Viele Konstanzer schütteln den Kopf. Am Beispiel des Marienwegs in Litzelstetten wird die Frage wieder einmal aufgeworfen: Warum gehen so viele Bauvorhaben in dieser Stadt nur so langsam oder gar nicht voran? Im Rathaus der Stadt gibt es Stimmen, die sagen: An uns liegt es nicht, es ist das Regierungspräsidium (RP) Freiburg. Dort landen immer wieder Konstanzer Projekte, wenn die Stadt oder ihre Unternehmen wie die Wobak oder Stadtwerke etwas bauen wollen.

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Das ist gesetzlich so geregelt, worin zum Beispiel Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn schon mal ein grundsätzliches Problem sieht. Er findet, es reicht, wenn Betroffene wie in anderen Bundesländern vor dem Verwaltungsgericht klagen können. Und wenn Projekte wegen der baden-württembergischen Regelung beim RP landen, gehe oft wertvolle Zeit verloren, heißt es aus dem Rathaus immer wieder. Aber ist das so? Und findet das RP eigentlich auch, dass es als Instanz bei strittigen Bauvorhaben überflüssig ist?

Der SÜDKURIER hat in der Freiburger Behörde nachgefragt, ob man dort der Aussage von Langensteiner-Schönborn zustimmt, dass die entscheidende Bestimmung im Paragraphen 48 der Landesbauordnung (LBO) verzichtbar sei. Die Antwort, die Pressesprecherin Heike Spannagel übermittelt, ist eindeutig: „Uns ist die kritische Haltung der Stadt Konstanz zu § 48 Abs. 2 LBO bekannt“, teilt sie mit, und man könne auch nachvollziehen, dass es aus Sicht der Kommunen zu unerwünschten Verzögerungen führen könnte. Und ja, auch das bestätigt das RP: „Mit der Stadt Konstanz hatten wir in der Vergangenheit durchaus in einigen Fällen unterschiedliche Rechtsauffassungen.“

Überflüssige Regelung in der Landesbauordnung?

Doch: „Nach Auffassung des Regierungspräsidiums spielt der Paragraph eine wichtige Rolle bei der Vermeidung von Interessenskollisionen. Daher sollte nicht auf diese Vorschrift verzichtet werden.“ Von einer gemeinsamen Haltung, dass man die aus Sicht des Rathauses lästige bis überflüssige Bestimmung abschaffen könne, kann demnach keine Rede sein. Auch zur die Frage, wie viel Verzögerung eintritt, gibt es demnach unterschiedliche Sichtweisen. In Einzelfällen seien es nur ein bis zwei Wochen, so das RP. Doch es spielt den Ball wieder zurück: Die Bearbeitungsdauer hänge auch davon ab, wie gut die Vorlagen der Bauherrschaft seien – und „der Vorarbeit der unteren Baurechtsbehörde“, in diesem Fall also der Konstanzer Stadtverwaltung.

Sprecherin Heike Spannagel erklärt für das Regierungspräsidium: Es ist richtig, dass die Aufsichtsbehörde zuständig ist, wenn ...
Sprecherin Heike Spannagel erklärt für das Regierungspräsidium: Es ist richtig, dass die Aufsichtsbehörde zuständig ist, wenn Bauvorhaben der Stadt Konstanz und ihrer Unternehmen strittig sind. Das sehen im Rathaus freilich nicht alle so. | Bild: Rau, Jörg-Peter

Freiburg erteilt auch strittige Baugenehmigungen

Die Baubehörden haben immer wieder miteinander zu tun. Zuletzt hat das RP der Stadt Konstanz nach eigenen Angaben in zwei strittigen Fällen eine Baugenehmigung erteilt. Die eine betrifft die Grundschule Wollmatingen, gegen deren Ausbau ein Nachbar seit Jahren vorgeht. Das andere strittige Bauvorhaben ist demnach das Parkhaus am Brückenkopf Nord. Dort sind die Stadtwerke Bauherr, die nach der Rechtsauffassung des Regierungspräsidiums als Bauherrin der Stadt selbst gleichzustellen sind. Gegen das 25 Meter hohe Bauwerk war ebenfalls ein Einwand eingegangen.

Zum Marienweg in Litzelstetten, wo seit fast zehn Jahren schon neuer Wohnraum geschaffen werden soll, weist das RP eine Mitverantwortung für die Verzögerung klar zurück. Dort habe das RP das Vorhaben zunächst geprüft. In der Folge wurde die Stadtverwaltung in einem Schreiben vom 7. Juni angewiesen, die Baugenehmigung für die Wobak zurückzunehmen – eine förmliche Weisung, wie sie „nur in den wenigsten Fällen erforderlich“ ist.

Urteil in letzter Instanz

Seither ist allerdings noch ein anderes Thema hinzugekommen. Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Regelung in Paragraph 13 des Baugesetzbuchs de facto gekippt. Dazu erläutern die Experten aus Freiburg: „Dieser Paragraph ermöglichte bislang die Beplanung von Freiflächen am Ortsrand im beschleunigten Verfahren ohne Umweltprüfung. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber am 18. Juli entschieden, dass diese Regelung nicht mit dem Europarecht vereinbar ist.“ Die Folge: Auch für eine geänderte Planung dürfte Freiburg auf Grundlage dieses Bebauungsplans eine Baugenehmigung derzeit gar nicht erteilen.

Am Marienweg passiert erst mal nichts

Am Marienweg bedeutet dies, dass ein Baubeginn derzeit nicht absehbar ist – wobei die Wobak wegen der hohen Baukosten und Zinsen alle Neubauvorhaben sowieso auf Eis gelegt hat. Die Erschließung will die Stadt trotz allem voranbringen. Allerdings ist gegen sie auch in diesen Fall – wie im Stromeyersdorf – nach Informationen des SÜDKURIER zusätzlich zu den Einwendungen von Nachbarn auch eine sogenannte Normenkontrollklage am Verwaltungsgerichtshof Mannheim eingereicht worden.

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Auch wenn es in Sachen Marienweg eskaliert ist und das Verhältnis zwischen Stadt und Regierungspräsidium mehr als unterkühlt wirkt: Beide Seiten wissen, dass sie zusammenarbeiten müssen. Aus Freiburg sind die Signale jedenfalls positiv. Laut Sprecherin Heike Spannagel „fand kürzlich eine sehr konstruktive Besprechung des RP mit der Stadt Konstanz statt“.