Da es für das Gelände keinen Bebauungsplan gebe, gelte die Landesbauordnung, teilt der Leiter des Baurechtamts Andreas Napel auf Nachfragen mit. Diese Landesbauordnung lasse einiges zu, solange genügend Licht in eine Wohnung falle und der Brandschutz nicht beeinträchtigt sei.

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Bei der Bebauung hat die Stadt Konstanz sogar ein gewichtiges Wörtchen mitgesprochen. „2012 hat der Bauherr in Abstimmung mit der Stadt ein Qualifizierungsverfahren durchgeführt“, schreibt Andreas Napel.

Und weiter: Die Nachverdichtung sei durchaus ein Ziel gewesen. Der vom Investor umgesetzte Entwurf sei aber „eine starke Überarbeitung des zweiten Platzes“. Unter Berücksichtigung aller baurechtlichen Möglichkeiten sei dann eng gebaut worden.

Die Ergänzung des bestehenden Quartiers auf dem Markgrafenareal durch Neubauten führt zu kontroversen Debatten. In ihnen spiegeln sich ...
Die Ergänzung des bestehenden Quartiers auf dem Markgrafenareal durch Neubauten führt zu kontroversen Debatten. In ihnen spiegeln sich die unterschiedlichen Meinungen, die zum Bauen in der Stadt aufeinander prallen. | Bild: Rindt Claudia

Mithilfe eines Bebauungsplans wäre es möglich gewesen, durch den Gemeinderat festzusetzen, welche Grundstücke wie überbaut werden dürfen. Doch weder das Planungsamt, noch der Gemeinderat habe diesen offenbar für notwendig gehalten.

„Gibt es einen solchen Bebauungsplan aber nicht, kann es zu Fällen führen, bei denen auch noch die geringsten Freiflächen ausgenutzt werden, ohne dass dies baurechtlich verhindert werden könnte“, stellt Napel fest.

Bürgergemeinschaft: „Diese Verdichtung geht zu weit“

Für Christian Millauer vom Vorstand der Bürgergemeinschaft in Petershausen ist die Sache klar: „Wir sind der Meinung, diese Verdichtung geht zu weit.“ Er verweist auf das „Konstanzer Manifest für eine verantwortungsvolle Stadtentwicklung“, das mehrere Bürger- und Umweltgruppen aufgestellt haben.

Christian Millauer, Vorstandsmitglied der der Bürgergemeinschaft Petershausen (Archivbild von 2016)
Christian Millauer, Vorstandsmitglied der der Bürgergemeinschaft Petershausen (Archivbild von 2016) | Bild: Rau, Jörg-Peter

Demnach soll in Konstanz nur noch gebaut werden, wenn dies im Einklang mit der Landschaft und dem Klimaschutz geschehe, und ein positiver Effekt für das Preisniveau der Wohnungen in Konstanz nachgewiesen werden könne.

Die Gruppen stellen fest: Das Handlungsprogramm Wohnen führe zu höheren Miet- und Immobilienpreisen und beschleunige damit die Verdrängung ärmerer Schichten aus der Stadt (Gentrifizierung). „Viele Bürger können sich das Leben in ihrer Stadt Konstanz nicht mehr leisten.“ Die Initiatoren des Manifests fordern, statt der großen Immobilienunternehmen sollten Genossenschaften, gemeinwohlorientierte Einrichtungen oder die Stadt selbst die Quartiere entwickeln.

Bauunternehmer: „Zielgruppe ist auch der Normalbürger“

Timo Doser, Geschäftsführer der Doser und Partner Baugesellschaft, die am Markgrafenareal tätig ist, kann die Debatte nicht nachvollziehen. Sie erweitert das alte Wohnquartier durch neue Häuser. Doser sagt, dies sei alles mit der Stadt abgestimmt. Mit ihr zusammen sei ein Realisierungswettbewerb ausgelobt worden. „Für die Vorgaben des Wettbewerbs und die Auswahl der Entwürfe waren die Gemeinderäte und die Stadt Konstanz maßgeblich beteiligt.“

Doser hält die Nachverdichtung, bei der Brachflächen genutzt, Baulücken geschlossen und Bestandsgebäude aufgestockt werden, für flächensparend, ökologisch und sozial. In allen fünf Neubauten würden Wohnungen zum Mieten und nicht zum Erwerb von Eigentum errichtet. „Zielgruppe ist damit sicherlich auch der Normalbürger“, schreibt Doser auf Anfragen.

