Der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt schießt scharf gegen die Bürgervereinigung Allmannsdorf-Staad (BAS). Dass diese die Pläne für ein neues Quartier auf der Jungerhalde/West ablehnen würden, sei „eine bedenklich ausgrenzende Haltung“. Im Rathaus würden viele den Kopf schütteln, außerdem vergreife sich die BAS im Ton, sagt der Oberbürgermeister.

Wohnungen für Menschen mit unterem und mittlerem Einkommen

Die Stadtverwaltung will auf der Jungerhalde 200 bis 250 Wohnungen für Menschen mit unterem und mittlerem Einkommen – dazu ein neues Gerätehaus für die Feuerwehr. Gegenüber dem SÜDKURIER hatten Vertreter der rund 400 Mitglieder starken Bürgervereinigung gesagt, dass sie eine „echte Bürgerbeteiligung“ bei dem Projekt wünschen.

Bild 1: Oberbürgermeister Burchardt ist sauer auf die Bürgervereinigung Allmannsdorf: „Im Rathaus schütteln viele nur noch den Kopf“
Bild: Eva Marie Stegmann

Sie drückten insbesondere ihre Sorge um einen Eingriff in den Naturraum aus. Außerdem äußerten sie die Bedenken, dass die geplanten vier- bis fünfstöckigen Bauten nicht ins Ortsbild von Allmannsdorf passen könnten. Ihr Wunsch: Zunächst eine Debatte, ob dort gebaut werden müsse – und im zweiten Schritt eine Debatte, wie und in welchem Umfang.

Das Statement von Oberbürgermeister Uli Burchardt endet zwar damit, dass seine Tür für den BAS-Vorsitzenden Sven Martin und den Ehrenvorsitzenden Alexander Gebauer immer offen stünde, sofern ein „ehrliches Interesse“ am Gespräch über die Planungen bestände. Vorher äußert er aber unverhohlen seine Verärgerung.

Mit Sven Martin und Alexander Gebauer von der Bürgervereinigung Allmannsdorf beim Rundgang durch Allmannsdorf.
Mit Sven Martin und Alexander Gebauer von der Bürgervereinigung Allmannsdorf beim Rundgang durch Allmannsdorf. | Bild: Eva Marie Stegmann

Was konkret stört Burchardt an der Kritik?

Martin und Gebauer hatten im SÜDKURIER gesagt, dass sie nicht gegen Sozialwohnungen seien. Dazu Burchardt: „Das scheint wohl nur Rhetorik zu sein. In der Ablehnung dieses Projektes kommt doch eine klare Haltung zum Ausdruck: Nein zu 125 Sozialwohnungen, nein zu 100 Wohnungen für mittlere Einkommen, nein zu bezahlbarem Wohnraum für Familien.“

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Burchardt betont, dass er Wohnraum für Familien mit Kindern aber auch Benachteiligte schaffen will. Das sei an der Jungerhalde schnell möglich. Die Betonung liegt hier auf dem Wort schnell. Denn andere Großprojekte, um die Wohnungsnot in der Stadt zu lindern, stecken noch früh in der Planungsphase und werden wohl nicht vor 2030 realisiert: angefangen beim neuen Stadtteil Hafner bis hin zum Vorzeigeprojekt Christiani-Wiesen.

„Fragwürdige“ Sorge um den Naturraum?

Die Sorge der BAS-Vertreter um den Naturraum nennt er „fragwürdig“. Burchardt erklärt: „Sie führen das Argument an, man müsse an die spätere Generation denken – und sprechen sich gleichzeitig für ein städtebauliches Modell aus, das rückwärtsgewandt ist. Es ist doch klar, dass die von ihnen offenbar favorisierten Ein- bis Zweifamilienhäuser zu einem viel größeren Flächenverbrauch führen, als ein Geschosswohnungsbau. Das zeigt, dass es beiden offenbar nicht um nachhaltige Entwicklung geht“.

