Fenster auf und Maske anziehen, Abstand halten, Hände waschen: Diese Maßnahmen werden an Konstanzer Schulen weiter die einzigen Mittel im Kampf gegen das Coronavirus sein. Denn die Stadt hat nach längerer Diskussion entschieden: Luftfilteranlagen kommen nicht in die Klassenräume.
Die Debatte ins Rollen gebracht hatte der Unternehmer Armin Karl. Er hatte sich über verschiedene Geräte informiert und zehn Stück für je 1000 Euro gekauft, die er einer Konstanzer Grundschule schenken wollte. Dann nahm das Entscheidungskarussell seinen Lauf: Erst hatte das Kollegium Bedenken, dann votierte es doch für die Annahme der Spende.
Vorerst grünes Licht von der Stadtverwaltung für die Lüftungsanlage
Die Stadtverwaltung ließ unterdessen einen Sachverständigen die Geräte prüfen, die ohne Ozon und UV auskommen. Obwohl die Verwaltung generell gegen den Einsatz von Luftfilteranlagen ist, gab sie ausnahmsweise grünes Licht für das Installieren der vorhandenen Geräte.
Eigentlich sollte der Haupt- und Finanzausschuss (HFA) nur noch der Form halber über die Annahme der Spende entscheiden – so wie bei allen Zuwendungen, die der Stadt zugehen.
Einen Tag später die Kehrtwende
Die städtische Pressestelle teilt mit: „Wir haben uns nach sorgfältiger Abwägung und intensiver Diskussion im HFA entschieden, auf dem bisherigen Weg entsprechend den Empfehlungen des Bundesgesundheitsamtes zu bleiben.“
Der Einsatz von Luftreinigungsgeräten wäre nur auf der Grundlage einer geänderten, „das heißt positiven Bewertung des Umweltbundesamtes denkbar“, so die Pressestelle weiter. Das Umweltbundesamt sieht die Verwendung solcher Geräte kritisch.
Was das Umweltbundesamt und die Landtagsabgeordnete Nese Erikli zu Luftfiltern sagen
In Ausnahmefällen könne ein Luftreinigungsgerät als Ergänzung eingesetzt werden, wenn die Lüftung eines Raumes nicht ausreichend möglich ist. „Uns sind von Schulleitungen aber keine Räume benannt worden, die derzeit nicht ausreichend belüftet werden können“, so die Stadt.
Sorge um falsches Sicherheitsgefühl
Und weiter: „Als verantwortungsbewusster Schulträger müssen wir vermeiden, dass durch die Anlagen bei der Lehrer- und Elternschaft ein Sicherheitsgefühl erzeugt wird, welches aufgrund der aktuellen wissenschaftlichen Studien nicht belegt werden kann. Es wäre fatal, wenn durch den Einsatz von Geräten die Vorgaben zum Lüften nicht mehr eingehalten würden.“
Doch dies war dem Spender durchaus bewusst: „Natürlich hätten die Lehrer weiterhin gelüftet wie vorher. Die Geräte waren nur für die Zeit gedacht, in der die Fenster nicht offen sind.“ Auf Stufe 3, die in diesem Fall ausgereicht hätte, habe man die Anlagen kaum gehört.

„Die Geräte sind leicht zu bedienen und wartungsfrei. Erst nach drei Jahren hätten die Filter ausgetauscht werden müssen. Ich hätte auch noch den ersten Filterwechsel für je 179 Euro bezahlt“, sagt Karl.
Stadt: Niemand soll bevorzugt werden
Die Stadtverwaltung führt aber noch ein anderes Argument gegen den Einsatz der gespendeten Geräte an: „Hier sollte ein flächendeckendes Konzept für alle Konstanzer Schulen verfolgt werden.“ Dass niemand bevorzugt werden soll, kann Spender Armin Karl nachvollziehen, findet das Nein aber doch sehr schade.
„Da sieht man mal wieder, wie schwer es ist, etwas Gutes zu tun“, meint der Unternehmer. „Diese Neiddebatte haben wir nur in Deutschland. Die Leute können es nicht ertragen, wenn jemand anderes etwas geschenkt bekommt.“
Die zehn Geräte stellt Armin Karl nun in seiner Firma auf. Denn der Gerechtigkeit halber alle 500 Klassenzimmer in Konstanz auszustatten, übersteige dann doch das Budget seiner Firma. Zumal die Stadt darauf verweist, dass die vom Umweltbundesamt empfohlenen Geräte 4000 Euro pro Stück kosten.
Eltern durften nicht entscheiden
Die Elternbeiratsvorsitzende der betroffenen Grundschule bedauert ebenfalls die Kehrtwende der Stadt. Sie hätte sich gefreut, wenn die Eltern in einer Abfrage hätten entscheiden dürfen, ob sie die Anlagen trotzdem wünschen, wenn sie sich damit besser fühlen.
Das Argument der Bevorzugung einer Schule kann sie nicht verstehen: „Wenn es einen Spender für alle Konstanzer Schulen gäbe, könnte man auch fragen: Warum dann nicht für alle Schulen im Landkreis? Oder gleich im ganzen Land? Irgendwo muss man ja anfangen.“
Die Elternbeiratsvorsitzende möchte lieber das Positive betonen. „Ein guter Gedanke mit entsprechender Umsetzung könnte zu einem weiteren positiven Effekt führen. So viele Falschmeldungen und laute, unqualifizierte Äußerungen machen sich heutzutage mit Leichtigkeit breit. In diesem Fall hätte die Erlaubnis, die vorhandenen Geräte aufzustellen, den Menschen bei all den Ängsten und Sorgen einen Funken Zuversicht vermitteln können“, sagt sie.
Schulleiter sehen Geräte kritisch
Für die Konstanzer Schulleiter ist die generelle Absage der Stadt an Luftfilteranlagen in Ordnung. So sagt Jürgen Kaz, Geschäftsführender Schulleiter der Konstanzer Gymnasien: „Luftreinigungsgeräte werden uns täglich angeboten. Sie sind im Betrieb nicht geräuscharm und verbrauchen viel Energie. Durch die Technik wird auch ein trügerisches Gefühl der Sicherheit erzeugt.“
Esther Schwarz, Rektorin der Wallgutschule, ergänzt: „Wir machen konsequent alle 20 Minuten für drei bis fünf Minuten die Fenster auf. Natürlich wird es kurz kalt, aber die Kinder haben Pullis und Decken, außerdem bewegen wir uns in den Klassenzimmern. Die Kinder machen das gut mit.“