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Das Nachverdichten betrachtet er als den richtigen Weg, um dem Mangel an Wohnraum zu begegnen. Angesichts der explodierenden Baukosten sei es nur sinnvoll, „Bestandsflächen optimal zu nutzen.“ Doser rechnet vor: Vor zehn Jahren seien die Baukosten ohne das Grundstück bei 1500 Euro pro Quadratmeter gelegen. Heute liegen sie bei einem Neubau bei 3500 bis 4000 Euro pro Quadratmeter. Der Unternehmer macht dafür die gestiegenen Anforderungen an die Energieversorgung verantwortlich.

Auf dem Markgrafenareal wiederum sei es möglich, mithilfe von zwei Blockheizkraftwerken der Stadtwerke, alle Alt- und Neubauten mit Energie zu versorgen. Dies spare Energie und nütze dem Klima. Bei der Nachverdichtung werde zudem kein neues Freiland versiegelt und mehr Bürger nutzten die bestehende Infrastruktur.

Bauunternehmer: „Je mehr Wohnungen es gibt, desto mehr relativiert sich das Wohnpreisniveau“

Grundsätzlich, so schreibt Timo Doser, halte seine Unternehmen die offene Bebauung für besser als die geschlossene Bebauung der Ränder, wie man sie in der Nachbarschaft finde. Am Markgrafenareal hätte diese Lösung bei einigen Wohnungen zum Verlust von Fenstern geführt, bei einer Wohnung hätte der Balkon aufgegeben werden müssen.

Timo Doser verweist auf die 2500 Quadratmeter Grünfläche zwischen den Häusern, die für alle Bewohner einsehbar seien und die Kinder zum Spielen nutzen könnten. „Auch wenn der Abstand von einigen wenigen Balkonen zu den Neubauten als wenig wahrgenommen wird, haben diese Bewohner dennoch allesamt die Möglichkeit, sich entweder nach Süden oder Richtung begrüntem Innenhof auszurichten.“ Aus den betroffenen Bauten haben sich keine Bewohner gefunden, die aus ihrer Sicht berichten, wie es ihnen mit den Neubauten geht.

Von der Rückseite zeigt die Bebauung des Markgrafenareals ihr großzügiges Gesicht. Sie hebt sich deutlich vom Bild ab, das sie an der ...
Von der Rückseite zeigt die Bebauung des Markgrafenareals ihr großzügiges Gesicht. Sie hebt sich deutlich vom Bild ab, das sie an der Markgrafenstraße zeigt. | Bild: Rindt Claudia

Für den Unternehmer Timo Doser ist klar: Wer den Mangel an Wohnungen in Konstanz beheben wolle, müsse neu bauen. Dazu gebe es keine Alternative. „Je mehr Wohnungen es gibt, desto mehr relativiert sich das Wohnpreisniveau“, so seine Ansicht. Er plädiert dafür, das Bauen zu erleichtern und so die Baukosten zu senken. So könnten etwa Baugesuche beschleunigt bearbeitet werden, und die höhere Ausnutzung der Flächen beim Neubau zugelassen werden.

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Sei der soziale Wohnungsbau mit „niedrigstem Preisniveau“ gewünscht, müsse die Politik reagieren, so der Unternehmer. Diese könne etwa durch günstige Mehrwertsteuern, einer Reduktion der ökologischen Vorgaben und die günstige Abgabe von städtischen Grundstücken einen Beitrag leisten, um das günstige Bauen zu ermöglichen.

Timo Doser sagt, in den Um- und Neubauten, die sein Unternehmen vorgenommen habe, würden Menschen aus allen Bevölkerungsschichten mit Wohnungen versorgt. Normalverdiener wie Friseure, Mitarbeiter des Einzelhandels, der Gastronomie, von Gärtnereien gehörten ebenso zu den Mietern wie alleinerziehende Elternteile, Studenten oder Pflegekräfte. „Sie machen sogar den Hauptanteil aus.“

Die Fragen, ob Neubauten in Konstanz der Mangel an bezahlbarem Wohnraum beheben, und welche Flächen in Konstanz überhaupt noch auf welche Weise bebaut werden dürfen, bewegt die Stadt seit Monaten. Sie ist verknüpft mit der Frage, wie viele Freiflächen die Stadt benötigt.

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