Das Haus der Familie Armbruster/Irsslinger in der Händelstraße fällt schon dadurch auf, dass auf dem Rasenstück neben dem Eingang drei Hühner picken (“Zwergitaliener, die komischerweise aus England stammen“). Und man kann an einem Stand „Honig aus eigener Imkerei“ kaufen. Vorne, keine 50 Meter entfernt, am Rand zum Lorettowald, stehen 15 Bienenstöcke auf einer Wiese, deren Bewohner gerade fast alles anfliegen, was im Umkreis von zwei Kilometern blüht.

Auch einen Imkerhonig-Stand mit selbst erzeugter Bioware gibt es vor dem Haus in der Händelstraße 6.
Auch einen Imkerhonig-Stand mit selbst erzeugter Bioware gibt es vor dem Haus in der Händelstraße 6. | Bild: Michael Buchmüller

„Die Lage hier ist ideal im Musikerviertel, viele Gärten, in denen nicht gespritzt wird“, sagt Florian Armbruster. Das ergibt biozertifizierten Blütenhonig, in guten Jahren 400 Kilogramm, was die Nachbarn freut. Regionaler geht nicht. Mit einem Freund hat der Hobbyimker an der Schwelle zum Nebenberufler schon fünf Bienen-Standorte, hauptsächlich am Mindelsee.

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Armbruster wohnt auf dem Grundstück der Eltern, allerdings hat er das Haus aus dem Jahr 1954 bis auf den Keller abgerissen. Es war zu marode „und für uns als Familie auch zu groß. Und ich wollte schon immer ein Passivhaus bauen.“ Also ließ er 2013 eines planen mit drei Einheiten, eine für sich und Familie, zwei zum Vermieten, „die das Ganze finanzieren“.

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Ein beeindruckendes Holzhaus ist entstanden. Das Wohnzimmer mit einem Atrium über zwei Stockwerke, eine 5,20 Meter hohe Glasfläche, die den Blick freigibt auf einen imposanten Mammutbaum im Garten. Den haben die Eltern gepflanzt. „Und er wird uns alle überleben“, ergänzt Ariane Irsslinger, Armbrusters Ehefrau, die gerade mit Hund Lennox vom Spaziergang zurückkehrt.

Ariane Irsslinger hat in einer Stunde Gassigehen mit Lennox 22 andere Hunde gezählt – vierbeinige Überbevölkerung, entstanden ...
Ariane Irsslinger hat in einer Stunde Gassigehen mit Lennox 22 andere Hunde gezählt – vierbeinige Überbevölkerung, entstanden durch die Corona-Zeit, in der sich viele einsam gefühlt haben. | Bild: Michael Buchmüller

In der Nachbarschaft wohnen viele im elterlichen Haus; die Senioren sind fast alle verstorben. Nebenan lebt noch eine sehr rüstige 94-Jährige. Es sei hier ein harmonisches Miteinander. Jeder lasse jeden in Ruhe. Nicht einmal die Hühner würden jemanden stören. Die Nachverdichtung, so Armbruster, ist allerdings überall zu spüren.

Arianne Irsslinger und Florian Armbruster mit Hund Lennox auf der Terrasse ihres Hauses.
Arianne Irsslinger und Florian Armbruster mit Hund Lennox auf der Terrasse ihres Hauses. | Bild: Michael Buchmüller

In Sichtweite wich vor drei Jahren ein Einfamilienhaus, jetzt ein Block für acht Parteien, und unterhalb des Gartens „stand früher ein Minihäuschen“, wo jetzt zwei große Blöcke auf Augenhöhe zu sehen sind. Aber auch wenn das Parkparkplatzprobleme schafft, die es früher so nicht gab, er findet es politisch richtig und „besser, als den Hafner zu bauen.“ Jeder müsse seinen Beitrag leisten.

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Ein Treffen mit der Besitzerin und Architektin Maria Kollmann in der Kamorstraße. „Was viele nicht wissen: Die Straße hat den Namen eines Berges, den man gegenüber auf der Schweizer Seite sieht.“ Ihr Drei-Parteien-Haus ist ganz aus Holz, innen wie außen Fichte und Tanne, Vollholz, wie sie betont, nichts verleimt, keine Platten, die Innenwände vertäfelt.

Maria Kollmann und ihr Haus.
Maria Kollmann und ihr Haus. | Bild: Michael Buchmüller

Die verbaute Menge leiste alleine schon einen Rückgang der jährlichen Treibhausgasemissionen um sechs Tonnen CO2. Ihr Gebäude habe „einen dampfdiffusionsoffenen Wandaufbau“, der für ein gutes Raumklima sorge. Laienhaft formuliert: Das Holzhaus atmet.

