30 Grad, die Sonne brennt, Regen ist nicht in Sicht. Keine guten Voraussetzungen für Obstbauern möchte man meinen. Doch Thomas Romer vom Obsthof Romer in Litzelstetten findet das gar nicht so schlimm: „Die trockenen Jahre wie heuer sind uns lieber als die nassen Jahre, so wie 2024.“ Ist es zu nass, bekämen seine Obstbäume leichter Pilzerkrankungen und die seien schlimmer als Trockenheit.
Also ist der Klimawandel gut für die Obstbauern am Bodensee? So einfach ist das nicht. Denn er sorgt nicht nur für warme und trockene Jahre. „Vor 25 Jahren haben wir festgestellt, dass die Häufigkeit von Hagelschäden zunimmt“, sagt Thomas Romer. Hagel kann nicht nur die Früchte beschädigen, sondern auch die Bäume selbst. Und verwundete Bäume haben ein höheres Risiko, krank zu werden.
„Also haben wir Hagelnetze aufgestellt, um unsere Ernten zu schützen und unsere Kunden bedienen können“, erklärt der Obstbauer. Das war die erste Anpassungsmaßnahme an den Klimawandel im Obsthof Romer. Im vergangenen Vierteljahrhundert sind noch andere hinzugekommen.
Grundsätzlich gilt, dass alle Umweltfaktoren, die nicht im optimalen Bereich liegen, Stress für die Obstbäume von Thomas Romer bedeuten. Und gestresste Pflanzen sind anfälliger für Krankheiten und Schädlinge.

Neben Hagel schützen die Netze auch gegen Starkregen-Ereignisse, die durch den Klimawandel häufiger werden. Das liegt daran, dass eine wärmere Atmosphäre mehr Wasser speichern kann. Ist der Boden zu nass, bekommen die Wurzeln der Pflanzen zu wenig Sauerstoff. Außerdem bleiben die Traktoren stecken. „Diesen Winter haben wir vier Wochen lang die Drainagen erneuert, um bei Starkregenereignissen besser entwässern zu können“, sagt Romer.
Bewässerung wird immer wichtiger
Jetzt sind trockene Jahre zwar besser als nasse, aber zu trocken ist auch nicht gut. „2003 hatten wir das erste extrem trockene Jahr seitdem ich mich um den Hof kümmere“, erinnert sich Romer. „Damals haben wir entschieden, dass wir eine Bewässerung für die Pflanzen brauchen.“ Mittlerweile lassen sich 80 Prozent der Anbaufläche des Hofs bewässern, bald sogar 90. Laut Klimaprognosen werden extreme Trockenjahre in Zukunft häufiger auftreten.

Allerdings kann auch die Bewässerung selbst zum Problem werden. Eine Studie des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland schlägt dahingehend Alarm. In der Hälfte der deutschen Landkreise werde mehr Grundwasser entnommen als durch Niederschläge wieder aufgefüllt werde.
Doch auch dafür hat Thomas Romer eine Lösung – Tröpfchenbewässerung. Statt das Wasser übers ganze Feld zur spritzen, wobei ein großer Teil einfach wieder verdunstet, wird jede Pflanze tröpfchenweise mit der nötigen Menge an Flüssigkeit versorgt. So spart Romer bis zu 70 Prozent Wasser gegenüber herkömmlicher Bewässerungsmethoden.

Nützlinge brauchen genug Nahrung
Die milderen Winter, die infolge des Klimawandels vorhergesagt werden, begünstigen außerdem die Verbreitung von Schädlingen. Diese lassen sich entweder durch Pflanzenschutzmittel oder Nützlinge bekämpfen. Um dem Insektensterben entgegenzuwirken und mehr Nützlinge bei sich anzusiedeln hat Thomas Romer Blühstreifen zwischen den Pflanzen angelegt. „Außerdem kümmern wir uns um Nistmöglichkeiten für Wildbienen, Turmfalken oder Fledermäuse“, sagt Romer.

