Klimaschutz, Brandschutz, Tierschutz – überall regeln Paragrafen und Abkommen das richtige Verhalten. Immer neue Gesetze und Verwaltungsvorschriften sollen dafür sorgen, dass das Leben noch besser und sicherer wird. Oft gibt es tatsächlich keine Alternative zu strengen Regeln, an die sich alle zu halten haben, etwa beim Kinderschutz.
Aber auch auf anderen Gebieten werden die Spielräume für die Bürger kleiner. Beim Klimaschutz etwa haben Menschen oft das Gefühl, von „den da oben“ eine Ideologie übergestülpt zu bekommen, die einen Eingriff in ihren Alltag bedeutet. Die Debatten um die Umstellung des Essens in Konstanzer Kitas und Schulmensen sowie um die Verpackungssteuer zeigen, dass es nicht gut ankommt, wenn eine Verwaltung das Verhalten seiner Bürgerinnen und Bürger vorgeben will, auch wenn es der guten Sache dient.

Noch verzwickter wird es, wenn eindeutige Vorschriften den Konstanzern Dinge verbieten, die sie nicht nachvollziehen können. Argumentiert wird mit Gefahren, die in Zukunft drohen könnten. Gefühlt häufen sich die Beispiele dafür. So wurden im Lorettowald einige Sitzbänke abgebaut mit der Begründung, dass die Bäume um sie herum auf ausruhende Menschen fallen könnten.
Die Hoheneggstraße ist seit vielen Monaten gesperrt, weil dort laut einem Gutachten eventuell nochmal der Hang rutschen könnte. Nicht einmal eine kleine Öffnung zum schnellen Durchradeln oder -gehen wird erlaubt. Das verstehen Anwohner und Nutzer des beliebten Bodenseeradwegs nicht.

Und warum erhält das Schiff der Piraten AG keine Genehmigung, am Schmotzigen Dunschtig auf dem Weg zur Befreiung einer Kita ein paar Meter weit durch die Fahrradstraße zu fahren? Weil auch ein Narrenschiff mit Zugmaschine sich selbstverständlich an die Straßenverkehrsordnung halten muss – selbst wenn es nur sechs Stundenkilometer langsam tuckert.
Aus Bürgersicht treiben solche Entscheidungen mitunter seltsame Blüten. Aus Sicht der Verantwortlichen hat alles gute Gründe. Niemand will persönlich dafür haften müssen, wenn einer Seniorin im Lorettowald ein Baum auf den Kopf fällt. Oder wenn ein Radfahrer in der Hoheneggstraße unter einem Haufen Erde begraben wird.
Denn wenn etwas passiert, ist das Geschrei groß: Warum hat das niemand verhindert? Aber vielleicht ist genau dieser Aufschrei das Problem. Unsere Gesellschaft braucht für alles einen Schuldigen. Dass es einfach Unglücke oder Schicksalsschläge geben kann, wird nicht akzeptiert.
Wo bleibt die Eigenverantwortung?
Früher drückten Amtsleiter mal ein Auge zu und nahmen ein gewisses Risiko auf die eigene Kappe. Doch in einer Zeit, in der jeder sofort einen Anwalt parat hat, um sein Recht einzuklagen, scheint das nicht mehr möglich.
Stattdessen regulieren wir uns bis ins Letzte, um jedes Risiko zu minimieren. Nur: Wo bleibt da die Eigenverantwortung der Bürger? Darf man uns nicht zutrauen, aus eigenem Antrieb vernünftig zu handeln? Ein Leben ohne Risiko gibt es nicht. Da helfen auch nicht noch mehr Vorschriften.