„Pssst! Nicht so laut“, flüstert Mathias Trempa vom Musikverein Konstanz-Wollmatingen. Auf leisen Sohlen schleicht er klammheimlich über die grüne (Kunst-)Grenze von Deutschland in die Schweiz, konkret: von Konstanz nach Kreuzlingen.

Mathias Trempa vom Musikverein Konstanz-Wollmatingen
Mathias Trempa vom Musikverein Konstanz-Wollmatingen | Bild: Aurelia Scherrer

Dann lacht er schallend, denn es war nur die Probe aufs Exempel. Der Musikverein Wollmatingen bricht erst am Tag des Konstanzer Seenachtfests, 13. August, auf, um die Seiten zu wechseln und bei der Kreuzlinger Konkurrenzveranstaltung Fantastical aufzutreten. Die bekannten Konstanzer Musik-Lokal-Matadoren trauen sich was! Hat das Schweizer Organisations-Komitee (OK) etwa mit klingenden Schweizer Franken gelockt?

Mathias Trempa verneint vehement. „Sie kennen uns von Auftritten bei Konstanzer Festen. Das OK hat uns ganz offiziell angefragt“, erklärt der Musikus, der bis vor wenigen Tagen noch dem Verein vorstand, aber freiwillig Platz für einen jungen Nachfolger gemacht hat. Die Anfrage habe der Verein schon vor mehr als zwei Jahren erhalten, aber damals machte die Pandemie alle Vorhaben zunichte. „Eigentlich würden wir ja schon das dritte Mal beim Fantastical spielen. Es wäre schon Tradition“, witzelt Mathias Trempa, der sich schon jetzt auf die bevorstehende Premiere des neuen Brauchs freut.

Warum kehren sie Konstanz den Rücken?

Die Antwort ist ganz einfach: Die Konstanzer Seenachtfestveranstalter hatten den Musikverein Wollmatingen nicht angefragt. Punkt. Okay, vor Jahren – als andere Veranstalter in Konstanz am Werk waren – seien die Wollmatinger angesprochen worden, berichtet Mathias Trempa. „Eintrittskarten verkaufen oder Waffeln backen, das ist nichts für uns, außer bei unserem eigenen Fest“, stellt er fest.

Wenn es um ein anderes Fest geht, dann gibt es für die Orchestermitglieder nur eins: „Dann machen wir Musik!“ Aber das ist nicht alles. „Wir sind ein grenzüberschreitender Verein, sagt Trempa. Auftritte in der Schweiz seien Usus. Ob Salensteiner Chriesifäscht oder Bundesfeier in Altnau – das Konstanzer Orchester ist gefragt.

Das könnte Sie auch interessieren

Und doch ist das Fantastical 2022 für den großen Verein eine spezielle Herausforderung, nicht nur wegen der zweijährigen Pandemie-Pause. „Eigentlich haben wir nach dem Auftritt beim Reichenauer Wein- und Fischerfest Sommerpause“, meint Trempa. Trotzdem trommeln sie für das Fantastical alle zusammen, denn das Engagement reizt die Musikanten.

„Bei den üblichen Festen kennen wir das Publikum ganz genau. Das ist für uns jetzt eine Chance, uns einem anderen Publikum zu zeigen. Da müssen wir mal raus aus der Komfortzone“, meint Trempa und fügt ernsthaft an: „Vielleicht sind wir ein klein wenig Botschafter. Für mich ist es eigentlich ein Fest, Konstanz und Kreuzlingen sind für mich eine Stadt. Die Grenze ist künstlich.“ Er hält kurz inne, schaut auf die Kunstgrenze und spricht weiter: „Im wahrsten Sinne des Wortes.“

Konstanzer Musiker umzingeln den Trichter

Dann kommt er auf die befreundeten Musikkameraden zu sprechen: Die Musikvereine Allmannsdorf und Eintracht Petershausen, die beim Konstanzer Seenachtfest traditionell in der Seestraße spielen. Voller Vorfreude schwärmt Mathias Trempa: „Der ganze Konstanzer Trichter wird von Konstanzer Musikvereinen – sichtbar für alle – umzingelt sein.“ Zudem sei angemerkt: Der Musikverein ist am Samstagabend Headliner auf der Allee-Bühne nahe der Grenze. Mathias Trempa lacht: „Tja, das musst du erstmal schaffen!“

Am Vorabend des Seenachfestes geht es beim Fantastical immer rund. Und was passiert auf der Allee-Bühne? Ilja Werner – der, wenn es um Musik und Gesang geht, fast überall mit von der Partie ist – tritt mit seinem neuen Chor Rock Maritim auf. „Ok-Präsident Markus Baiker hat unseren Vorsitzenden gefragt“, erzählt Werner. „Und wir haben gemerkt, dass das OK etwas Mühe hat, das Line-up zu füllen.“

Dirigent Ilja Werner will mit der neuen Konstanzer Formation „Rock maritim“ beim Kreuzlinger Fantastical für Furore sorgen.
Dirigent Ilja Werner will mit der neuen Konstanzer Formation „Rock maritim“ beim Kreuzlinger Fantastical für Furore sorgen. | Bild: Kuhnle&Knoedler

Ilja Werner macht eine kleine Kunstpause, um mit seinem typischen Selbstbewusstsein seine spontane Zusage zu verkünden: „Dann mach ich die Bühne mit meiner Mafia voll.“ Kurzerhand hat er in seinem Musikerumfeld herumgefragt und schwupps: Das Programm von 18 bis 1 Uhr nachts steht, denn neben Rock Maritim treten unter anderem auch noch der Shanty-Chor, Sixty Groove, Big Band 2.0 sowie New Jams auf.

Schon ein bisschen hart, wenn die neuen Veranstalter des Seenachtfestes danach trachten, auch programmatisch konstanzerischer zu werden, die Vereine aber einfach rübermachen. „Interna kenne ich nicht“, meint Ilja Werner schulterzuckend. Nur eines kann er sagen. Von den Vorgänger-Veranstaltern „habe ich nie einen Auftrag bekommen“. Mit den neuen Organisatoren hatte er noch keinen Kontakt. Aber das könne ja noch werden. Oder wie sagt Ilja Werner? „Am Freitag sind wir ins Kreuzlingen. Am Samstag hätten wir noch Zeit…“

Das könnte Sie auch interessieren