Wo heute Wiesen und Ackerflächen sind, entsteht in wenigen Jahren ein neues, innovatives Quartier. Auf 60 Hektar sollen rund 6000 Menschen eine neue Heimat finden. Im ersten von drei Bauabschnitten werden 200 Grundstücke vergeben. So soll Wohnraum für etwa 2000 künftige Bewohnerinnen und Bewohner geschaffen werden.
Die grobe Planung steht, aber viele Details sind heute noch unklar. Auf die Fragen, die der SÜDKURIER im Namen von Bauwilligen stellte, antwortete das Projektteam Hafner um Projektleiter Lukas Esper.

Welche Formen von Grundstücksvergabe gibt es?
Es gibt vier Arten von Vergabeverfahren für unterschiedliche Zielgruppen.
- 1. Institutionelle Bauherren als Ankernutzer: Erfahrene und gemeinwohlorientierte Bauherren errichten bezahlbaren Wohnraum und halten ihn im Bestand. Hier entstehen Mietwohnungen mit Gemeinschaftsflächen. Wer den Zuschlag für die großen Grundstücke erhält, entscheidet eine Baukommission, die sich aus Mitgliedern der Stadtverwaltung und externen Experten zusammensetzt, darunter Fachleute für Architektur, Städtebau, Landschaftsplanung, Energie, Soziales und Gesellschaft. Wer die geforderten Mindestkriterien im Vergabeverfahren überschreitet, punktet zusätzlich.
- 2. Institutionelle Bauherren als Anlieger: Die Vergabe dieser Grundstücke für großen Geschosswohnungsbau ähnelt der bei institutionellen Bauherren sehr. Allerdings entfallen hier Kriterien, unter anderem zur nachbarschaftlichen Funktion (Gestaltung Innenhöfe). Über die Grundstücksvergabe entscheidet auch in dieser Kategorie eine Baukommission.
- 3. Baugruppen: Freunde oder sonstige Personen, die gemeinsam mehrere Wohnungen mit Gemeinschaftsflächen planen und bauen wollen, erhalten am Hafner Grundstücke unterschiedlicher Größe. Auch diese Flächen sollen später nicht zu Spekulationsobjekten werden. Deshalb dürfen sich nur Gruppen bewerben, die sich in einer Genossenschaft oder einem Mietshäusersyndikat zusammenschließen.
Gefordert sind auch hier bestimmte ökologische und architektonische Standards. Wer darüber hinaus punkten will, weist nach, welchen Beitrag die Baugruppe fürs Zusammenleben im Quartier leisten möchte, zum Beispiel über Gemeinschaftsräume oder soziale Angebote. Auch wer sich beruflich oder ehrenamtlich für Konstanz engagiert, wird positiv bewertet.

- 4. Selbstnutzer: Besonders Familien freuen sich darauf, am Hafner zu bauen. Die 122 Parzellen für Townhouses und 48 Parzellen für Reihenhäuser, die im ersten Bauabschnitt entstehen, werden an Familien und Mehrgenerationenprojekte vergeben. Interessierte können sich auf bis zu drei Grundstücke bewerben.

Kann ich wirklich kein Grundstück bekommen, wenn ich heute noch keine Kinder habe?
Als Mindestanforderung für ein Town- oder Reihenhausgrundstück steht in den Unterlagen „Mindestens vierköpfige Familie pro Parzelle“. Ganz so strikt wird die Vergabe aber nicht gehandhabt. Als vierköpfige Familie gilt auch ein Paar, das mit den eigenen (Schwieger-)Eltern oder in Patchwork-Konstellationen zusammenlebt. Auch, wer „glaubhaft versichert“, dass er eine Familie gründen will, kann berücksichtigt werden.
Es gibt bei der Grundstücksvergabe noch viele weitere Kriterien, darunter Architektur, soziales Engagement und flächeneffizientes Bauen. Endgültig ausgearbeitet ist die Gewichtung der einzelnen Kriterien in diesem Segment noch nicht. „Es ist nach aktueller Planung nicht davon auszugehen, dass das Kriterium Familie ein solch großes Gewicht oder eine solche Ausschließlichkeit bekommen wird, dass alle anderen Kriterien nur Beiwerk sind“, schreiben die Planer.
Wie können kinderlose Paare „glaubhaft versichern“, dass sie eine Familie gründen wollen?
Es gibt laut Stadtverwaltung Konzeptvergaben in anderen Kommunen, die sehr weitreichende Nachweise fordern. „Für die Grundstücksvergaben am Hafner strebt die Stadt Konstanz explizit einen pragmatischen Weg für Nachweise im Vergabeprozess an, auch beim Kriterium Familie“, schreibt die Pressestelle – und lässt damit einige Fragen offen. Das Vorgehen hierzu werde derzeit erarbeitet und voraussichtlich 2026 im Gemeinderat besprochen.
Kann ich mein Haus am Hafner verkaufen, wenn ich doch aus Konstanz wegziehe?
In der Hafner-Broschüre steht „Verhinderung von Weiterverkäufen und Spekulation durch Vergabe an langfristige Bestandshalter und Selbstnutzer“. Doch das Projektteam antwortet: „Das Leben kann dazwischenkommen. Und das darf es auch. Wird es nötig, das Wohneigentum zu verkaufen, so kann dies getan werden. Es muss in diesen Ausnahmefällen auch nicht unter (realem) Wert verkauft werden, reine Spekulationsgewinne sollen aber tatsächlich verhindert werden.“
Ich möchte mit einer Baugruppe bauen. Wie finde ich Gleichgesinnte?
Aus Datenschutzgründen kann die Stadtverwaltung keine Kontakte direkt vermitteln. Sie informiert aber in einem Newsletter über das Thema Baugruppen. Interessierte können sich auch per E-Mail an gemeinsambauen@konstanz.de an die Verwaltung wenden. Über den Newsletter wird demnächst auf ein geplantes Austausch- und Netzwerkformat für Baugruppen-Interessierte hingewiesen.

Kann ich am Hafner eine Eigentumswohnung kaufen?
Nein. Klassische Bauträgergeschäfte mit dem Errichten eines Gebäudes und dem gewinnbringenden Verkauf von Wohnungen sind am Hafner nicht vorgesehen.
Wo werden neue Räume für Tiere und Pflanzen geschaffen?
Wenn ein neuer Stadtteil auf oder neben einem ökologisch sensiblen Gebiet entsteht, muss dafür ein Ausgleich geschaffen werden. Zurzeit sichert das Projektteam dafür letzte Flurstücke. Derzeit werden 55 Winterlinden und Obstbäume gepflanzt sowie 300 Laufmeter Feldhecken neu angelegt, damit die Fledermäuse sich vor Baubeginn an eine neue Flugroute gewöhnen können.
Auch die Lebensräume anderer im Gebiet vorkommender geschützter Arten wie Haselmaus, Laubfrosch und Zauneidechse werden durch Biotope im Quartier aufgewertet. Weitere Ausgleichsflächen sollen überwiegend außerhalb des Hafners, aber innerhalb der Stadt Konstanz geschaffen werden. Wo genau, lässt die Stadtverwaltung offen.