Die von der Stadt beauftragten Gutachter des in Berlin ansässigen wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Forschungs- und Beratungsinstituts Empirica gehen von einem Verdrängungsszenario aus, bei dem ein weitgehend konstanter Zuzug von Studenten und älteren Menschen den Wegzug insbesondere von jungen Familien zur Folge hat.

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Das Empirica-Gutachten hat drei Varianten als Grundlage für die Wohnbaupolitik der Stadt Konstanz entwickelt: Die Potenzialvariante sowie zwei Bauvarianten, die auf einem realistischen Szenario von Baulandentwicklung basieren.

Berechnungen zur Wohnbaupolitik in Form von drei Szenarien

Bild 1: Wie wird sich die Bevölkerung von Konstanz bis zum Jahr 2040 entwickeln? Ein Gutachten zeigt verschiedene Szenarien auf, die wegweisend für die Wohnbaupolitik sind
Bild: Müller, Cornelia (SK-Grafik) | Datenquelle: Empirica

Wirklich überraschend kommt diese Erkenntnis nicht, sie entspricht der allgemeinen Wahrnehmung. Das Gutachten schärft gleichwohl das Bewusstsein für eine Tendenz, bei der sich – überspitzt formuliert – künftig in Konstanz Studenten- an Seniorenheime reihen und zwischendrin nur noch Platz für eine finanziell gut gestellte Mittelschicht wäre, die sich hochpreisige Wohnungen leisten kann.

Bei der Prognose geht Lugger Baba als Verfasser des Gutachtens übrigens von einer Entwicklung aus, die unabhängig von der Arbeitsplatzsituation ist. Der Zu- und Wegzug ist demnach weitgehend allein von Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt bestimmt.

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Allerdings ist die Entwicklung steuerbar, wobei Empirica aufgrund empirischer Erkenntnisse von Folgen des mangelnden Wohnraums für die Zahl der Fortzüge und weniger für die Zuzüge ausgeht. „Umgekehrt führen Entlastungen auf dem Wohnungsmarkt zu einer Reduktion der Fortzüge in das Umland und nur in geringem Maße zu vermehrten Zuzügen in die Stadt“, heißt es in dem Gutachten.

Als Beleg für diese Annahme wird eine Befragung aus dem Jahr 2011 zu den Motiven des Wegzugs angeführt, bei der „fast 70 Prozent der fortziehenden Familienhaushalte angegeben haben, dass sie gerne in Konstanz geblieben wären“.

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Stadtverwaltung und Gemeinderat sehen sich durch das Gutachten in ihrer Wohnbaupolitik bestätigt. Die Übereinstimmung reicht dabei von Gisela Kusche vom Fraktionsvorstand der Freien Grünen Liste (FGL) bis hin zu CDU-Fraktionssprecher Roger Tscheulin, denen es vor allem um ein Wohnungsangebot für diejenigen geht, die in Konstanz bleiben wollen. Die FGL-Stadträtin betonte zugleich, dass man parallel bei der Infrastruktur wie Kitas oder Schulen mithalten müsse.

Jürgen Ruff (SPD) hob hervor, was bisher bei der Wohnbaupolitik falsch gelaufen ist. „Es gehen die Falschen“, fasste er die Zu- und Wegzugsbewegungen zusammen. Bei einer künftigen Wohnungspolitik für die Richtigen rät er zur Berücksichtigung bestimmter Berufsgruppen, außerdem sollte die Stadt trotz des Baulandbedarfs beim Flächenverbrauch sorgsam vorgehen.

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Dem schlossen sich Johann Hartwich (FDP) und Ewald Weisschedel von den Freien Wählern (FW) im Wesentlichen an. Für den FDP-Stadtrat sollte man bei der Stadtentwicklung nicht zwanghaft am maximalen Potenzial von rund 100.000 Einwohnern bis zum Jahr 2040 festhalten. Ewald Weisschedel stellt grundsätzlich infrage, „warum Konstanz unbedingt wachsen muss“.

Vorrang für ihn hat die Qualität, wobei er den sozialen Wohnungsbau priorisiert. Eben deshalb versteht der FW-Fraktionssprecher die Debatte um die Bebauung der Jungerhalde nicht. Allein wegen des Flächenverbrauchs sind für ihn die Zeiten vom Einfamilienhaus im innerstädtischen Bereich vorbei. „Die Käseglocke in Allmannsdorf können wir uns in Konstanz nicht mehr erlauben.“

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Die Erwiderung auf diese Einschätzung ließ nicht lange auf sich warten. Der in der Diskussion um die Jungerhalde stark engagierte FGL-Stadtrat Peter Müller-Neff (FGL) wollte den Vorwurf der Käseglocken-Politik nicht auf sich sitzen lassen.

Der Wunsch nach einem Eigenheim als Egoismus zu brandmarken, kommt für ihn einer Diffamierung gleich – was wiederum Susanne Heiß auf den Plan rief. Die FW-Stadträtin erinnerte Peter Müller-Neff daran, dass die Zeit des OB-Wahlkampfs vorbei sei und er in Sachen Jungerhalde auch gegenteilige Meinungen wahrzunehmen habe.

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