Ein Schreiben der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) beunruhigt einige Mieter in der Steinstraße (Nummer 6, 8 und 10) und in der Gottfried-Keller-Straße (Nummer 13, 15 und 17). Einen Tag nach Antworten an den SÜDKURIER zu den Plänen der BImA für das Areal ging ein Brief heraus, der einige Bewohner in Aufregung versetzt.
Der Vermieter teilt darin mit, dass er zusätzlichen Wohnraum schaffen wolle und deshalb unter anderem einen Abriss der Bestandsgebäude prüfe. Eine Aufstockung der Altbauten komme nach Angaben der BImA aus technischen Gründen nicht in Frage.
In den Antworten an den SÜDKURIER war von einem möglichen Abriss nicht die Rede. Manche Bewohner sind nun durch die Informationen über einen möglichen Abriss in Aufregung, andere geben sich gelassen. Sie gehen davon aus, dass es noch dauern wird, bis Nägel mit Köpfe gemacht werden. „Eine Umsetzung der Maßnahmen wird jedoch nicht vor 2023 stattfinden“, heißt es in dem Schreiben an die Mieter, das dem SÜDKURIER vorliegt.
Allerdings werden schon jetzt Wohnungen nicht wieder vergeben. Beobachtungen von Anwohnern und Nachbarn zufolge stehen in einem Gebäude an der Gottfried-Keller-Straße acht Wohnungen leer – und das bei knappem Wohnraum in der Stadt. Viele der derzeitigen Mieter sind aus dem mittleren Beamtendienst des Bundes, manche auch Beschäftigte des Landes.
Die BImA selbst sagt, ihr Ziel sei es, bezahlbaren Wohnraum in zeitgemäßer Qualität anzubieten. Sie orientiere sich stets am unteren Ende der ortsüblichen Vergleichsmiete. Dennoch sehen Bewohner die Neubaupläne mit Skepsis.
Mieter haben ihre Wohnungen auf eigene Kosten saniert
„Manche Mieter haben Angst, dass sie sich die Miete bald nicht mehr leisten können“, umreißt Gerhard Schlaich die Lage. Der Zollbeamte im Ruhestand wohnt seit rund 15 Jahren in einer großen Wohnung der Bundesanstalt. Kalt zahle er 6,92 Euro pro Quadratmeter. Er hat, wie viele andere in dem Areal, die Räume auf eigene Kosten saniert. Eine Wohnung in einem Neubau werde mit Sicherheit teurer, stellt Schlaich fest.

Wie viele andere Bewohner auch, sieht Gerhard Schlaich den Sanierungsbedarf in den Bestandsbauten, aber auch die günstigen Mieten, auf die viele angewiesen seien. Er geht davon aus, dass die BImA darüber informiert, welche Absichten sie verfolgt und wie sie mit langjährigen Mietern umgehen will.
Erst danach könne man über das weitere Vorgehen sprechen. Schlaich ist nicht nur gewohnt, in großen Räumen zu leben, er wendet einen Teil des Platzes auch für den Verein Fahnenschwinger Konstanz auf, in dem zwölf Mitglieder Spitzenleistungen erbringen und es bereits bis zu Weltmeistertiteln geschafft haben.
Als unschlagbar günstig bezeichnet Achim Kleinmann seine 52-Quadratmeter-Wohnung, für die er 475 Euro warm bezahlt: „Billiger kann man in Konstanz nicht wohnen.“ Es gebe aufgrund der alten Bausubstanz zwar einige Nachteile, doch er sei zufrieden, sagt der Beschäftigte der Universität. Für ihn sei die Frage, wie viel Miete er bezahle auch entscheidend dafür, wie es nach seinem Herzinfarkt weiter gehen soll.
Er liebäugle mit dem Vorruhestand, sagt der 63-Jährige: „Wenn ich früher gehe, kann ich mir keine teure Wohnung leisten.“ In Konstanz allerdings eine Wohnung zu finden, und dann noch eine bezahlbare, sei eine ganz schwierige Aufgabe. Achim Kleinmann sagt, er wünsche sich weitere Informationen von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Er habe aber den Eindruck, dass sie selbst noch nicht genau wisse, wohin die Reise gehen soll.
Vorstellungsrunde im Gemeinderat am 16. September
Die BImA hat auf eine erneute SÜDKURIER-Anfrage bislang nicht geantwortet. In einer früheren Stellungnahme von Thorsten Grützner, Vertreter der Bundesanstalt, war gegenüber der Redaktion noch von lediglich einem Neubau entlang der Steinstraße die Rede und von Prüfungen, ob auf dem Grundstück andere Optionen zur Schaffung zusätzlicher Wohnungen bestehen.
Grützner teilte mit, die Prozesse würden mit der Stadt abgestimmt und die Mieter würden rechtzeitig eingebunden. Im Brief an die Mieter kündigte die Anstalt des öffentlichen Rechts allerdings schon erste Vorstellungsrunden des Vorhabens im Technischen Ausschuss des Gemeinderats am 16. September und im Gestaltungsbeirat am 22. September an.