25. Juli 2024, 1.22 Uhr: Bei der Feuerwehr geht die Meldung ein, dass das Gebäude in der Zollernstraße 10 brennt. Kurz darauf erreichen die ersten Einsatzkräfte das Konstanzer Stadlerhaus – und setzen alle Abteilungen in Bewegung. Schnell ist klar: Dieser Einsatz wird herausfordernd. Die Bewohner sind glücklicherweise in Sicherheit, über 70 Anwohner werden evakuiert. Es gibt sieben Leichtverletzte.
25. Juli 2024, 6.15 Uhr: In Konstanz verbreitet sich an diesem Donnerstagmorgen die Nachricht des Brandes, der Verkehr ist aufgrund des Großeinsatzes eingeschränkt. Oberbürgermeister Uli Burchardt eilt in die Zollernstraße, um sich vor Ort ein Bild der Lage zu machen. Am Mittag sagt er: „Zum Glück wurde niemand schwer verletzt und das Haus steht noch.“ Und dankt allen Helferinnen und Helfern.
25. Juli 2024, 12 Uhr: Immer wieder flammt der Brand auf, immer wieder fallen Ziegel herab. Da nur von außen gelöscht werden kann, gestalten sich die Maßnahmen für die Feuerwehr schwierig. Die Sorge wächst, dass der Giebel und die Fassade des Stadlerhauses einstürzen. Das bestätigt auch die Polizei: Der Einsturz zweier mit dem Gebäude verbundenen Häusern könne zudem nicht ausgeschlossen werden.
25. Juli 2024, 18 Uhr: Der Löscheinsatz dauert an, auch wenn inzwischen Hilfe aus Singen, der Schweiz und weiteren Orten eingetroffen ist. Die Feuerwehr bereitet sich auf eine weitere Nacht im Einsatz vor. Derweil wird für einige Anwohner, die nicht in ihre Häuser zurückkehren können, eine Notunterkunft eingerichtet. Viele kommen aber privat unter. Betroffene sagen über den Brand: „Der absolute Horror!“

26. Juli 2024: Noch während das Gebäude raucht, werden Teile abgetragen. Am Hinterhaus beginnt der Abriss noch am Vortag. Auch am Freitag steht der 24-Tonnen-Bagger in der kleinen Gasse namens Vor der Halde. Derweil wird die Konzilstraße wieder für den Verkehr freigegeben. Dann wird klar: Die Zwischendecke im zweiten und dritten Obergeschoss ist eingestürzt. Es beginnen bange Stunden.
27. Juli 2024: Nach einer weiteren Nacht an der Einsatzstelle gehen die Sicherungsmaßnahmen an den besonders einsturzgefährdeten Giebeln weiter. Die Zollernstraße bleibt weiterhin gesperrt, da die Feuerwehr auch im Lauf des Samstags immer wieder Glutnester löschen muss. Sollte Mauerwerk auf die Straße fallen, wird das für Menschen gefährlich. Konstanzer stehen fassungslos vor den Absperrungen.

28. Juli 2024: In der Nacht auf den Sonntag lodert nochmals offenes Feuer aus dem Dachbereich, weil sich Glutnester entzündet haben. Die Feuerwehr, die erneut am Einsatzort Brandwache hält, bekämpft die Flammen. Zu diesem Zeitpunkt ist das hintere Gebäude bereits abgerissen. Meterhoch türmen sich die Überreste des Anbaus. Und dann tauchen auch noch neue Statik-Probleme auf.
29. Juli 2024, 14.40 Uhr: Nach vier Tagen, 13 Stunden und 18 Minuten kann die Feuerwehr endlich abrücken. Nach dem Einsatzende wird das Stadlerhaus formell von der Polizei beschlagnahmt. Dies gelte so lange, „bis alle kriminaltechnischen Maßnahmen abgeschlossen sind“, erklärt eine Polizeisprecherin. Die Sicherungsarbeiten am und im Stadlerhaus gehen weiter – und sind schlussendlich erfolgreich.

