Die Staatsanwaltschaft Thurgau hat erneut Anklage gegen drei Führungspersonen des Herz-Neuro-Zentrums Kreuzlingen, die Schwesterklinik des Herzzentrums Konstanz, erhoben und nun soll es tatsächlich zu einer Gerichtsverhandlung kommen. Die Ankläger gehen davon aus, dass die Angeschuldigten gewerbsmäßigen Betrug begangen und Krankenkassen um 3,9 Millionen Franken gebracht haben.

Die Vorwürfe

Die Vorwürfe von ehemaligen Ärzten der Häuser reichen bis in das Jahr 2013 zurück, und es waren zahlreiche. Darunter befanden sich auch jene, um die es nun in der Anklageerhebung gegen die drei Personen des Herzzentrums und des Herz-Neuro-Zentrums geht.

Das Gericht soll klären, ob die Klinikführung über Pro Ventis, eine von den Klinikchefs selbst betriebene Handelsfirma im Kanton Zug, Patienten und damit deren Krankenkassen überteuerte Medizinprodukte verrechnet und sich daran bereichert hat.

Die Thurgauer Staatsanwaltschaft hatte schon einmal Anklage erhoben, diese allerdings im Februar 2020 wieder zurückgezogen. Wegen „Optimierungsbedarfs“, wie es damals hieß. Der verfahrensleitende Staatsanwalt hatte seine Stelle gekündigt.

Für die neue Verfahrensleitung stand die Beweisführung aber offenbar auf zu wackeligen Beinen. Es brauche noch mehr Daten, um den Schaden der „einzelnen Krankenversicherungen so detailliert wie möglich zu ermitteln“, sagte Marco Breu damals, Sprecher der Anklagebehörde.

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Das sagt die Staatsanwaltschaft

Im Rahmen der ergänzenden Untersuchungen wertete die Staatsanwaltschaft in Zusammenarbeit mit der Kantonspolizei Thurgau circa 1400 zusätzlich eingeholte Rechnungen aus dem Zeitraum zwischen den Jahren 2005 bis 2011 aus, in welchen die Herz-Neuro-Zentrum Bodensee AG insgesamt über 2500 Stents gegenüber den Krankenkassen in Rechnung stellte.

Fazit: „Gemäß Anklageschrift vom 14. Juli 2021 wird den drei Organen der Herz-Neuro-Zentrum Bodensee AG der Tatbestand des gewerbsmäßigen Betrugs vorgeworfen, da die Beschuldigten diese 2500 Stents zu überhöhten Preisen gegenüber den Krankenkassen fakturiert haben sollen.

Das sagt ein Kliniksprecher

Auf Anfrage des SÜDKURIER erklärt das Herz-Neuro-Zentrum Bodensee in Kreuzlingen, es nehme die Anklage zur Kenntnis und es begrüße, dass „sich nun das zuständige Gericht der Sache objektiv annimmt“. Die Klinik werde das Gerichtsverfahren voll umfänglich unterstützen, betonte ein Sprecher, „wir sind zuversichtlich, dass die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft vor Gericht nicht standhalten.“

Ab Ende 2005 habe die Klinik gewisse Medizinprodukte über die Handelsgesellschaft Pro Ventis in Zug bezogen. In diesem Zusammenhang sei der Vorwurf laut geworden, Pro Ventis verrechne dem Herz-Neuro-Zentrum die Produkte angeblich zu überteuerten Preisen. „Das ist falsch“, erklärt der Kliniksprecher. Fakt sei, dass das Herz-Neuro-Zentrum von Pro Ventis zu deutlich günstigeren Konditionen beliefert worden sei, als dies durch einen Direktbezug beim Hersteller möglich gewesen wäre.

Die Klinik sei nicht in der Lage gewesen, die von Pro Ventis eingeräumten tieferen Preise für die betreffenden Medizinprodukte direkt zu erhalten – und das trotz intensiver Verhandlungen. Somit seien auch niemals Medizinprodukte zu „überteuerten Preisen“ an das Unternehmen verkauft worden.

Dies sei dadurch belegt, dass die Einkaufspreise für das Herz-Neuro-Zentrum Bodensee umgehend ab dem Bezug über Pro Ventis deutlich tiefer gewesen seien als zuvor. Die Produkte seien nachweislich zu deutlich günstigeren Preisen bezogen worden.

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Ohne Pro Ventis hätte die Klinik, hätten aber insbesondere auch die Krankenkassen und Patienten deutlich höhere Kosten gehabt, betont der Sprecher. Auch ein ausführliches Rechtsgutachten sei, wie bereits 2014 die Krankenkasse Swica, zum Schluss gekommen, dass die Vorwürfe gegen die Beteiligten haltlos seien.