Diese Kommunalwahl zehrte an den Nerven der Bürger und der Kandidaten. Sie alle hatten erwartet, dass vorläufige Wahlergebnisse bereits am Montag vorliegen würden. Daraus wurde nichts. Dann eben Dienstag, wo sich einige Interessierte schon zum zweiten Mal einfinden. An diesem Tag soll es nun klappen. Um 14.30 Uhr ist es freilich noch dunkel im Kraftzentrum der Konstanzer Kommunalpolitik.

Das lange Warten zehrt an den Nerven

Energie ist dennoch im Raum. „Es ist meine sechste Kandidatur, aber so ein Warten hatten wir noch nie“, stellt Dorothee Jacobs-Krahnen (FGL&Grüne), seit 25 Jahren im Konstanzer Gemeinderat, fest. „Meistens waren die Ergebnisse bereits am Montag da. Dass man bis Dienstagnachmittag warten muss, das gab es noch nie.“

Für die Kandidaten sei das eine nervliche Belastung. Sie spricht aber auch die Probleme bei der Briefwahl und die langen Wartezeiten beim Urnengang an. „Ich weiß nicht, was da schiefgelaufen ist. Wenn die Bürger wählen wollen, müssen sie auch wählen können.“

Wahlprobleme müssen aufgearbeitet werden

Für Jacobs-Krahnen, aber auch für viele andere Kommunalpolitiker wie Andreas Hennemann von der SPD oder Susanne Heiß von den Freien Wählern, steht fest: Es muss geklärten werden, was schiefgelaufen ist, damit die nächste Wahl reibungslos verläuft.

Holger Reile (Linke Liste) findet das Ganze „seltsam“. „Irgendetwas hat im Ablauf nicht funktioniert, habe ich den Eindruck“, formuliert er vorsichtig und fügt an: „Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass es Wahlanfechtungen gibt.“

Das könnte Sie auch interessieren

Der Ratssaal füllt sich langsam. Bürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn begrüßt die Gäste, und auf der Präsentation sind Ergebnisse zu sehen. Noch fehlen zwei Wahlbezirke. Es bleibt spannend, denn bis zuletzt kann sich bei der Sitzverteilung noch etwas ändern.

Dann endlich ist das vorläufige Ergebnis da: Die Grünen verlieren drei Sitze und halten künftig nur noch zehn Plätze im Rat, während CDU, Freie Wähler Konstanz und SPD je einen dazugewinnen. FDP, Junges Forum Konstanz (JFK) und Linke Liste Konstanz (LLK) können ihre Positionen halten.

Von Aufatmen über Freude bis Traurigkeit

Die einen freuen sich. Andere, die es nicht geschafft haben, sind traurig, aber insgesamt herrscht ein Aufatmen. Warum? „KN kommt nicht“, ist Ex-Stadtrat Anselm Venedey erleichtert. Das ist der einzige Punkt, der ihm wirklich wichtig war.

Holger Reile sieht das genauso: „Die positive Nachricht ist, dass die wirre Combo der Verschwörungstheoretiker es nicht geschafft hat.“ Das Bündnis erklärte auf Anfrage, es führe das Scheitern auf „Rahmenbedingungen“ wie geringe Ressourcen zurück, nehme den Wahlausgang aber sportlich.

Das könnte Sie auch interessieren

Während die Stimmenkönigin Lisa Kreitmeier (24.763) von ihrer FGL/Grünen-Fraktion gefeiert wird, ist ihr Kollege Peter Müller-Neff etwas still. Er, der sich 45 Jahre im Gemeinderat engagierte, wurde nicht wiedergewählt. „Das habe ich einkalkuliert. Das ist Demokratie. Ich finde es ein bisschen schade, denn ich habe mich immer für meine Politik eingesetzt. Der Kopf fällt mir deshalb aber nicht runter“, sagt er.

Einen SPD-Mann kennen die Konstanzer noch als OB-Kandidaten: Andreas Hennemann (SPD) wurde mit 9.208 Stimmen in den Gemeinderat gewählt; sein damaliger Konkurrent Andreas Matt verfehlt auf der FDP-Liste den Einzug in den Rat. „Ich hatte gehofft, dass es klappen würde“, meint Hennemann, der ebenfalls dem Ergebnis entgegengefiebert hat. Wie wohl alle anderen auch hat er seit Montag auf Klarheit für seine nächsten fünf Jahre gewartet.

Eine erfreuliche Karriere

Schüler Khaled Badawi (SPD) kam erst 2015 als Flüchtling nach Deutschland. Nun wird er mit 18 Jahren der jüngste Stadtrat. Er ist überwältigt, dass er es geschafft hat: „Ich spüre die kommende Verantwortung. Es ist keine einfache Aufgabe.“ Aber der will er sich stellen.

FDP-Rat Heinrich Everke hatte sich nicht mehr aufstellen lassen, ist mit dem Ergebnis zufrieden: „Wir sind mit drei guten Leuten im Gemeinderat vertreten.“

Das könnte Sie auch interessieren

Freude herrscht bei den Freien Wählern. „Ein Sitz mehr: Das ist total genial“, sagt Susanne Heiß, die sich gleichzeitig über ihre eigene Wiederwahl freuen kann. „Es war sehr spannend“, schildert sie. Und sie merkt mit Blick auf alle neuen Gemeinderäte an: „Ich hoffe, dass wir eine gute Zeit haben werden.“

Moritz Schneider ist für das Junge Forum gewählt worden. „Im Großen und Ganzen können wir zufrieden sein“, so der Neugewählte, fügt aber an: „Ich hatte gehofft, dass wir einen fünften Sitz schaffen.“ Auch er ist froh, dass das Bündnis KN kommt nicht kommt, denn „alle Fraktionen, die jetzt im Gemeinderat sind, haben eine Wertebasis“, so Schneider.

Die Überraschung des Tages

Die Überraschung des Tages liefert die CDU. Dass Manfred Hölzl mit 20.055 Stimmen die CDU-Riege anführt, und mit Levin Eisenmann ein junger CDU-Mann gewählt wurde, ist bereits eine Nachricht. Aber: Mit 10.765 Stimmen haben die Konstanzer Katharina Müller, die auf dem zweitletzten Listenplatz 39 stand, auf den achten CDU-Sitz im Gemeinderat gewählt.

Das ist ein außergewöhnlicher Überflug. „Damit habe ich nicht gerechnet“, sagt Katharina Müller offen im Telefonat mit dem SÜDKURIER und fügt an: „Es freut mich, dass ich das Vertrauen der Wähler bekommen habe.“ Wird sie das Amt annehmen? „Ja, selbstverständlich. Alles andere wäre den Wählern gegenüber nicht fair.“