Wenn Peter Müller-Neff nicht in der Sitzung des Technischen und Umweltausschusses (TUA) gewesen wäre, wäre der Tagesordnungspunkt sicherlich einfach nur schnell abgestimmt worden. Das Projekt – Wohnbebauung Jungerhalde West mitsamt Neubau Feuerwehrgerätehaus – ist schon weit gediehen.
Trotz Gegenwind. Denn die Bürgergemeinschaft Allmannsdorf-Staad (BAS) hatte eine Petition beim Petitionsausschuss des Landtags Baden-Württemberg eingereicht. Der wurde allerdings abgeschmettert.
Jetzt ging es lediglich um die Änderung des Flächennutzungsplans, um damit ein Teilstück des Weges zur Umsetzung freizumachen. Es sei „ein Praxisbeispiel für Holzbausiedlung in Konstanz“, so Martin Grünmüller vom Amt für Stadtplanung und Umwelt (ASU). Was folgte dann? Ein langes, lautstarkes Veto von Peter Müller-Neff (FGL) und heftiger Konter anderer Fraktionen.
Immer wieder dagegen
Rundheraus lehnt Peter Müller-Neff das Neubauprojekt ab, ebenso wie das Wohnbauprojekt „Am Horn“ (Christiani-Wiese). „Es liegt außerhalb des Flächennutzungsplans“, begründete er und sprach noch von einem geschützten Grünzug. Er brachte dieselben Begründungen vor, welche die BAS in ihrer erfolglosen Petition aufgeführt hatte.

Würden diese zwei Hektar Fläche nicht bebaut, würde sich die Wohnsituation nicht dramatisch verschlechtern, meint Müller-Neff. Die Nichtbebauung der kleinen Arrondierungsflächen, die im Handlungsprogramm Wohnen aufgeführt seien, wurden das Handlungsprogramm selbst nicht in Frage stellen, schließlich würden mit dem Hafner 80 Hektar bebaut.
„Die Landesregierung geht von einer Netto-Null-Planung aus. Wir wollen nicht mehr Flächen verbrauchen in Baden-Württemberg“, meinte Peter Müller-Neff. Und: „Eine enorme Bevölkerungsentwicklung ist es nicht.“ Die Einwohnerzahl in Konstanz sei „von Dezember 2017 bis Dezember 2021 um etwa 300 Bürger gestiegen“, behauptete Müller-Neff.
Jüngere Bürger wandern ab
Nicht nur Heinrich Fuchs (CDU) widersprach Müller-Neffs Ausführungen. Fest stehe, dass „wichtige Personengruppen, gerade im Alter zwischen 30 und 50 Jahren, abwandern, weil sie sich hier keine Wohnung leisten können“, erklärte Fuchs. „Wir bauen nicht, dass gebaut ist.“
Es werde kontinuierlich evaluiert, ob Flächen für Wohnbau benötigt würden, oder nicht. Klar sei, dass der Flächenverbrauch reduziert werden müsse. Es ginge um „einen verantwortungsbewussten Umgang mit den Flächen“. In der Jungerhalde West werde ein ganzer Bereich in Holzbau realisiert. „Nicht umsonst haben wir dafür einen Preis bekommen“, so Heinrich Fuchs.

Dem stimmte Daniel Hölzle (Freie Wähler) zu. In der Corona-Zeit seien die Entwicklungen atypisch gewesen. „Daraus kann man aber nicht ableiten, dass Konstanz nicht wächst“, so Hölzle. „Es ist wichtig, Baurecht auf eigenem Grund zu schaffen. Da können wir vieles tun, was woanders schwieriger zu bewerkstelligen ist.“
Realitätsverweigerung?
„Das grenzt an Realitätsverweigerung, lieber Peter“, konterte Jürgen Ruff (SPD). Hier handle es sich um ein Modellbeispiel für sozialen Wohnungsbau. Es sei ein städtisches Grundstück. Das heißt: „Wir haben freien und vollen Handlungsspielraum“, so Ruff.
Leitungen und Straßen seien bereits vorhanden, was die Kosten reduziere. Es werde dank der Wobak bezahlbaren Wohnraum geben. Durch die Art der Bebauung und aufgrund der entsprechenden Anforderungen werde eine höhere Biodiversität erzielt, als der „ökologisch geringwertige Acker“ erbringe.

„Wir müssen im Außenbereich arrondieren“, so Ruff. „Wir brauchen auch kleine, freie Flächen. Die Alternative wäre Innenverdichtung.“ Und genau in Sachen Innenverdichtung seien in der Vergangenheit viele Fehler gemacht worden. Innenverdichtung passe auch gar nicht zum aktuellen Thema Anpassung an den Klimawandel, denn hierfür sei Entsiegelung im städtischen Bereich gefordert.
Alfred Reichle (SPD) hatte just zuvor beim Thema Klimawandelanpassung festgestellt: „Bei der Innenverdichtung in Konstanz sind wir am Ende. Mehr zubauen können wir nicht, denn wir brauchen Freiflächen. Wir brauchen eine gewisse Siedlungsarrondierung im Außenbereich.“
Immer die gleichen Verdächtigen...
„Wenn wir ehrlich sind“, setzte Achim Schächtle (FDP) an und fuhr fort: „Wir können bauen wollen, wann und wo auch immer – es sind immer die gleichen Verdächtigen, die dagegen sind.“ Auch Holger Reile (Linke Liste) seufzte: „Das Projekt haben wir schon intensiv diskutiert. Ich habe mich deutlich dafür ausgesprochen.“ Ansonsten müsse sich der Gemeinderat die generelle Frage stellen: „Wollen wir wirklich bezahlbaren Wohnraum schaffen oder machen wir die Schotten dicht?“
Über „Bauchschmerzen“ bei der Jungerhalde West klagte Verena Vögt (Junges Forum). Man habe Flächen für ein neues Feuerwehrgerätehaus geprüft und auserkoren und dann festgestellt, „oh, da kann man auch Wohnen machen“, formulierte Vögt, die anfügte. „Die Feuerwehr stand dann nicht mehr im Vordergrund.“ Ein solches Vorgehen sei weder wünschenswert noch transparent. Der Acker sei zwar ökologisch nicht wertvoll; doch sollte er aufgewertet werden, statt ihn zu bebauen, findet sie.
Keine Stammtischrunde!
Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn war die Diskussion irgendwann auch zu viel. Er mahnte: „Das ist hier kein Stammtisch!“ Und er stellte klar: „Es gibt eine Delle im Wohnungsbau. Wir haben extrem wenig Flächen und die Planungszeit ist lang. Der deutsche Mieterbund warnt vor Wohnungsnotstand. Die Bevölkerungswanderung ist nachgewiesen.“