Mitten in Konstanz, in bester Lage, gerät ein schmuckes Gebäude immer mehr in Vergessenheit. Das 1902 errichtete Haus an der Unteren Laube 34 wurde einst für die Reichsbank gebaut, später zog die Landeszentralbank (LZB) ein. Seit rund 15 Jahren aber steht es leer, auch der Anbau in der Schulstraße aus dem Jahr 1981 hat seit langem keine Verwendung.

Im August 2020 schien Bewegung in die Sache zu kommen: Hubert Reimann von Immobilien Reimann, dem das Anwesen gehörte, verkaufte das ehemalige LZB-Gebäude an einen Hamburger Investor. Auch die Stadt Konstanz erhielt ein Angebot, es kam aber nicht zum Kauf.

Die Fassade der ehemaligen Landeszentralbank (LZB) ist stadtbildprägend und als Kulturdenkmal anerkannt.
Die Fassade der ehemaligen Landeszentralbank (LZB) ist stadtbildprägend und als Kulturdenkmal anerkannt. | Bild: Hanser, Oliver

Der Hamburger Investor bot das Grundstück samt Gebäuden daraufhin zwei Konstanzer Ärzten an, die schon länger auf der Suche nach freien Flächen waren. Denn der Orthopäde und Unfallchirurg Andreas Lernbass und Gunnar Hübner, Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie, hatten die Vision von einem Gesundheitszentrum mit OP-Bereich. Dort sollten auch Belegärzte Zeiten buchen können.

Die beiden Mediziner wollten das Areal aber nicht kaufen, sondern als Mieter einziehen. Sie einigten sich mit dem Investor darauf, dass er das Projekt für sie entwickelt. Geplant war auch, dass Physiotherapie und das Fitness-Franchise-Unternehmen Injoy dort einziehen. Es war von der Eröffnung eines Studios im Jahr 2024 die Rede.

Das ist der Anbau in der Schulstraße 2. Unter dem Innenhof des Areals liegt ein riesiger Öltank, der einer Tiefgarage weichen sollte.
Das ist der Anbau in der Schulstraße 2. Unter dem Innenhof des Areals liegt ein riesiger Öltank, der einer Tiefgarage weichen sollte. | Bild: Hanser, Oliver

Warum steht das Haus dann immer noch leer? Die Suche nach Antworten beginnt. Andreas Lernbass sagt auf SÜDKURIER-Nachfrage: „Wir hatten schon einen Mietvertrag abgeschlossen, aber das Gesundheitszentrum wurde doch nicht umgesetzt. Mehr kann ich leider nicht sagen, wir haben eine Vereinbarung mit der Eigentümerin getroffen.“

(Archivbild) So sieht der Eingangsbereich der ehemaligen Landeszentralbank aus. Seit vielen Jahren geht hier niemand mehr ein und aus.
(Archivbild) So sieht der Eingangsbereich der ehemaligen Landeszentralbank aus. Seit vielen Jahren geht hier niemand mehr ein und aus. | Bild: Scherrer, Aurelia/SK-Archiv

Auch die Konstanzer Stadtverwaltung weiß nicht mehr. Pressesprecherin Anja Fuchs schreibt, das Vorhaben sei im Jahr 2020 im Gestaltungsbeirat besprochen und genehmigt worden. „Warum es bis jetzt nicht umgesetzt wurde, entzieht sich unserer Kenntnis. Fragen zu möglichen anderen Planungen kann nur der Eigentümer selbst beantworten“, so Anja Fuchs.

Spurensuche führt in Hamburger Firmengeflecht

Wer aber ist der Eigentümer? Ein Anruf bei Immobilienexperte Michael Reimann, dessen Vater einst das Grundstück verkauft hatte, führt einen Schritt weiter. Er lässt den Namen Tom Reimer fallen.

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Wer diesen Namen im Internet sucht, stößt schnell darauf, dass Tom Reimer gelernter Schneider ist, der später als Modedesigner mit eigenem Atelier in Hamburg Männern den guten Geschmack beibringen wollte. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung titelte einst „Tom Reimer, der Dandy“. Der Suchende erfährt aber auch, dass Tom Reimer laut einem Firmenverzeichnis in ein Geflecht aus Unternehmen eingebunden ist.

