Es ist ein Filetgrundstück direkt am See, das brach liegt. Was könnte man sich an dieser Stelle nicht alles vorstellen! Doch Klein Venedig fristet ein Schattendasein. Viele Konstanzer schämen sich ob des ungepflegten Geländes und blicken neidvoll auf die Schweizer Seite mit der attraktiven Ufermeile und dem gepflegten Seeburgpark, der ohne perfektionistischen Ansatz bei allen Generationen gut ankommt.
Aber immerhin: Es wird geplant. Im Jahr 2021 legte die Verwaltung dem Technischen und Umweltausschuss schon mal eine Grobplanung vor für ein grenzüberschreitendes, „komplexes, öffentlichkeitswirksames Großprojekt“, wie es seinerzeit in der Sitzungsvorlage hieß.
Schon wieder eine Planung für ein Großprojekt? Was wurde für Klein Venedig nicht schon alles geplant und dann doch nicht umgesetzt. Die Diskussionen reichen bis in die 1980er-Jahre zurück, wie die ehemalige Mülldeponie besser genutzt werden könnte. Immer wieder klagten Bürger im Laufe der Jahre laut, dass Klein Venedig ein Bild der Verwahrlosung biete.
Traum vom Konzerthaus geplatzt
Ende der 2000er-Jahre gab es das Bestreben, ein Konzert- und Kongresshaus zu errichten; doch ein Bürgerentscheid ließ den Traum platzen, die Planungen wurden ad acta gelegt. 2013 kam dann der große Aufschlag: der grenzübergreifende Europan-Wettbewerb für die Entwicklung von Klein Venedig.
Der Sieger wurde gekürt – umgesetzt wurde nichts. Knapp zehn Jahre später widmet sich die Stadt einer neuerlichen Planung, die sich am Europan-Wettbewerb orientiert: dem oben genannten komplexen, öffentlichkeitswirksamen Großprojekt.
Das scheint typisch für Konstanz zu sein: Man sieht ein Manko, diskutiert leidenschaftlich, lobt Wettbewerbe aus, macht Pläne, die zumeist aus Kostengründen letztlich in irgendeiner Schublade verschwinden. Die Marktstätte beispielsweise hätte mit aufwändigem Mosaikboden und hängenden Laternen der Festsaal der Stadt werden sollen. Geschehen ist – nichts. Müssen es denn immer großartige Prestige-Projekte sein, deren Planungen viel Geld kosten und dann mangels Finanzierbarkeit doch nicht umgesetzt werden?
Kann sich die Konzilstadt nicht mit einer pragmatischen, einfachen, kostengünstigen Variante zufriedengeben, welche sich die Stadt auch leisten und umsetzen kann? Andere machen es vor. Der Neubau des Schwaketenbads dauerte viel länger und wurde viel teurer, während in Friedrichshafen ruckzuck ein Sportbad gebaut wurde. Das überdimensionierte Fahrradparkhaus ist in der Bürgerschaft strittig; andere Kommunen haben einfach simple und günstige Boxen aufgestellt.
Das Areal verändert sich – langsam
Immerhin tut sich was auf Klein Venedig. Dafür kann man fast den Jugendlichen, die an Herosé und Schänzle Party machen, dankbar sein. Sie haben das Feiern übertrieben, damit aber Handlungsdruck auf Politik und Verwaltung ausgelöst, sodass seit dem Jahr 2020 wenigstens ein paar kleine Verbesserungen auf dem Areal umgesetzt wurden und werden, allerdings nur provisorisch und möglicherweise nur halbherzig.
Dass auf Klein Venedig überhaupt etwas passiert, ist vor allem dem Präventionsrat zuzuschreiben. Sein Ziel: Die Hotspots, darunter die Herosé-Meile, zu entzerren, indem auf Klein Venedig ein entsprechendes Angebot gemacht wird.
Seither gibt es jedes Jahr kleine, preiswerte Veränderungen, immer stückchenweise und gefühlt immer irgendwie mit angezogener Handbremse. Die See-Oase, der kleine saisonale Gastro-Betrieb, der aufgrund von Veranstaltungen zwischenzeitlich alle Generationen anzieht, ist seit 2021 das Herzstück des improvisierten Unterfangens.
Doch auch hier offenbart sich das Provisorium, denn essenziell für Wohl und Wehe der See-Oase ist eine öffentliche Toilette, über die sich auch viele Spaziergänger freuen; schließlich gibt es Bedürfnisanstalten nicht in Hülle und Fülle. Doch genau hier tut sich die Stadtverwaltung schwer. Zwischenzeitlich steht zwar ein Toiletten-Container. Trotzdem bleibt der öffentliche Toilettenwagen Dauerthema: Er ist immer wieder defekt und für längere Zeit geschlossen.
Was sollen die Besucher auf Klein Venedig nun tun, wenn sie ein dringendes Bedürfnis haben? Im Gegensatz zu diesen Menschen scheinen die Verantwortlichen es mit der Mängelbehebung nicht gar so pressant zu haben. Nur schwer kann man sich des Eindrucks erwehren, dass sich der Enthusiasmus in Grenzen hält, wenn es sich um Engagement in Sachen Attraktivitätssteigerung auf Klein Venedig handelt. „Mühsam nährt sich das Eichhörnchen. Der große Wurf ist es noch nicht“, formulierte jüngst Manfred Hölzl vom Präventionsrat im Interview.
Die Stadt kann, wenn sie will
Auf den großen Wurf, was die letzte vorliegende Planung anbelangt, werden die Konstanzer möglicherweise noch länger warten. Mit Blick auf die leere Stadtkasse dürfte eine Umsetzung in den kommenden Jahren eher unwahrscheinlich sein.
Dabei würden sich die Bürger eher Pragmatismus wünschen: Mehr Schatten spendende Bäume, gepflegtere Grünflächen und eine verbesserte Infrastruktur, damit Veranstalter entsprechende Rahmenbedingungen für Messe, Konzerte und dergleichen haben, schließlich gibt es keinen anderen Festplatz in Konstanz.
Es braucht eben nicht immer Prestige-Projekte. Beim Konzilvorplatz hat es ja letztlich auch funktioniert. Für den seeseitigen Eingang der Stadt hatte es auch hochtrabende Pläne nach einem Wettbewerb gegeben, die nicht umgesetzt wurden. Jahre später hat das Hochbauamt eine Planung für wenig Geld vorgelegt und zügig umgesetzt.
Die Stadt kann also, wenn sie will. So sollte sie auch bei Klein Venedig vorgehen: preiswerte Lösung und rasche Realisierung. Wichtig ist, die gefühlte Endlosschleife – leidenschaftliche Diskussion, Wettbewerbe, Planungen und Stillstand – endlich zu durchbrechen.