Jetzt geht es doch schneller langsamer als gedacht: Auf der Kindlebildstraße zwischen dem Bahnhof Reichenau und Wollmatingen/Radolfzeller Straße wird innerorts in Kürze Tempo 30 angeordnet. Darüber informierten das Regierungspräsidium Freiburg (RP) sowie die Straßenverkehrsbehörden der Stadt und des Landratsamtes Konstanz am Montag, 4. März, in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Grund dafür sei dringender Handlungsbedarf in Sachen Lärmschutz.

Nach Angaben der Behörden haben sich die Verkehrszahlen in den beiden Ortsdurchfahrten Lindenbühl und Wollmatingen deutlich erhöht und führen zu Lärmwerten, die sich teilweise im gesundheitskritischen Bereich befinden. Das habe eine gutachterliche Lärmuntersuchung ergeben, die das RP nach Veröffentlichung der an der Zählstelle Eichbühl gemessenen Verkehrszahlen im Herbst 2023 beauftragt hatte.

Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass bei der derzeit zulässigen Geschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde unzumutbare Lärmwerte vorliegen. „Das bedeutet, dass eine Gefahrenlage im Sinne der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften gegeben ist“, heißt es in der Mitteilung weiter.

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Anzahl der Fahrzeuge hat sich fast verdoppelt

Damit können die Straßenverkehrsbehörden unabhängig von der anstehenden Abstufung der derzeitigen Landesstraße lärmmindernde Maßnahmen wie Geschwindigkeitsbeschränkungen anordnen. Bisher hieß es immer, sie wäre Voraussetzung für die Temporeduzierung – der Zeitplan dafür war unklar. Nun haben die Behörden einen anderen Dreh gefunden. Die Abstufung zur Gemeindestraße wird laut RP aber ebenfalls noch in diesem Jahr umgesetzt.

Für weitere lärmmindernde Maßnahmen liegen die Voraussetzungen nach Angabe der Behörden dagegen nicht vor. Der Verkehr auf der Kindlebildstraße hatte im vergangenen Jahr weiter zugenommen, wie Harald Müller von der Bürgerinitiative Eichbühl-Kindlebild (BI) erst kürzlich festgestellt hatte. Im dritten Quartal 2023 waren es laut Zählstelle täglich im Schnitt 3974 Fahrzeuge, an Werktagen sogar 4368. Vor zwei Jahren lag die Zahl noch bei etwa 2200.

Harald Müller ist zwar das Gesicht der Bürgerinitiative, aber nicht allein: Rund 50 Anwohner bringen sich ein.
Harald Müller ist zwar das Gesicht der Bürgerinitiative, aber nicht allein: Rund 50 Anwohner bringen sich ein. | Bild: Thomas Zoch

Gestiegen ist das Verkehrsaufkommen vor allem seit der Schließung der L220 zwischen der Waldsiedlung Reichenau und Wollmatingen Mitte Juli 2022. Offenbar nutzen Autofahrer – vor allem auch Ortsfremde mit Navi – seitdem bevorzugt die Kindlebildstraße, anstatt wie von den Verkehrsplanern vorgesehen über die B33 und die Westtangente zu fahren, mutmaßte auch Müller in einem SÜDKURIER-Beitrag im Februar.

Vier Anwohner aus der Bürgerinitiative hatten im Sommer 2023 beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage gegen das RP wegen der Sperrung der L220 erhoben und wenig später einen Eilantrag nachgeschoben. Diesen haben die Richter mittlerweile abgelehnt. An der Klage halten die Bewohner jedoch fest.

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Bürgerinitiative geht das nicht weit genug

Die Temporeduzierung ausschließlich in den Ortslagen sieht Müller weiterhin kritisch. „Wir begrüßen, dass jetzt in Sachen Tempolimit und Lärm ein Umdenken eingesetzt hat“, sagte er. Doch leider werde der Kern des Problems, die massive Verkehrszunahme durch den Schleichverkehr, überhaupt nicht tangiert. Wenn nur im innerörtlichen Teil der Kindlebildstraße das Tempo auf 30 gesenkt werde, ändere sich nämlich genau genommen gar nichts, da man dort sowieso nicht schneller fahren könne.

