Ein Plüschgeweih am Autodach, ein rote Bommelnase auf der Kühlerhaube. Es ist ein kleiner Weihnachtsschlitten, mit dem Martina Penic in diesen Tagen durch die Konstanzer Straßen fährt. Inhalt: 184 Päckchen, die alle darauf warten, pünktlich vor Heiligabend an den Haustüren abgeliefert zu werden. Doch selbst im größten Stress verbreitet die Paketbotin gute Laune, entweder mit einem lauten „Hallo, wie geht es dir?“, oder eben mit dem verkleideten Auto.

Selbstverständlich alles von der Paketbotin persönlich dekoriert. Ein bisschen verrückt sei das ja schon, sagt Penic, aber das sei so ihre Art. Fröhlich, mit einem lustigen Spruch auf den Lippen und immer schon von Weitem zu hören. Der SÜDKURIER war mit der DHL-Paketzustellerin aus Konstanz einen Vormittag lang in ihrem Gebiet unterwegs.

Einmal das Klingelschild tief drücken. Fünf Sekunden Warten. Schließlich ein Kratzen in der Sprechanlage: „Wer ist da?“ „Hi, ich bin‘s, ich habe eure Pakete dabei!“, ruft Martina Penic in den Lautsprecher. Der Summer ertönt, die Paketbotin öffnet die Tür, dann geht es in den Fahrstuhl.

„Sie ist immer sehr herzlich und einfach zuverlässig“, sagt Kundin Marion Romano.
„Sie ist immer sehr herzlich und einfach zuverlässig“, sagt Kundin Marion Romano. | Bild: Alban Löffler

Als Penic im vierten Stock ankommt, wartet Marion Romano schon auf sie, die beiden begrüßen sich wie zwei Freundinnen. „Sie ist immer sehr herzlich und einfach zuverlässig“, sagt Romano. Sie freue sich jedes Mal, ihre Paketbotin zu sehen – und habe gerade zu dieser Zeit besondere Wertschätzung für ihre Arbeit.

Black Friday, Cyber Week und dann kommt der Advent

Denn in diesen Tagen steht die Branche von Martina Penic unter ganz besonderer Belastung: Mit dem Black Friday und der Cyber Week fange es Ende November an, der Höhepunkt sei dann vor anderthalb Wochen gewesen.

Martina Penic spürt das direkt an den Zahlen in ihrem Gebiet: „Vor Kurzem hatte ich mal 700 Pakete für meinen Bezirk zugeteilt – das musste ich dann auf die nächsten Tage aufteilen“, erzählt sie. Viele Überstunden dürfe sie nicht machen, meistens gebe es nur eine Toleranz von einer Viertelstunde. Dann müssen die Päckchen wieder zurück ins Lager und können erst am nächsten Tag zugestellt werden.

Das könnte Sie auch interessieren

Die Schicht beginnt für Penic um 7.45 Uhr in der Konstanzer Zustellbasis im Industriegebiet: Hier trifft sie mit ihren Kollegen ein, überprüft die Anzahl der Pakete und startet mit der Beladung ihres Transporters. Ein bisschen ist das wie Tetris-Spielen, mit System. „In jedem Regal liegen die Pakete von einer Straße, sobald ich die da reingelegt habe, sind die in meinem Kopf abgespeichert“, erzählt sie, während sie den Karren schon für das nächste Haus belädt.

Eigentlich hatte Martina Penic einen ganz anderen Berufsweg eingeschlagen: Zunächst lernt sie Industriekauffrau, arbeitet lange in einem Bürojob, doch sie überarbeitete sich. „Da hatte ich dann einen kleinen Burn-Out“, erzählt sie. Sie steigt aus, ist mehrere Jahre in der Konstanzer Gastronomie tätig – und wechselt schließlich im August 2023 zu DHL.

Mit der Handkarre geht es von Tür zu Tür: An diesem Tag muss Martina Penic 184 Pakete in ihrem Gebiet ausliefern.
Mit der Handkarre geht es von Tür zu Tür: An diesem Tag muss Martina Penic 184 Pakete in ihrem Gebiet ausliefern. | Bild: Alban Löffler

Frische Luft und nette Menschen: Penic liebt ihren Job

„Ich habe davor schon mal Essen ausgeliefert: Das ist eigentlich das gleiche, nur dass die Pakete auch kalt werden dürfen“, sagt sie lachend. Penic ist ein Fan ihrer Arbeit, selbst auf ihrer Handyhülle klebt ein rot-gelber Sticker ihres Arbeitgebers: „Ich liebe den Job, ich bin an der frischen Luft unterwegs und die Menschen freuen sich, mich zu sehen.“

Wenn die Paketzustellerin vor den Türen steht, freuen sich aber nicht nur die Menschen: Als Raphael Gebhard die Tür aufmacht, rennen seine zwei Hunde sofort auf die Paketbotin zu. Sie wissen, dass Penic auch an sie gedacht hat: „Ich habe auch immer ein paar Leckerlis dabei.“

Nicht nur die Menschen freuen sich über einen Besuch von Martina Penic: Für die Hunde gibt es Leckerlis aus der Tasche, und für Herrchen ...
Nicht nur die Menschen freuen sich über einen Besuch von Martina Penic: Für die Hunde gibt es Leckerlis aus der Tasche, und für Herrchen Raphael Gebhard zwei Pakete. | Bild: Alban Löffler

Der Ruf als Paketbotin eilt ihr inzwischen voraus, in „ihrem“ Wollmatinger Gebiet: Einmal wurde sie von einer fremden Frau auf der Straße angesprochen, erzählt Penic, die eigentlich nicht zu ihren Kunden gehört: „Die hat mich dann aber gefragt: Sind Sie die Paketbotin, von der alle so schwärmen?“

In der Paketbranche sind Frauen eher die Ausnahme, hier in Konstanz gebe es sonst nur männliche DHL-Zusteller. „Mich stört das nicht“, sagt Martina Penic, sie habe mit ihren Kollegen ein gutes Verhältnis. Doch die Arbeit sei gerade körperlich nicht zu unterschätzen, am Tag laufe sie bis zu 15 Kilometer, dazu kommen noch die schweren Pakete. „Abends trinke ich meinen Proteinshake – ein Fitnessstudio brauche ich da nicht“, meint Penic schmunzelnd.

Das könnte Sie auch interessieren

Bald haben die Paketboten den größten Stress des Jahres überstanden, viel Zeit zum Durchatmen bleibt ihnen aber nicht. Schon in den ersten Januartagen werden bei Amazon und Co. die Weihnachtsgutscheine eingelöst und die Menschen schicken die Geschenke zurück, die nicht passen oder gefallen, die Transporter füllen sich mit Retoure-Sendungen.

Die Arbeit hört für Martina Penic so nie wirklich auf: Dass sie deswegen mal schlecht gelaunt an der Tür steht, scheint aber nur schwer vorstellbar.

Ein bisschen wie Tetris-Spielen: Im Laderaum liegen die Pakete nach den Straßen sortiert – jeder Paketbote habe da sein eigenes System.
Ein bisschen wie Tetris-Spielen: Im Laderaum liegen die Pakete nach den Straßen sortiert – jeder Paketbote habe da sein eigenes System. | Bild: Alban Löffler