Die Seestraße ist das Aushängeschild von Konstanz, von Hausnummer 1 bis 11 stehen die eindrucksvollen Mehrfamilienhäuser aus dem 19. Jahrhundert. Die Fassaden der Häuserzeile direkt am Ufer des Bodensee haben es schon in einige Filme geschafft, wie zum Beispiel „Eine dunkle Begierde“ mit Kiera Knightley und Michael Fassbender.

Der östliche Teil der Seestraße, eine der schönsten Häuserzeilen von Konstanz.
Der östliche Teil der Seestraße, eine der schönsten Häuserzeilen von Konstanz. | Bild: Michael Buchmüller

Die Straße gehört zum Stadtteil Petershausen-Ost. Das Viertel reicht vom Zähringerplatz/Conrad-Gröber-Straße bis zur Höhenstraße/Friedrichsstraße und von der Beethovenstraße bis zur Therme. Im Musikerviertel tragen die Straßen Namen großer Komponisten. Prächtige Villen reihen sich dort aneinander. Oberhalb des Konstanzer Klinikums des Gesundheitsverbundes Landkreis Konstanz (GLKN) befindet sich das Quartier Sierenmoos.

Ein Teil des Sierrenmoos – fotografiert vom Höhenweg.
Ein Teil des Sierrenmoos – fotografiert vom Höhenweg. | Bild: Michael Buchmüller

In dieser Gartenstadt ist es sehr grün, Häuser aus den 1920er-Jahren sind zu bestaunen. Der Lorettowald im Osten des Stadtteils macht das Viertel noch grüner und idyllischer. Dort lässt es sich definitiv gut wohnen.

Der Petershausen-Ostler ist 47 Jahre alt

Bernd Stiegler wohnt am Rande von Petershausen-Ost. Direkt um die Ecke der berühmten Seestraße – allerdings ohne Seeblick. 2007 hat es den Universitätsprofessor für Literatur in die Stadt am Bodensee und damit direkt nach Petershausen-Ost gezogen. „Eine Wohnung in Konstanz zu finden, war nicht so leicht“, sagt er.

Das ist klar, denn Peterhausen-Ost ist für viele Alt- und Neu-Konstanzer ein Sehnsuchtsort. Wer dort wohnt, der hat es geschafft – oft hört man das aus den Mündern der Stadtbewohner. Doch trifft das auf die Bewohner auch wirklich zu? Sind die Petershauser-Ostler wirklich wohlhabender?

Der Stadtteil Petershausen-Ost ist ziemlich grün.
Der Stadtteil Petershausen-Ost ist ziemlich grün. | Bild: Lukas Ondreka

Ein Blick in die Konstanzer Stadtteilprofile (2022), einer Auswertung verschiedener Statistiken der Stadt, Bundesagentur für Arbeit und der Gesellschaft für Konsum (GfK), zeigt, was Max und Erika Mustermann von Petershausen-Ost eigentlich ausmacht: Die Mustermanns sind beispielsweise 47 Jahre alt. Damit beherbergt der Stadtteil fast die älteste Bevölkerung der Stadt. Nur in die Staad sind die Menschen – statistisch gesehen – noch älter. Der Staader ist im Durchschnitt 47,1.

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47 Jahre – das erstaunt Bernd Stiegler etwas. Zumindest im ersten Moment. Er hätte gedacht, dass seine Nachbarn in der näheren und weiteren Umgebung sogar noch älter sind. „Hier gibt es schon viele Ruheständler, wenn man an das Musikerviertel denkt“, sagt er.

Der Professor selbst ist 59 Jahre alt. Also auch älter als der Durchschnitt. Doch in seinem Haus und im „Gässle nebendran“ leben auch jüngere Nachbarn. „Dort wohnen Familien. Aber insgesamt ist die Zahl eher überschaubar“, resümiert Stiegler.

Es gibt nur wenig Nachwuchs

Doch einige Kinder gibt es auch in dem Viertel. Rund 13 Prozent der Einwohner (956 Bürger) sind noch minderjährig. Die Geburtenrate liegt unter dem Durchschnitt von Konstanz – eine große Überraschung ist das nicht. Im vergangenen Jahr wurden in den Familien in Petershausen-Ost 61 Kinder geboren. Im Vorjahr waren es 62 Babys. Die Geburtenrate ist relativ konstant.