Während im Wohnungsbau gerade viel mit Betonkonstruktionen gebaut werde, in denen Kunststofffenster, Laminatböden und Wärmedämmverbundsysteme verwendet würden. „Diese Häuser werden uns auf lange Sicht durch ihre Kurzlebigkeit und die nicht recyclebaren Materialien teuer zu stehen kommen.“

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Ihr Haus befindet sich auf einem Grundstück, das einmal von der Neuhäuser Straße bis zum Seeufer reichte, eine riesige Parzelle. Oben steht heute noch die gelbe Villa „Zwei Buchen“. Auf Kollmanns Grundstück befand sich früher der einstöckige Pferdestall, der dann zu einem zweigeschossigen Wohnhaus umgebaut wurde, „dessen Bausubstanz so marode war, dass man es ohne schlechtes Gewissen abreißen konnte“.

Für ihr Holzhaus im Musikerviertel erhielt Architektin Maria Kollmann den baden-württembergischen Holzbaupreis.
Für ihr Holzhaus im Musikerviertel erhielt Architektin Maria Kollmann den baden-württembergischen Holzbaupreis. | Bild: Hanser, Oliver

2016 baute dann Maria Kollmann neu. Entstanden ist ein leichtes, filigranes Holzhaus, das sich wie selbstverständlich in die Umgebung einfügt. 2018 erhielt sie den Holzbaupreis Baden-Württemberg, Kategorie Geschosswohnungsbau. Ihre Philosophie: „Das hier ist ein schöner, wertvoller Ort, den man der Natur weggenommen hat.“

Gut ist, wenn der Architekt dann etwas Schönes zurückgeben kann, das dem Betrachter positive Gefühle vermittelt und ihn nicht erschlägt. „Hier ins Musikerviertel passt vieles hinein, eine Steinvilla genauso wie ein leichtes Holzhaus.“

Am und im Hang gebaut: Claudia Lehn und Gunter Nittbaur auf der Terrasse ihres perfekt an die Umgebung angepassten Hauses.
Am und im Hang gebaut: Claudia Lehn und Gunter Nittbaur auf der Terrasse ihres perfekt an die Umgebung angepassten Hauses. | Bild: Michael Buchmüller

Unterhalb des Elternhauses am Hang hat Claudia Lehn mit ihrem Mann Gunter Nittbaur in der Händelstraße ein Haus gebaut, das auch schon einen Preis der Landesarchitektenkammer bekam. „Damals sind aus Stuttgart 40 Personen der Jury mit einem Bus angerückt und haben das Haus inspiziert.“

Gewürdigt wurde auch hier, wie perfekt es sich in die Umgebung einfügt. Denn von oben sieht man nur eine Rasenfläche, zwei, drei Dachlukenfenster und ein kleines Kaminrohr. Früher, so die Hausherrin, war der Hang eine große Spielwiese. Nachbarjungen hätten sie auch mal an den Marterpfahl gefesselt, wofür der Kirschbaum herhalten musste, und sie und ihre fünf Geschwister seien auf dem Hang Ski gefahren.

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Das gehe jetzt nicht mehr, dafür sind aber 180 Quadratmeter hochmoderne Wohnfläche entstanden, zum Süden hin komplett verglast, nicht unterkellert, die Rückwand im Hang und auf dem Dach über ein Meter Erde. Und das alles im Jahr 2010 in nur neun Monaten. „Man hatte uns sehr überraschend gekündigt.“

Die Familie musste damals die Mozartstraße verlassen, im elterlichen Garten fand sich Platz. Auf (und in) einem Hang, der früher für Gemüse- und Obstanbau genutzt wurde. Die Nachbarn waren zunächst skeptisch, vermuteten, die Lehns würden hier ein Haus gleich für alle sechs Kinder planen und nur schon mal das Erdgeschoss bauen.

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Doch es blieb bei diesem einem Gebäude, das ohne die Kanten auch im Auenland bei den Hobbits stehen könnte. Genauso eingewachsen in die Landschaft. Nebenan ein Gartengrundstück mit alten Obstbäumen und einem von Efeu überwuchertem und nicht mehr zu erkennenden Schuppen, in dem sogar noch ein Autowrack steht. Von jedem Zimmer aus Blick ins Grüne.

Edeltraut Lehn ist eine Alteingesessene im Musikerviertel und kann sich noch gut an die Zeit kurz nach dem Krieg erinnern.
Edeltraut Lehn ist eine Alteingesessene im Musikerviertel und kann sich noch gut an die Zeit kurz nach dem Krieg erinnern. | Bild: Michael Buchmüller

Claudia Lehn ist wieder dort angekommen, wo sie aufgewachsen ist, nur zwei Stockwerke tiefer, während oben ihre 94-jährige Mutter Edeltraut immer noch das Haus aus dem Jahr 1963 bewohnt. Selbst die Hofeinfahrt kehrt sie noch selbst, und vom Wohnzimmer aus kann sie in den Garten schauen. Wo sie nur eine grüne Fläche sieht, unter der sich ein ganzes Haus verbirgt.