Jeden Morgen um 6 Uhr sitzt René Knup am Bodenseeufer und beobachtet die Sonne, die im Osten über Bregenz aufgeht. Er genießt seinen heißen Kaffee, die kühle Seeluft, die Ruhe der Dämmerung. Es ist sein Morgenritual, ein Moment des Ankommens in einem Arbeitstag, der meist lang ist. Knup ist Chefbademeister im Schwimmbad Hörnli in Kreuzlingen, das auch viele Konstanzer besuchen.
Einige Stunden später ist es immer noch ruhig. Es ist ein müder Nachmittag unter der Woche, die Luft ist kühl, weil sich die Sonne hinter einer milchigen Wolkendecke verbirgt. Die Badegäste sind einige Kinder auf den Rutschen und wenige Stammgäste im Schwimmbecken, die ihre Bahnen ziehen. Rund 200 Besucher werden es heute bei Kassenschluss sein, 6000 sind es an Spitzentagen.
2018 sattelte er um. Wurde Bademeister im Säntispark.
Knup sitzt im Badi-Kiosk, trinkt einen Latte Macchiato und erzählt, wie er zu seinem Beruf gekommen ist. Er ist Quereinsteiger. „Hätte mir jemand vor fünf Jahren gesagt, du wirst in einigen Jahren Bademeister, hätte ich geantwortet: Spinnsch?“
Knup hat Schreiner gelernt, einige Jahre in dem Beruf gearbeitet, war über 20 Jahre im Außendienst von Versicherungen und Krankenkassen, arbeitete am Wochenende gelegentlich als Security, wechselte schließlich als Sicherheitsangestellter ins Bundesasylzentrum in Altstätten. 2018 sattelte er um. Wurde Bademeister im Säntispark. Im März 2020 übernahm er die Stelle als Chefbademeister im Hörnli.
Knup nippt am Kaffee. Zwischendurch wandern seine Augen zur breiten Wasserrutsche, auf der Jugendliche hinunterrutschen, so schnell, dass sie bei der zweiten Welle bisweilen abheben. In der Vergangenheit ist es dadurch schon zu Verletzungen gekommen.
„Dann funkeln die Augen der Kinder. Das ist wunderschön.“
Knup weist einen vorbeigehenden Bademeister an, die Rutsche im Auge zu behalten. Dann leert er seinen Macchiato in einem Zug und schreitet übers Gelände. Nein, Probleme mit Jugendlichen habe er bislang kaum gehabt. Sein Körper wie Charakter dürften helfen: Er ist groß gewachsen und kräftig, wirkt ruhig und besonnen. So schnell dürfte ihn nichts aus der Ruhe bringen.
Vor zwei Jahren hatten im Schwimmbad Probleme mit Jugendlichen und Reklamationen von Badegästen über das Personal zur Kündigung des damaligen Chefbademeisters geführt. Knup konnte übernehmen. „Vermutlich hat mir meine Erfahrung im Asylzentrum geholfen.“ Es ist ein strenger Beruf, vor allem im Sommer.
Für Knup dennoch ein „Traumjob“, wie er betont. Er schwärmt vom Team, von der Vielseitigkeit des Berufes und vom Kontakt mit Menschen. „Wenn ich abends beim Ausgang stehe und die Gäste verabschiede, dann funkeln die Augen der Kinder. Das ist wunderschön.“
Normalerweise verlässt Knup die Anlage gegen 21 Uhr, eine Stunde, nachdem die letzten Badegäste gegangen sind, wenn der Reinigungsroboter im Schwimmbecken platziert ist, die wichtigsten Arbeiten erledigt sind, damit der nächste Tag beginnen kann.
Heute jedoch verlässt er das Hörnli bereits um 18 Uhr. Es ist zu wenig los an diesem kühlen Sommertag. Um 6 Uhr morgens wird er wieder hier sein. Den Sonnenaufgang genießen und den Tag erwarten.