Wer heute an der riesigen Grünfläche zwischen Radolfzeller und Litzelstetter Straße vorbeifährt, kann sich kaum vorstellen, dass dort in wenigen Jahren ein neues Quartier entstanden sein wird. Rund 2000 Menschen sollen im ersten von drei Bauabschnitten eine neue Heimat finden.
Gebaut wird das, worauf viele Konstanzer seit Jahren warten: Eine Mischung aus Geschosswohnungsbau für Mieter auch mit schmalerem Geldbeutel und Häusern für Bewohner, die sich den Traum vom Eigenheim erfüllen möchten. Und die geschätzten Baukosten für ein Gebäude mit PV-Anlage und Gründach sind konkurrenzfähig zu einem Haus aus Beton. Da gewinnt auch die Umwelt.
Die Projektleiter der Stadtverwaltung tüfteln seit zehn Jahren an einem Konzept, das nach Angaben von Oberbürgermeister Uli Burchardt in Europa einzigartig ist. Was sie vorhaben, klingt tatsächlich zukunftsfähig: ökologisches Bauen, soziale Durchmischung der Quartiere, keine übertriebenen Grundstückspreise durch Verhinderung von Spekulation. Aber halten die Ideen auch dem Realitäts-Check stand?

Nach einer Informationsveranstaltung zeigten sich junge Paare enttäuscht, weil sie lasen, dass die Flächen für Town- und Reihenhäuser an „mindestens vierköpfige Familien“ gehen. Sie fragen sich, warum Paare bevorzugt werden, die bereits Kinder haben. Diese haben oft eine lange Wohnungssuche hinter sich und sind kurz davor, Konstanz entnervt zu verlassen. Fraglich, ob sie das Durchhaltevermögen besitzen, noch drei bis vier Jahre auf ihr Häuschen zu warten.

Dagegen kämen die Grundstücke im ersten Bauabschnitt für Paare, die bald eine Familie gründen möchten, genau richtig. Das Problem ist nur: Wie sollen sie „glaubhaft versichern“, dass sie künftig Kinder bekommen wollen? Gut, dass als vierköpfige Familie auch gemeinsames Wohnen mit den eigenen Eltern oder Patchwork-Konstellationen zählen. Dennoch wird sich zeigen, ob Paare mit Familiengründungswillen am Hafner das Nachsehen haben.
Einige Fragn bleiben
Auch weitere Fragen lassen sich wohl erst in vielen Jahren beantworten: Kann der Grund und Boden langfristig spekulationsfrei gehalten werden? Und wie sieht die soziale Durchmischung in 50 Jahren aus? Auf lange Sicht hat die Verwaltung keinen Einfluss auf die Menschen, die am Hafner wohnen. Dennoch ist es richtig, zu Beginn Menschen zu bevorzugen, die mit Konstanz verbunden sind und sich hier engagieren.
Vom Baby bis zum Senior, vom Mieter bis zum Häuslebauer: Wird der Hafner also ein Stadtteil für alle? Nein. Er wird nicht zur Heimat für jene, die ein freistehendes Haus mit zwei Autos vor der Tür möchten. Er wird auch keine Menschen beherbergen, die nicht gewillt sind, sich wenig Platz mit vielen Nachbarn zu teilen oder in einem Stadtteil mit Vorort-Charakter zu leben. Ansonsten ist die Chance groß, dass der Hafner sich zu einem lebendigen Quartier mit guter Gemeinschaft entwickelt. Dann wird für viele Menschen das, was als Skizze auf einem Stück Papier begann, zum gelebten Traum.