Tausende Menschen säumen am 24. April 1993 das Bodenseeufer, als die Imperia auf der Hafenmole bei Kaiserwetter enthüllt wird. Als es soweit ist, spielt Musik, die Menge applaudiert und die Schiffe der Bodensee-Sternfahrt lassen ihr Signal ertönen. Ein Moment, an den sich viele Konstanzer bis heute gerne erinnern.

Woran sich heute nicht mehr so viele Menschen erinnern, ist die Tatsache, dass das Kunstwerk von Peter Lenk sich eigentlich nur für eine Sommersaison auf ihrem Platz auf dem Leuchtturmsockel drehen sollte. Am 31. Oktober 1993 sollte damit Schluss sein und die Imperia aus dem Stadtbild getilgt werden. So wollte es der Gemeinderat.

Bei der Enthüllung der Imperia am 24. April 1993 kamen tausende Einheimische und Besucher, um dabei zu sein, wenn die Hafenfigur ...
Bei der Enthüllung der Imperia am 24. April 1993 kamen tausende Einheimische und Besucher, um dabei zu sein, wenn die Hafenfigur erstmals zu sehen ist. | Bild: Rüdiger Schall/SK-Archiv

Konstanzer Politik verhält sich päpstlicher als der Papst

Dann kam eine andere Idee auf: Die Imperia soll umziehen – und zwar einige Meter nach Süden auf die Zollmole, also einem weniger prominenten Platz. Der damalige Oberbürgermeister Horst Eickmeyer pochte darauf, dass die Versetzung auch erfolgt. In einem Brief an die Konstanzer Stadtväter, die das erste „Hurendenkmal“ Deutschlands demontieren wollten, richtete ihr Schöpfer Peter Lenk klare Worte. Er schrieb, was den Papst und den Vatikan nicht störe, müsse dem Gemeinderat nur recht sein.

Doch das Ringen um die Kurtisane ging weiter – oder wie der SÜDKURIER zwei Jahre nach der Enthüllung, am 22. April 1995, schrieb: „Es war ein Kampf gegen Windmühlen.“ Denn das Areal auf der die Imperia ihren Platz fand, war damals im Besitz der Bundesbahn (heute: Deutsche Bahn, der Hafen gehört inzwischen aber der Bodensee-Hafengesellschaft, einer Tochter der Stadtwerke Konstanz).

Das könnte Sie auch interessieren

Die Statue wurde also im Jahr 1993 auch nicht-städtischem Grund und so auch ohne Einverständnis der Stadt und deren Gremien aufgestellt. Gemeinderäte, Kirche und einige Einwohner von Konstanz waren empört. Die Figur sollte ihrer Meinung nach schnellstmöglich wieder verschwinden.

Das Landesdenkmalamt wurde bemüht, um die Unvereinbarkeit der Imperia mit der historischen Stadtsilhouette zu attestieren. Aber das funktionierte nicht: Das Amt sah keine Beeinträchtigung. Stattdessen wurde der Konzil-Kurtisane eine Galgenfrist seitens der Stadt eingeräumt. Doch die Frist verstrich und schließlich musste festgestellt werden, dass niemand die Mittel von damals 120.000 Mark für ihren Umzug aufbringen könnte.

Bild 2: Gehasst, geduldet, geliebt – So triumphierte die Imperia über ihre Konstanzer Gegner
Bild: SK-Archiv

Gemeinderat wollte, aber konnte nie entscheiden

Schließlich stimmte der Gemeinderat im September 1993 mit einer überwältigenden Mehrheit dafür, dass die Imperia ein Bleiberecht erhält. CDU-Stadtrat Wolfgang Müller-Fehrenbach machte in der Sitzung nochmals auf ein Missverständnis aufmerksam, denn tatsächlich konnte der Gemeinderat „überhaupt nichts entscheiden“. Die Figur stehe auf Bundesbahneigentum, und das Landesdenkmalamt sehe keine Beeinträchtigung des Stadt- oder Hafenbilds. Mehr als „nur seine Meinung“ zu äußern, sei dem Gemeinderat also gar nicht möglich.

Was sagt der damalige CDU-Fraktionsvorsitzende 30 Jahre später über die Diskussion damals? „Das war ein etwas undemokratischer Prozess“, meint er und räumt gleich mit einem Gerücht auf, das sich seit Jahrzehnten hält. Er erklärt: „Die CDU hat keine öffentliche Kritik an dem Kunstwerk geübt.“ Gemeinsam mit Klaus Keller-Uhl habe er lediglich angeregt, den Ort der Aufstellung zu diskutieren, damit sich das Kunstwerk nicht in direkter Blickachse vom Konzil befinde.

Das könnte Sie auch interessieren

Inzwischen ist für Müller-Fehrenbach die Imperia „zur Alltagsgeschichte geworden.“ Und: „Über Kunst würde ich nicht diskutieren.“ Außer Frage steht freilich damals wie heute, dass sich Einheimische wie Touristen über den Anblick der Hübschlerin, die weiterhin im Hafen ihre Runden dreht, freuen und sie zur meistfotografierten Konstanzerin aller Zeiten geworden ist.

(Archivbilder) Die ersten Aufnahmen der Imperia im Konstanzer Hafen (hier bei ihrer Enthüllung am 24. April 1993). Zwei Studierende der ...
(Archivbilder) Die ersten Aufnahmen der Imperia im Konstanzer Hafen (hier bei ihrer Enthüllung am 24. April 1993). Zwei Studierende der Uni-Hochschulsportgruppe entblätterten – durch Seile gesichert – die Statue. | Bild: Verlag Stadler/Herbert Probst | SK-Archiv