Wenn man bei der Corona-Krise überhaupt von positiven Folgen sprechen kann, dann gehört diese zweifellos dazu: In Konstanz sind ebenso wie in ganz Deutschland neue Nachbarschaftshilfen entstanden. Der SÜDKURIER hat mit seiner Initiative SKverbindet ebenfalls einen Beitrag dazu geleistet. Viele dieser Plattformen sind allerdings ausschließlich durch die Pandemie entstanden und werden nach Corona, wann auch immer das sein wird, vermutlich wieder verschwinden.
Eine soziale App
Ein paar Studenten der Universität und der Hochschule Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) Konstanz planen dagegen ein längerfristiges soziales Projekt, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Das Ziel: eine App für gemeinnützige Aktionen, mit der engagierte Bürger, Organisationen und Hilfesuchende zusammengebracht werden.
Julia Birk, die im Team für die Kommunikation verantwortlich ist, sagt: „Wir sind eine Gruppe junge Studierende aus Konstanz und haben eine Vision – gesellschaftliches Engagement und besonders das systematische Ehrenamt langfristig und nachhaltig zu fördern.“
Sie nennen das Projekt Impact, also Wirkung. Das Team plant eine zunächst lokale, später aber auch bundesweite nicht kommerzielle, digitale Open Source (also für alle offene) Plattform – und zwar in Form einer App für das Smartphone. Die Impact-App soll so etwas wie das Zuhause für gemeinnützige Aktionen werden.
Zu wenig Ehrenamtliche
Das Angebot könnte gleich mehrere Probleme lösen. „Organisationen haben es immer schwerer, junge, motivierte und engagierte Ehrenamtliche anzuwerben“, sagt Julia Birk. „Und die jungen Leute, die grundsätzlich eigentlich interessiert wären, haben oft Schwierigkeiten, passende Angebote für sich zu finden.“
Das Team um Impact versucht sich nun am sogenannten Matching, frei übersetzt aus der digitalen Partnervermittlung. Die Frage lautet, wie gut ein Hilfsbereiter und ein Hilfesuchender zueinander passen. Der Algorithmus, der das errechnen soll, wird von den beiden Impact-Gründern Fabian Ehehalt und Tobias Steinel eigens dafür programmiert.
Einfaches „Matching“ soll Hemmungen nehmen
Diese einfache und effiziente Art, mit einer Person oder Organisation zu „matchen“, soll Hemmungen nehmen und es für junge Menschen einfacher machen, die erste Hürde des sozialen Engagements zu überwinden. Denn der Algorithmus gleicht die Fähigkeiten und Bedürfnisse der Beteiligten ab, um passende Vorschläge zu machen.

Einbezogen werden sowohl engagierte Bürger als auch Organisationen wie das Deutsche Rote Kreuz oder der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Der Hilfesuchende kann angeben, was genau er benötigt, also beispielsweise eine Person für das Einkaufen, die Kinderbetreuung oder Altenpflege.
Eine Helfender muss wiederum im Zuge des Anmeldeverfahrens angeben, was er übernehmen will, welche Fähigkeiten er besitzt und wie viel Zeit er dafür hat. Danach führt die App den Suchenden und den Helfenden zusammen. Zudem soll das Programm dem Nutzer immer wieder andere gemeinnützige Dinge wie Blut- oder Organspende vorschlagen. Auch davon erhoffen sich die Studenten eine Steigerung der Bereitschaft in diesen Bereichen.
Zu wenig Anreiz
Ein weiterer Fallstrick von ehrenamtlichem Engagement ist laut Julia Birk, dass den jungen Menschen zu wenig dafür geboten wird. Ehrenamtliche Tätigkeiten seien zwar sozial hoch angesehen, allerdings reiche das als Anreiz allein oft nicht mehr aus.
„Deswegen arbeiten wir gerade mit unseren Partnern und dem Kultusministerium ein eigenes Wertschätzungssystem aus“, sagt Birk. Das soll dann in Form eines von diesen Organisationen anerkannten Zertifikats kommen und Helfer dazu anregen, sich zu beteiligen.
Alles digital entwickelt
Das Team um Impact wurde Anfang 2020 unter Freunden gegründet, kurz bevor der Corona-bedingte Lockdown in Deutschland Einzug hielt. Heute besteht das stetig wachsende Team aus 20 Studierenden, manche haben Impact bereits verlassen, andere sind dazugekommen. Besonders bemerkenswert: Die bisherigen Fortschritte hat das Team aufgrund der Pandemie allein auf digitalen Wegen erreicht.
Julia Birk sagt: „Ich habe ein paar Mitglieder von Impact noch nicht einmal per Video-Chat gesehen und schon gar nicht in der Realität getroffen. Aber wir sind selbst alle erstaunt, wie gut das alles über das Internet funktioniert hat.“ Am Freitag, 3. Juli, fand erstmalig ein Treffen aller Beteiligten statt. Als nächster Schritt soll in wenigen Wochen die eigene Internetseite yourimpact.eu starten, die App wird später folgen.