Grund: „Vielmehr denke ich, dass das am Ziel vorbeigeht.“ Monatelang seien die Kinder in die Schule gegangen „und man hat festgestellt, dass sie nicht die großen Überträger sind. Und jetzt schickt man sie früher heim, damit sie sich selbst isolieren sollen. Das ist doch komisch“.

Außerdem kritisiert Deifel, dass immer vorausgesetzt werde, dass alle Familien optimal mit mobilen Endgeräten wie Laptops oder Tablets versorgt sind. „Bei uns wären das drei Geräte. Ich finde das unmöglich. Und was ist mit dem Stoff, der verpasst wird?“

Es wäre ja in Ordnung, wenn die Ferientage an anderer Stelle wieder abgezogen werden würden, findet Deifel: „Aber das glaube ich noch nicht. Dann müssten die Kinder so viel nachholen.“

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„Ständiges Hick-Hack der Politik ist unmöglich“

Regine Grutschus, dreifache Mutter, bezeichnet das „ständige Hick-Hack der Politik“ als unmöglich. „Eigentlich könnte es mir ja egal sein, da meine Kinder nicht mehr betreuungspflichtig sind. Doch wer glaubt denn, dass sich die Kinder selbst isolieren, damit sie an Weihnachten ihre Großeltern besuchen dürfen?“

Das sei zwar eine gute Idee, aber nicht so realistisch, sagt Grutschus: „Wir haben auf jeden Fall so oder so den Familienbesuch in diesem Jahr komplett abgesagt“.

Auch Angela Murmann-Ise, Schulleiterin der Berchenschule, zweifelt, ob die zusätzlichen Ferientage wirklich von allen zur Isolation genutzt werden: „Man kann sich nur wünschen, dass alle Eltern verantwortungsvoll damit umgehen und die Tage nicht dazu nutzen, sich früher mit der Familie zu treffen.“

Angela Murmann-Ise, Schulleiterin der Grund- und Werkrealschule Berchen
Angela Murmann-Ise, Schulleiterin der Grund- und Werkrealschule Berchen | Bild: Marcel Jud

Für ihre Schule stelle die neue Ferienregelung aber kein großes Problem dar: „Das wird für einige Familien sicher schwieriger als für uns.“

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Wer betreut jetzt die Kinder?

Schwierig wird es etwa für Murat Baskur, der in Konstanz drei Apotheken führt und dessen Frau ebenfalls Apothekerin ist. Die beiden Kinder sind elf und drei Jahre alt. „Infektionsschutz ist sehr, sehr wichtig“, weiß er aus Erfahrung. „Aber ich sehe die Verlängerung der Ferien auch kritisch.“

Und das aus zwei Gründen: „Wir Eltern müssen beide arbeiten und jetzt womöglich nach einer anderen Betreuung suchen. Nun kommt der Widerspruch: Einerseits könnten meine Mutter oder meine Schwiegereltern einspringen – doch die Ferien sollen ja früher beginnen, damit die Kinder in Quarantäne gehen können, um an Weihnachten dann die Großeltern zu besuchen.“

Murat Baskur, Apotheker und Vater.
Murat Baskur, Apotheker und Vater. | Bild: Andreas Schuler

Damit sei der erhoffte Effekt offensichtlich verloren, sagt Baskur. Andererseits hat er als Selbstständiger die Urlaubsplanung mit seinen Mitarbeitern nach dem Ferienplan koordiniert. „Nun könnte es sein, dass ich Probleme bekomme und wir noch mehr arbeiten müssen.“

Baskur unterstützt aber die Maßnahmen des Infektionsschutzes, „denn der Gedanke, Weihnachten retten zu wollen, ist ja richtig und gut. Und das geht nur, wenn wir uns an die Regeln halten.“ Manchmal habe jedoch auch er das Gefühl, dass die Regierung gewisse Maßnahme beschließe und auf eine Besserung der Situation hoffe. „Das war bisher aber nicht immer erfolgreich“, stellt Baskur fest.