Der Verkehr in den Orten werde jetzt schon durch parkende Autos oft gebremst, was aber die Zunahme nicht verhindert habe. Es brauche Tempo 30 auf der ganzen Strecke, dies sollte zudem überwacht und möglichst durch straßenbauliche Maßnahmen wie Schwellen begleitet werden. Der Eichbühl selbst, der zu Konstanz gehört, erstreckt sich parallel zur Kindlebildstraße, die dort bereits außerorts verläuft. Müller dazu: „Es ist nicht einzusehen, warum eine unzumutbare Lärmbelastung für Anlieger jenseits des Ortsschildes plötzlich zumutbar sein soll.“

Auf den letzten Metern Richtung Bahnhof Reichenau gilt im Bereich Lindenbühl wegen des folgenden unübersichtlichen Kreuzungsbereichs ...
Auf den letzten Metern Richtung Bahnhof Reichenau gilt im Bereich Lindenbühl wegen des folgenden unübersichtlichen Kreuzungsbereichs bereits Tempo 30. | Bild: Thomas Zoch
In der Gegenrichtung beginnt hier Tempo 50, und zwar durchgängig bis zur Radolfzeller Straße in Wollmatingen. Dort gilt übrigens bereits ...
In der Gegenrichtung beginnt hier Tempo 50, und zwar durchgängig bis zur Radolfzeller Straße in Wollmatingen. Dort gilt übrigens bereits Tempo 30 wegen Lärmschutz. | Bild: Sven Frommhold

In einer Online-Petition, die von 352 Menschen unterstützt wurde und an das Regierungspräsidium Freiburg, die Stadt Konstanz, die Gemeinde Reichenau sowie Landrat Zeno Danner gerichtet war, hatte die BI zur Verkehrsberuhigung auf der Kindlebildstraße neben Tempo 30 unter anderem auch die Lenkung des Verkehrs auf die Westtangente, zum Beispiel durch flüssige Ampelschaltungen, Radarüberwachung auf der Kindlebildstraße, Rechts-vor-links-Regelungen bei den Einmündungen Feurstein- und Seerückenstraße und Lärmschutzwände wo immer möglich gefordert.

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Der Konstanzer Oberbürgermeister Uli Burchardt geht in einem Brief an die Bürgerinitiative von Ende Februar relativ ausführlich auf die Forderungen der BI ein – und erklärt, dass und warum die meisten davon, etwa auch ein Lastwagen-Durchfahrtsverbot, nicht umsetzbar sind. Die Verkehrszeichen für Tempo 30 innerorts würden nun schnellstmöglich aufgestellt, heißt es in dem Schreiben weiter.

Doch die BI ist nicht zufrieden. Eine Reduzierung des Schleichverkehrs sei von der Stadt Konstanz selbst ins Planfeststellungsverfahren für die Westtangente geschrieben worden – für den Fall, dass der Verkehr auf mehr als 1900 Fahrzeuge pro Tag anwächst. Jetzt wolle sie davon nichts mehr wissen, kritisierte Müller.

Ab ungefähr hier sollen dann wieder 50 Kilometer pro Stunde möglich sein. Auch wenn das Ortsausgangsschild Lindenbühl etwas später ...
Ab ungefähr hier sollen dann wieder 50 Kilometer pro Stunde möglich sein. Auch wenn das Ortsausgangsschild Lindenbühl etwas später kommt, ist links schon Konstanzer Stadtgebiet. | Bild: Sven Frommhold

In welchem Bereich gilt dann Tempo 30?

Bisher gilt auf der gesamten Straße ab Bahnhof Reichenau bis zur Radolfzeller Straße in Wollmatingen Tempo 50, ausgenommen ein kurzes Stück direkt vor beziehungsweise nach der unübersichtlichen Kreuzung mit Bahnschranke, wo die Höchstgeschwindigkeit bei 30 liegt.

Das Landratsamt will nach Auskunft von Sprecherin Marlene Pellhammer noch diese Woche auf Reichenauer Gemeindegebiet Tempo 30 anordnen. Die Begrenzung endet dann kurz vor der Seerückenstraße auf Höhe der Freilufttennisplätze. Bei Tempo 50 würde es auf den 700 Metern zwischen dort und Ortseingangsschild Konstanz bleiben, während danach wieder 30 gilt.