Einige davon befassen sich mit Mode und Design, aber es sind auch Firmen für Bauprojekte, Verwaltung und Grundstücke dabei, manches ist vermischt. Die meisten haben dieselbe Hamburger Adresse und wurden in den vergangenen Jahren aufgelöst. Bei vielen dieser Unternehmen wird Tom Reimer als ehemaliger Geschäftsführer geführt. Ein Anruf bei einem davon, TR Design, führt zunächst ins Leere.

(Archivbild) Hinter den grünen Stahltüren im Untergeschoss der ehemaligen Landeszentralbank liegt der Tresorraum. Die Wände sind hier so ...
(Archivbild) Hinter den grünen Stahltüren im Untergeschoss der ehemaligen Landeszentralbank liegt der Tresorraum. Die Wände sind hier so massiv, dass dieser Teil laut den zuletzt verfolgten Plänen nicht rückgebaut werden sollte. | Bild: Scherrer, Aurelia/SK-Archiv

Ein Mitarbeiter bekundet, Tom Reimer halte sich in London auf. Eine Mailadresse von ihm finde er gerade nicht. Zweiter Versuch am nächsten Tag: Die Mailbox gibt zwar die gewünschte Mailadresse preis, doch auf eine Anfrage an dieselbe erhält der SÜDKURIER keine Antwort. Bei Recherchen fällt auch der Name Possessio Projektentwicklungsgesellschaft, sie sitzt ebenfalls in Hamburg.

Von Possessio gibt es über eine Frabu Verwaltungs GmbH eine Verbindung zu Tom Reimer. Bindeglied ist Franziska Busse, die in vielen der genannten Unternehmen die Geschäftsführung von Tom Reimer übernahm. Verbunden sind beide wiederum mit Dirk Sinkus, einem Hamburger Unternehmensberater, der einst Rechtswissenschaften studierte. Dem Vernehmen nach vertritt er Tom Reimer in der Konstanzer Angelegenheit, aber mehr ist nicht zu erfahren.

(Archivbild): Für den Notfall war vorgesorgt: Im Keller befindet sich ein Luftschutzbunker mit 28 Sitzbänken samt Kopfstützen und ...
(Archivbild): Für den Notfall war vorgesorgt: Im Keller befindet sich ein Luftschutzbunker mit 28 Sitzbänken samt Kopfstützen und mehreren großen Kanistern auf der Ablage. | Bild: Scherrer, Aurelia/SK-Archiv

Bleibt noch das Fitness-Franchise-Unternehmen Injoy. Dass das Gesundheitszentrum dort nicht zustande kam, ist laut Marina Käfer von Aciso, einer Unternehmensberatung für die Fitnessbranche, zwar schade. „Aber vielleicht sollte es so sein, dass es nicht klappt“, meint sie. Warum der Investor das Haus nicht entwickelt, weiß auch sie nicht.

Ärzte suchen weiter nach passender Immobilie

Auch Orthopäde Andreas Lernbass ist noch auf der Suche, er und sein Kollege haben ihren Traum von einem Gesundheitszentrum in Konstanz nicht aufgegeben. „Aber Sie wissen ja, wie es hier um die Immobilienpreise steht“, fügt er ernüchtert hinzu. „Es gab Gespräche, doch es war noch nichts Passendes dabei.“

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Wie es mit dem Grundstück und den darauf stehenden Gebäuden weitergeht, scheint offen. In einem Portal für Luxusimmobilien steht in einer Übersicht zu lesen: „Immobilie zum Kauf, 13.800.000 Euro, Untere Laube 34 / Schulstr. 2.“ Es scheint, als wolle der derzeitige Eigentümer das Projekt wieder loswerden. Wer aber das Angebot anklickt, findet dazu nichts weiter.

Es bleibt also weiterhin rätselhaft. Dem denkmalgeschützten Haus ist zu wünschen, dass sich die Nebel bald lichten und ein neuer Eigentümer dem Areal mitten in der Stadt zu neuem Leben verhilft. Stillstand gab es hier offensichtlich lange genug.