31. Juli 2024: Es beginnt schließlich eine Spendenaktion, auf die viele Konstanzer gewartet haben. Für die Menschen, die alles beim Brand verloren haben, ist ein Konto eingerichtet. Der Verein „Konstanz hilft!“ sammelt in Kooperation mit der Stadt Spenden und zahlt die Gelder an die Betroffenen aus, um deren erste Not zu lindern. So kommen innerhalb von zwei Wochen 56.500 Euro zusammen.
Anfang August 2024: Voraussichtlich dauert es mindestens zwei Jahre, bis das Haus in der Zollernstraße wieder hergestellt ist. So lautet eine erste, vorsichtige Einschätzung des Architekten Christoph Bauer. Er verspricht aber auch: „Wir geben Gas!“ Das zeigt sich auch vor Ort: Zwei Wochen nach dem Großbrand ist die Fassade fast komplett eingerüstet, die Baustelle ist eingerichtet.

12. August 2024: Die Staatsanwaltschaft Konstanz und das Polizeipräsidium Konstanz informieren in einer gemeinsamen Pressemitteilung über die mögliche Brandursache. „Ein beauftragter Brandsachverständiger geht nach aktuellem Stand von einem technischen Defekt aus“, heißt es darin. „Ein kaputtes Kabel soll wohl zu dem Großbrand des Wohn- und Geschäftshauses geführt haben.“
September 2024: Händler und Wirte in der Zollernstraße halten zusammen und betonen, dass sie nicht „den Kopf in den Sand stecken“, auch wenn rund um die Brandruine nicht viel möglich ist. Schließlich kann auch die Weinstube „Zum guten Hirten“ wieder eröffnen. Und bei einem Fest feiert die gesamte Straße die Helferinnen und Helfer, die beim Großbrand im Juli angepackt haben.
November 2024: Die 1000 Quadratmeter große Verkaufsfläche des Einrichtungshauses Bend Sörensen wird beim Brand des Stadlerhauses ein Raub der Flammen. Doch die drei Geschäftsführerinnen werden erfinderisch und eröffnen auf frisch renovierten 150 Quadratmetern neben der Baustelle eine Boutique mit Kissen, Kerzen, Geschirr und ein paar Möbeln. Konstanzer jubeln: „Schön, dass ihr wieder da seid!“
Dezember 2024: Wenige Monate nach dem verheerenden Feuer begleitet der SÜDKURIER Christian Stadler auf die Baustelle. Abbruch und Entkernung sind annähernd abgeschlossen. Der Hausbesitzer zeigt, wie es inzwischen im Stadlerhaus aussieht, dankt den Einsatzkräften und spricht über die Pläne für das 120 Jahre alte Gebäude: „Wir versuchen aus dem Unglück etwas Positives entstehen zu lassen.“

Februar 2025: Nach arbeitsreichen Monaten präsentieren Bauherrschaft und Architekt dem Gestaltungsbeirat einen ersten Entwurf für den Ersatzbau im Hinterhof des Stadlerhauses. Das Hinterhaus mitsamt dem Verbindungsbau fiel den Flammen komplett zum Opfer, das denkmalgeschützte Vorderhaus steht noch. Der mögliche Neubau im Hof erhält viel Lob, etwas muss aber noch nachgebessert werden.
März 2025: Große, massive Holzbalken liegen hinter dem Vorderhaus, an jener Stelle, an der einst das Hinterhaus den Flammen zum Opfer gefallen ist. Nun bauen dort Zimmerleute die Balken zusammen. Diese werden dann mittels eines Krans hochgehievt und in luftiger Höhe in den Dachstuhl eingebaut. Architekt Bauer erklärt: „Der historische Dachstuhl von 1904 wird eins zu eins rekonstruiert.“
Juni 2025: Die Brandruine wird vorübergehend zur Kunsthalle! Während die Arbeiten im Gebäude an der Zollernstraße weitergehen, verwandeln sich einige Räume in einen Schauplatz für Gemälde, Lesungen und Fotos. In einer Ausstellung wird „Kunst im: Wohnzimmer“ gezeigt. Vom 29. Juni bis zum 3. August kann das erste Projekt dieser Art, kuratiert von Jana Mantel, besucht werden.
Juli 2025: Ein Jahr nach dem Brand wenden sich mehrere Frauen, die im Stadlerhaus bis zu dessen Brand lebten, an die Öffentlichkeit: „Wir denken an die Brandnacht zurück. Auf einmal war alles anders“, schreiben sie. Sie danken ihren Nächsten für Trost, Halt und Kraft in der schweren Zeit. Und danken „für die Hilfsbereitschaft, die wir erfahren durften.“ Auch die Zollernstraße-Händler melden sich zu Wort.