Eine Modellanlage zur Förderung der Biodiversität am Obsthof Romer wurde vier Jahre lang wissenschaftlich begleitet und die Zahl der darin vorkommenden Tiere erfasst. „Wir haben festgestellt, dass das Nahrungsangebot den größten Einfluss auf die Artenvielfalt in unseren Anbauflächen hat.“
Die Landwirtschaft ist aber nicht nur Leidtragender
Mehr Extremwetterereignisse, Trockenjahre und Schädlinge. Landwirtinnen und Landwirte leiden besonders unter den Folgen des Klimawandels. Allerdings ist die Landwirtschaft auch maßgeblich für den Klimawandel mit verantwortlich. Rund ein Zehntel der deutschen Treibhausgasemissionen stammen dem Umweltbundesamt zufolge aus der Landwirtschaft. Den größten Teil dieser Emissionen macht Methan aus. Es ist rund 28-mal klimaschädlicher als CO2. Drei Viertel des Methans, das in der Landwirtschaft ausgestoßen wird, stammt aus dem Verdauungsprozess unserer Nutztiere.

So trägt der Konsum von Fleisch und Milchprodukten dazu bei, dass sich das Klima immer schneller erwärmt. „Die Landwirtschaft ist ein Spiegel der Gesellschaft“, sagt Thomas Romer. Die Menschen bekämen das, was sie nachfragen. Romer meint damit vor allem niedrige Preise, die auf einem globalen Markt von Großbetrieben angeboten werden und die regionale Bauern nicht liefern können. Die Aussage gilt aber genauso für Fleisch und Milchprodukte.
Vegan ist klimafreundlich
Auf diese Produkte verzichtet Martina Vogl ganz bewusst. Sie möchte den Menschen die Wahl zwischen fleischhaltig und fleischlos gar nicht erst lassen. Sie betreibt das Café Voglhaus in der Konstanzer Innenstadt – und zwar vegan. „Ich finde es ungeheuerlich, wenn Leute ihre Kinder dazu animieren, doch noch eine Wurst mehr vom Grill zu essen“, sagt Martina Vogl. „Die bringen den Kindern bei, ihre eigene Zukunft wegzufressen.“

Es ist schwierig einen genauen Wert anzugeben, wie viele Tonnen Treibhausgase durch vegane Ernährung eingespart werden. Nicht jeder Mensch, der Fleisch isst, isst gleich viel davon und Veganer, die viele Mangos und Avocados essen, verursachen mehr Treibhausgase als solche, die vor allem regionale Produkte konsumieren. Einer Studie der Universität Oxford zufolge liegt die Treibhausgaseinsparung durch vegane Ernährung aber bei rund drei Vierteln.
Und auch im Voglhaus werden die eingesparten Treibhausgase ermittelt. „Wir lassen von einer Firma aus Zürich ausrechnen, wie viele Treibhausgase wir gegenüber herkömmlichen Restaurants sparen“, sagt Martina Vogl. „Da liegen wir immer zwischen 68 und 72 Prozent.“

„Wir haben kein Erkenntnisproblem“
Deutlich über zwei Drittel der Treibhausgasemissionen, die durch unsere Ernährung entstehen, können also durch das Weglassen von Fleisch und Milchprodukten reduziert werden. ‚Und das mit Null Verzicht‘, findet Martina Vogl. „Die meisten wissen am Ende gar nicht, dass die Gerichte vegan sind. Das sind ganz normale Touristen, die zufällig über das Voglhaus stolpern und sich denken: Hier sieht es nett aus.“
Vogl ist überzeugt, dass wenn sie überall groß „vegan“ stehen hätte, deutlich weniger Menschen bei ihr essen würden. „Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem“, sagt Vogl. Fast jeder wisse, wie schädlich Fleisch und Milchprodukte fürs Klima sind. Trotzdem hätten Menschen Vorbehalte gegenüber veganer Ernährung.
Deswegen will Martina Vogl jetzt Essensschalen besorgen, an deren Boden steht, dass man gerade vegan gegessen hat. „Wenn dann jemand aufgegessen hat, sieht er oder sie, dass das Essen vegan war und hat dann hoffentlich einen Aha-Moment“, sagt Vogl. „Die Hardcore-Veganer brauche ich nicht mehr zu bekehren. Ich möchte, dass Menschen, die bisher noch kaum Berührungspunkte mit veganer Ernährung gehabt haben, sagen: Wow, das war ja richtig lecker. Das sollten wir öfter probieren.“