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Dazu stellte die BAS gegenüber SÜDKURIER klar, dass es nicht unbedingt um Häuser für nur ein bis zwei Familien gehe, sondern um „kleine Wohneinheiten“. Jedenfalls keine Fünfgeschosser.

Fortschrittliche Stellen würden verschwiegen

Burchardt wirft der BAS vor, dass sie die fortschrittlichen Seiten des Jungerhalde-Projekts verschweigen würden: Das Quartier solle als ein ökologisch, energetisch und sozial durchmischtes Modellprojekt geplant und realisiert werden.

Das meint: Möglichst wenig Fläche wird für die Wohnungen versiegelt – deshalb auch der Ansatz, in die Höhe zu bauen. Dazu so viel Grün wie möglich. Von ökologischen Freiflächen für Pflanzen- und Tierwelt über begrünte Dächer bis hin zu Dachgärten und Regenwassernutzung. Gebaut werden soll mit Holz und anderen wieder verwendbaren Materialien.

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Sven Martin von der BAS hatte berichtet, dass einige – jedoch nicht er selbst – dem OB „Wahlbetrug“ vorwerfen würden, weil er bei einem Besuch im Vorfeld der OB-Wahl in Allmannsdorf nichts von dem Projekt Jungerhalde/West gesagt hätte.

Dazu Burchardt: „Gerade im Wahlkampf habe ich nie einen Zweifel daran gelassen, dass ich hinter allen derzeit in Planung befindlichen Bauprojekten der Stadt Konstanz stehe. Wörtlich habe ich immer wieder betont, dass die sogenannten Arrondierungsprojekte ‚von Dettingen Brühläcker bis Petershausen Christiani-Wiese‘ meine volle Zustimmung haben und dass die Stadt diese Projekte braucht. Die Äußerung von Herrn Martin ist also schlicht falsch.“

Anschuldigungen wie „Wahlbetrug“ bedauerlich

Anschuldigungen wie „Wahlbetrug“, so Burchardt, seien zuletzt aus einer Richtung gekommen, „über die doch viele froh sind, sie hinter sich zu haben. Dass der Vorsitzende der BAS meint, jetzt auch auf diesen Zug aufspringen zu müssen, ist bedauerlich“. Der BAS-Vorsitzende vergreife sich im Ton, was auch sein Vorwurf belege, dass Politik und Verwaltung in Allmannsdorf versagen würden.

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Beim Rundgang mit dem SÜDKURIER hatten Martin und Gebauer die Studentenwohnungen, realisiert vom Architekturbüro Schaudt, gelobt. Dazu Burchardt: „Wer hat denn die Bebauung realisiert? Das waren Verwaltung und Politik – und nicht die BAS.“

Die Studentenwohnungen an der „alten“ Jungerhalde, erdacht vom Architekturbüro Schaudt.
Die Studentenwohnungen an der „alten“ Jungerhalde, erdacht vom Architekturbüro Schaudt. | Bild: Eva Marie Stegmann

Gelungene Bürgerbeteiligung, vermutet der Konstanzer Oberbürgermeister, sei aus BAS-Sicht wohl nur, wenn ihre Ziele erreicht würden: „In der Regel also die Verhinderung einer geplanten Maßnahme“. Er gibt zu bedenken: „Die Stimmen gegen solche Projekte sind in der Öffentlichkeit oft laut. Die, die mit am meisten davon profitieren, können sich dort aber noch gar nicht äußern: Jugendliche, Kinder und noch nicht geborene Kinder.“

Deshalb sei es gut, dass der Gemeinderat über solche Projekte entscheide, der das große Ganze im Blick habe. Angesichts des erbitterten Widerstandes der BAS-Vertreter gegen den Waldkindergarten im Fasanenweg habe er, schreibt der Oberbürgermeister, bereits vor Monaten Sven Martin mitgeteilt, „dass im Rathaus viele nur noch den Kopf schütteln, wenn sie solche Einlassungen der BAS-Vertreter hören würden“.

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