Die Südwestdeutsche Philharmonie, das einzige Berufsorchester im großen Umkreis, braucht eine neue Leitung. Intendantin Insa Pijanka legt ihr Amt in diesen Tagen nieder, und der Gemeinderat hat hinter verschlossenen Türen eine Abfindung in fünfstelliger Höhe freigegeben. Das bestätigten mehrere Quellen am Tag nach der Entscheidung, auf die es zuletzt schon hinauszulaufen schien.

Am Abend bestätigte auch die Stadtverwaltung die Trennung, ohne Details zu nennen. Die fast sofortige Freistellung erfolge auf Pijankas Wunsch. Pijanka hatte vor allem in der bisherigen Schutzmacht des Orchesters, dem bürgerlichen Lager, an politischem Rückhalt verloren. Zuvor war das Orchester – auch durch Konzertabsagen in der Corona-Pandemie – in eine finanzielle Misere geraten.

Eigentlich sollte sie bis Sommer 2025 bleiben

Mit der Trennung verlässt die Intendantin die Philharmonie noch vor Ablauf des Fünf-Jahres-Vertrags, den sie ursprünglich mit der Stadt bis Sommer 2023 abgeschlossen hatte. Die vom Gemeinderat 2022 mit knapper Mehrheit beschlossene Verlängerung um zwei Jahre bis Sommer 2025 kann sie gar nicht erst antreten.

Pijanka war auch wegen der ohne Ausschreibung erfolgten Vergabe eines mehr als 70.000 Euro schweren Beraterauftrags in die Kritik geraten. Außerdem hatte sie mehrere urheberrechtlich geschützte Texte unter ihrem eigenen Namen veröffentlicht, die sie nicht selbst geschrieben hatte. Dafür bat sie bereits um Entschuldigung.

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Die Bürgerlichen verloren das Vertrauen

Das Zerwürfnis zeichnete sich schon länger ab. In einer Sitzung des Orchesterausschusses des Gemeinderats am 17. November vergangenen Jahres war erhebliche Kritik an Pijankas Arbeit laut geworden. Insbesondere aus CDU, der FDP und Teilen der Freien Wähler kamen Fragen zur wirtschaftlichen Lage des Orchesters, das zusammen mit der Musikschule als städtischer und mit mehreren Millionen Euro im Jahr bezuschusster Eigenbetrieb geführt wird.

Finanzielle Lage der Philharmonie ist umstritten

Kontrovers diskutiert wird in der Folge die Höhe des Defizits. Die CDU-Fraktion spricht in ihrem Antrag zur Sitzung davon, die geplante „Unterdeckung des Haushaltes in Höhe von 357.000 Euro“ sei „um weitere 250.000 Euro überschritten“ worden (wir berichteten). Pijanka selbst weist in einem Anwaltsschreiben darauf hin, dass „das Betriebsergebnis des Jahres 2021 im Vergleich zum genehmigten Wirtschaftsplan um 74.030 Euro besser ausgefallen“ sei.

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Tatsächlich lassen sich die von der CDU aufgeführten Summen dem Jahresbericht 2021 zwar entnehmen, allerdings als negativer Deckungsbeitrag im laufenden Konzertbetrieb. Im Jahresbericht heißt es dazu: „Der Deckungsbeitrag Konzertbetrieb hat sich im Wirtschaftsplan-Vergleich um rund 282.000 Euro verschlechtert“.

Der Betriebsteil der Philharmonie schließt 2021 dennoch mit einem geringen Jahresüberschuss ab, weil an anderer Stelle Einsparungen erzielt werden konnten sowie unter anderem nicht geplante Auflösungen von Rückstellungen und zusätzliche Förderprogramme, Stiftungs- und Vereinsmittel zu höheren Erlösen führten.