Einige sehr imposante Villen stehen in Peterhausen-Ost. Hier ein Beispiel in der Neuhauser Straße.
Einige sehr imposante Villen stehen in Peterhausen-Ost. Hier ein Beispiel in der Neuhauser Straße. | Bild: Michael Buchmüller

Auch typisch für Max und Erika Mustermann: Er oder sie ist verheiratet. 45,7 Prozent der Einwohner haben Eheringe getauscht. Stiegler nickt. Er habe auch den Eindruck, dass dort viele Paare gemeinsam wohnen. Bei ihm trifft das nicht zu. Verheiratet oder geschieden war er nie. Damit gehört er dem Stamm der Ledigen an – wie 2243 andere Bürger in Petershausen-Ost. Das sind immerhin 35,8 Prozent.

Auch die Gruppe der Verwitweten ist in Petershausen Ost sehr hoch – rund 9,5 Prozent der Einwohner (595 Menschen) haben ihren Ehepartner bereits verloren. Das ist der höchste Prozentsatz in ganz Konstanz. Dieser liegt im Durchschnitt bei 6,3 Prozent. „Das passt ja auch ins Bild“, findet Stiegler. Denn viele Bürger in Petershausen-Ost sind tatsächlich im Rentenalter und damit über 65 Jahre alt. Auf rund 23 Prozent der Bewohner trifft das zu.

Damit bestätigt sich ein Klischee – zumindest rein rechnerisch: In Petershausen-Ost wohnen eher Senioren. Auch in Staad, Litzelstetten, Dingelsdorf, Dettingen und Wallhausen liegt der Anteil der über 65-Jährigen über dem Konstanzer Durchschnitt (20 Prozent).

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All zu verwunderlich ist das allerdings nicht. Denn in dem Stadtteil gibt es einige Seniorenwohnanlagen und Pflegeheime wie das Haus am Salzberg, Luisenheim, Don Bosco und die Rosenau. Dadurch steigt natürlich der Anteil der Senioren.

Das erklärt vielleicht auch die sehr hohe Sterberate in dem Ortsteil. Im vergangenen Jahr sind dort 163 Menschen gestorben. Das entspricht einer Sterberate von 22,5 je 1000 Einwohner. Das ist extrem hoch. Sie ist damit mehr als doppelt so hoch wie für ganz Konstanz (9,9). „Das spricht dafür: Wer hier als Rentner wohnt, geht hier nie mehr weg“, scherzt Stiegler. Ist das auch bei ihm so? „Mal sehen“, sagt er und grinst.

Auch einige Alten- und Pflegeheime bieten Senioren ein neues zu Hause. Hier der Eingang des Don Bosco Hauses.
Auch einige Alten- und Pflegeheime bieten Senioren ein neues zu Hause. Hier der Eingang des Don Bosco Hauses. | Bild: Schuler, Andreas

Wohnen hier die Reichen?

Trifft also das Vorurteil zu, dass in Petershausen-Ost eher die Rentnerfraktion wohnt? Senioren, die vielleicht auch mehr Geld haben? Bei einem Spaziergang entlang der Seestraße oder durch das Musikerviertel könnte man diesen Eindruck bekommen. Die schönen Häuser mit ihren Gartenanlagen können suggerieren, dass dort eher reichere Menschen leben. Auskunft darüber gibt die Kaufkraft.

Wie gut gefüllt ist also der Geldbeutel der Petershausen-Ostler? Er ist ganz gut gefüllt – allerdings nicht so sehr, wie gedacht. Die Kaufkraft liegt bei 108; für ganz Konstanz liegt er bei 100. Der Stadtteil mit der besten Kaufkraft und damit mit den theoretisch reichsten Bürgern ist Litzelstetten (115,8). Aber die Kaufkraft liegt im Osten höher als im Westen. Petershausen West ist, wenn es nach der Kaufkraft geht, der ärmste Teil von Konstanz. Sie liegt bei 87.

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Aber zurück zu Petershausen-Ost. Mit einem Wert von 108 kann man sagen: Ja, die Bewohner dieses Quartiers gehören wahrscheinlich zu den Besserverdienern. Diesen Eindruck hat auch der Universitätsprofessor. Er schließt das auch daraus, dass es wenig sozialgeförderte Wohnungen in dem Stadtteil gibt. Wer hier wohnt, wohnt entweder im Eigentum oder regulär zur Miete. Was aber auch klar ist: Wer dort wohnt, lebt in einem der schönsten Stadtteile von Konstanz. Bernd Stiegler kann sich nicht vorstellen, dort so schnell wegzuziehen.