Das Statistische Landesamt Baden-Württemberg hat den Rekord bestätigt: Mit 1.060.332 gewerblichen Übernachtungen im Jahr 2022 hat Konstanz das Ergebnis des Vor-Pandemie-Jahres 2019 um 11,4 Prozent gesteigert.

Die Marketing und Tourismus Konstanz GmbH (MTK) ist mit diesem Ergebnis zufrieden, ruht sich aber nicht auf den Lorbeeren aus. „Das Gestern interessiert nicht“, sagt MTK-Geschäftsführer Eric Thiel im SÜDKURIER-Gespräch und fügt an: „Es gilt, den Ansprüchen von morgen gerecht zu werden.“ Schließlich gäbe es nach wie vor viele Unwägbarkeiten.

Noch immer eine Zitterpartie

„Wir zittern seit Jahren, wie sich alles entwickelt“, so Thiel, denn: „Es gibt so viele unkalkulierbare Faktoren.“ Er nennt beispielhaft den Ukraine-Krieg, Krisen und die wirtschaftliche Entwicklung. Philipp Weltin, Bereichsleiter Tourismus bei der MTK, kommt auf die vielen Baustellen in und um Konstanz zu sprechen. Die B33 ist schon lange in Arbeit und jetzt beginnt die Mammutbaustelle mitten in der Altstadt vor dem Lago und dem Bahnhof. Das Problem sieht Eric Thiel gelassen, denn er findet: „Schwieriger ist die Deutsche Bahn. Erreichbarkeit und Planbarkeit machen uns Sorgen.“

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Was die Touristiker ebenfalls feststellen: Die Gäste würden sich kurzfristig entscheiden, abhängig von den Wettervorhersagen. Die Bilder von der Webcam, die auf dem Inselhotel angebracht ist, sei für Urlaubswillige ein wesentliches Informationsmedium: „120.000 Klicks im Monat“, fügt Thiel an.

Ob die Bettensteuer, die im April 2023 in Konstanz eingeführt wurde, Touristen von Übernachtungen in Konstanz abhalten werde, das könne noch keiner sagen. „Es ist eine politische Entscheidung“, stellt Eric Thiel klar und fügt an: „Die Auswirkungen werden sich erst in ein oder zwei Jahren zeigen.“

Jubiläen sind „aufgelegte Elfmeter“

Thiel ist aber keineswegs Pessimist, sondern vielmehr das Gegenteil: „An das Spiel mit vielen Unbekannte haben wir uns gewöhnt. Wir sind breit aufgestellt und finden immer schnell Lösungen.“ Die zahlreichen Jubiläen in diesem Jahr – 50 Jahre Flottensternfahrt, 40 Jahre Bodenseeradweg und 30 Jahre Imperia – nutzt die MTK zielgerichtet, um den Konstanzern etwas zu bieten und Auswärtigen einen Reiseanlass zu offerieren. „Das sind aufgelegte Elfmeter“, sagt Thiel, der genau diese zu verwandeln gedenkt.

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Immerhin war der Auftakt mit dem Hafenfest anlässlich des Geburtstages der Konstanzer Hafenschönen mitsamt Flottensternfahrt gelungen. Von 40 Jahre Bodenseeradweg verspricht sich die MTK einiges, zumal nicht nur der westliche Bodensee das Thema spiele. „Selbst Liechtenstein hat den Rad-Tourismus entdeckt“, sagt Eric Thiel und merkt an, dass es immer eines Zugpferdchens bedürfe: „Konstanz und der westliche Bodensee sind Tourismus-Magnet“.

Radfahren liegt im Trend, stelle Städte und Hotels aber vor Herausforderungen. „Die Nachfrage nach Langzeitparkplätzen ist sehr groß“, berichtet Philipp Weltin. Die Radreisenden kämen nämlich mit dem Auto – die Räder im Gepäck – um dann um den Bodensee zu radeln. Aber: In Konstanz gebe es nur sehr begrenzte Möglichkeiten, sein Auto für ein paar Tage abzustellen.

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Radtourismus ist im Kommen

Die Hotels haben mit einem anderen Problem zu kämpfen, wie Eric Thiel anhand eines Beispiels, das sich auf der Höri ereignet habe, darstellt: „Ein Pärchen hat ein Doppel- und ein Einzelzimmer gebucht. In dem Einzelzimmer wollten die zwei ihre beiden E-Moutainbikes im Wert von jeweils 11.000 Euro abstellen.“ Räder per se dürften generell nicht mit ins Hotelzimmer. „Auch die Akkus nicht: aus Brandschutzgründen“, erklärt Philipp Weltin. Viele Hotels würden mittlerweile einzelne Parkplätze zum „hochgesicherten Radstall“ umwandeln, so Thiel.

Ob das Tourismusjahr 2023 an den Erfolg von 2022 anknüpfen kann, stehe in den Sternen. Wichtig seien große Veranstaltungen, die eine Magnetwirkung hätten. Thiel und Weltin heben dabei die Internationale Bodenseewoche, den grenzüberschreitenden Flohmarkt, große Konzertveranstaltungen, das Seenachtfest sowie Christmas Garden und Weihnachtsmarkt hervor. Eben derartige Anlässe hätten wesentlich zum Vorjahreserfolg beigetragen.

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Der Tourismus und damit verbunden die Kaufkraft der Urlauber sei wichtig für eine lebendige Innenstadt, so die Verantwortlichen „Wann geht man einkaufen und gönnt sich etwas?“, wirft Eric Thiel in den Raum, um sofort selbst die Antwort zu geben: „Wenn man Zeit hat. Und das ist im Urlaub.“ Dieser zusätzlichen Kaufkraft sei es zu verdanken, dass Konstanz im Vergleich zu anderen Städten, die zwischenzeitlich mit strukturellen Leerständen zu kämpfen hätten, gut dastehe.