Aktuell ruft die Gewerkschaft Verdi Angestellte im öffentlichen Dienst dazu auf, ihre Arbeit niederzulegen. Das ist nichts Ungewöhnliches, doch in jüngster Zeit treten Gewerkschaften mit gestärktem Selbstbewusstsein auf. Im jetzigen Tarifkonflikt fordert Verdi ein Lohnplus von acht Prozent oder mindestens 350 Euro monatlich mehr auf dem Gehaltszettel.

Arbeitnehmer am längeren Hebel

Was am Ende bei den Verhandlungen herauskommt, steht noch aus. Trotzdem ist jetzt schon klar, wie die Tarifverhandlungen der vergangenen Jahre gezeigt haben: Arbeitnehmer sind im Moment in einer starken Position. Bei einem sich stetig verschärfenden Personalmangel gerade im Sozialen können die Angestellten ganze Bereiche des öffentlichen Lebens stillstehen lassen. Keine Erzieherin braucht Angst vor einer Entlassung zu haben, auch ein Busfahrer findet sofort einen neuen Job, sobald ein Arbeitgeber ihm ungemütlich wird. Die Arbeit niederzulegen, um Interessen durchzusetzen, braucht weniger Überwindung als in früheren Jahren.

Zumal Arbeitnehmer, die in Berufen der kritischen Infrastruktur arbeiten, gute Argumente mitbringen: Da ist die Teuerung gerade bei Lebensmitteln, die das Verständnis für Lohnforderungen erhöht. Zweitens bewirkt der Personalmangel, dass mehr und zunehmend im Stressmodus gearbeitet wird. Der Ruf nach Entlastung der Arbeitsbedingungen ist also berechtigt.

Das könnte Sie auch interessieren

Steigende Kosten für Kommunen

Es gibt aber auch eine andere Seite: Seit Jahren steigen bei den Kommunen die Personalkosten. Die Kommunen reagieren auf die Zunahme ihrer Aufgaben mit einer Ausweitung der Stellenzahl, allein deswegen steigen die Ausgaben für Gehälter. Zweitens steigen Lohnkosten mit jeder Tariferhöhung. So verdienen Erzieherinnen auch in Konstanz deutlich mehr als noch vor wenigen Jahren.

Hinzu kommt die geografische Lage: So ist es für Busfahrer und Krankenpfleger ein Leichtes, in die Schweiz zu wechseln, sattes Lohnplus inklusive. Ihre Arbeitgeber diesseits der Grenze müssen sich anstrengen, ihre Mitarbeiter zu halten: sei es mithilfe guter Arbeitsbedingungen oder mit guten Löhnen, am besten mit beidem.

Das könnte Sie auch interessieren

Finanzierung über Gebühren oder Steuern

Wer finanziert am Ende die steigenden Löhne? Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder die Nutzer der jeweiligen Dienstleistung werden zur Kasse gebeten – also die Eltern der Kitakinder oder die Fahrgäste im Bus – oder die Lücke wird über Steuergelder gedeckt. Dann zahlt die Allgemeinheit. Welches Prinzip besser ist, ist nicht pauschal zu lösen. Im schlechtesten Fall steigt Wohlstand nicht, sondern wird unter den geringer Verdienenden umverteilt. Was bei der Busfahrerin hinzukommt, fehlt bei der Familie, die die Kitagebühren begleichen muss.

Letztlich ist daher Konstanz als Kommune aufgerufen, der Stellenvermehrung in der Verwaltung entgegenzuwirken. Denn die knapper werdenden Gelder werden künftig für die wesentlichen Dinge der Daseinsvorsorge gebraucht: für klimafreundliche Mobilität, Gesundheitswesen, Kinderbetreuung. Und diese Dienstleistungen gehören vernünftig bezahlt.

Das könnte Sie auch interessieren