„Mehr Konstanz im Leben“, mit diesem hübschen Wortspiel werben die Stadtwerke seit einigen Jahren.
Kauf die Energie lokal, lass dein Geld in Konstanz und nicht bei Großaktionären, finanziere diejenigen, die in der Stadt auch wieder viel möglich machen, nicht zuletzt ein super Busangebot und die kostenlos nutzbaren Strandbäder – all das schwingt da mit. Und wer will sie nicht, die Beständigkeit?
Doch jetzt lautet die Frage auf einmal: Wie viel Konstanz steckt künftig noch in den Stadtwerken?
Wer entscheidet künftig, wie sich ein Unternehmen aufstellt, das immerhin als ein maßgeblicher Faktor in der Energie- und Wärmewende in der selbsterklärten Klimanotstand-Stadt gilt? Haben politische Ziele, auch wenn sie vielleicht nicht sofort oder unmittelbar den wirtschaftlichen Erfolg bringen, noch eine Chance beim örtlichen Versorger?
Eine Absichtserklärung ist schon ziemlich weit gediehen
Denn ein Einstieg des Versorgungskonzerns Thüga rückt näher. Über ein gemeinsames Unternehmen, so die Überlegung, sollen die beiden Firmen ihr Geschäft im Energiebereich zusammenlegen, die Thüga als Minderheits- und die Stadtwerke als Mehrheitsgesellschafter. Das steht in einem „Letter of intent“, der bereits die ersten politischen Hürden genommen hat, aber noch nicht formal beschlossen ist.
Derzeit gehen die Stadtwerke davon aus, dass eine Tochtergesellschaft gegründet wird. In dieser wäre das Energie-Geschäft gebündelt, während andere Engagements wie Bus, Fähre oder Schifffahrt ganz bei den Stadtwerken blieben. In dem neuen Unternehmen hätte die Thüga dann 25,1 Prozent der Anteile und damit eine Sperrminorität – gegen den Gesellschafter ließe sich also in strategischen Fragen nicht viel bewegen. Bei den Stadtwerken wären dann 74,9 Prozent.
Stadtwerke Konstanz und der Thüga-Konzern – Partner auf Augenhöhe?
Ob es sich dabei um eine Partnerschaft auf Augenhöhe oder eher eine sehr asymmetrische Beziehung handelt, ist umstritten. Die Thüga mit ihren fast 30 Milliarden Umsatz im Jahr (inklusive Partnerunternehmen) ist gegenüber den Stadtwerken Konstanz (knapp 165 Millionen Euro) riesig. Auf der anderen Seite gehört die Thüga auch zur Gruppe der kommunalen Versorger, denn ihre Gesellschafter sind Stadtwerke aus vielen Städten Deutschlands.
Zustimmung zu einem Zusammenschluss gibt es ebenso wie Vorbehalte dagegen nach SÜDKURIER-Informationen quer durch die politischen Parteien. Auf Kritik stößt unter anderem, dass der Gemeinderat strategische Entscheidungen im auch künftig mehrheitlich städtischen Unternehmen Stadtwerke nicht mehr an sich ziehen kann, wenn der Thüga-Deal wie geplant zustande kommt. Diese Perspektive bestätigen die Stadtwerke, zugleich erinnern sie, dass die Politik im Aufsichtsrat ja weiterhin maßgeblich vertreten sei.
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Nicht zufällig bindet der Gemeinderat deshalb auch noch weitere Stimmen ein. Was zunächst nicht geplant war, hat die Politik durchgesetzt. Jede Fraktion kann eine Person aus der Bürgerschaft benennen, die zusammen einen Art Expertenrat bilden.
Organisiert wird das alles von der Stadt; eines der Mitglieder ist zum Beispiel der frühere Stadtkämmerer Hartmut Rohloff, der damals selbst an der Gründung der Stadtwerke in ihrer heutigen GmbH-Form beteiligt war.
Wie viel Geld muss in Konstanz tatsächlich investiert werden?
Eine Frage, die dabei im Raum steht: Kostet der Aufbau eines Wärmenetzes wirklich so viel, dass die Stadtwerke es nur mit einem Partner wie der Thüga stemmen können? Für die Stadtwerke stellt sich die Lage laut Sprecher Josef Siebler wie folgt dar: „Rund 500 Millionen Euro prognostizieren wir derzeit für den Bau von Wärmenetzen.“
Das seien zum Großteil Tiefbaukosten, deshalb könne man auf eigene Erfahrungen wie etwa beim Wärmenetz im Wohngebiet Pfeiferhölzle und auf Kosten in anderen Städten zurückgreifen. Demnach koste ein Kilometer Wärmenetz rund eine Million Euro. In der Altstadt, wo allein 70 Kilometer Netz erforderlich seien, seien die Kosten sogar noch höher, denn „auch hierfür gibt es Erfahrungswerte, so aus Schaffhausen.“
Eine Scheidung dieser Ehe könnte sich niemand leisten
Wie viel Nicht-Konstanz in den Stadtwerken künftig stecken darf, könnte der Gemeinderat noch vor der Sommerpause beschließen. Trotz eines bisher mehrheitlich positiven Votums gilt die Sache als noch nicht entschieden.
Leicht will sich die Entscheidung ohnehin niemand machen, denn alle wissen: Eine solche Ehe können die Stadtwerke nur einmal eingehen, und eine Scheidung werden sie sich nach all den gemeinsamen Investitionen nicht leisten können.