Das Einkaufszentrum Lago, das seit 20 Jahren besteht, gleicht derzeit an vielen Stellen einer Baustelle. Es sind einige Erweiterungen geplant, andere Einzelhändler mussten oder müssen ihre Filialen schließen und Platz für einen Konkurrenten machen. Die Veränderungen fallen vielen Kunden auf, manche ärgern sich über nicht zugängliche Flächen, andere reagieren eher neugierig.

Lea Kohlhepp (21) und Annika Bitzer (21) zum Beispiel: Die beiden jungen Frauen aus Sigmaringen haben Urlaub genommen, um gemeinsam einen Einkaufsbummel zu unternehmen, diesmal an den Bodensee. „Sonst fahren wir meist nach Reutlingen oder Stuttgart“, sagen sie. Sie mögen Konstanz, der Besuch im Lago findet aber nur eingeschränkt Anklang. Aus ihrer Sicht ist die Auswahl an Mode etwas zu klein. „Und es gibt eher teure Läden.“ Aktuell sei eher wenig Ware zu sehen, man merke, dass das Center im Umbau sei.

Lea Kohlhepp und Annika Bitzer, beide aus dem Raum Sigmaringen, haben sich zu einem Tagesausflug an den Bodensee entschieden. An ...
Lea Kohlhepp und Annika Bitzer, beide aus dem Raum Sigmaringen, haben sich zu einem Tagesausflug an den Bodensee entschieden. An Konstanz gefällt ihnen die Vielzahl an kleinen Boutiquen und Cafés. Das Lago biete ihnen etwas zu wenig Auswahl. | Bild: Wagner, Claudia

Ist im Lago im Moment also zu viel Baustelle zu erleben? Wie viel Veränderung ist notwendig, um wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben? Und wie viel Kontinuität ist für Kunden und Händler wichtig? Center-Manager Peter Herrmann kann auf einige dieser Fragen Erklärungen bieten.

Welche Marken ziehen neu ins Lago?

Die wichtigste Neuerung im Modebereich bietet die Marke Pull and Bear, ein Modelabel, das vor allem Jugendliche anzieht. Die Firma bezieht im Herbst eine Fläche von mehr als 1000 Quadratmetern im Center, über zwei Stockwerke verteilt, wie es in einer Pressemitteilung des Lago Centers heißt. Zwei weitere Neueröffnungen sind geplant, zum einen bei der Damenmode mit der Marke Cecil im Mai.

Peter Herrmann, Center-Manager des Lagos, ist überzeugt: „Die Kunden lieben die Veränderung.“ Zu seinen Aufgaben gehört es ...
Peter Herrmann, Center-Manager des Lagos, ist überzeugt: „Die Kunden lieben die Veränderung.“ Zu seinen Aufgaben gehört es auch, das Verbraucherverhalten zu beobachten, zu analysieren und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. | Bild: Hanser, Oliver

Auch im Buchhandel gibt es einen Wechsel: Die Kooperation Thalia-Osiander eröffnet eine Filiale im Lauf des Jahres und ersetzt damit die Filiale des Buchhändlers Hugendubel. Der Tübinger Buchhändler Osiander nutzt dabei ein Kooperationsangebot der Bücher-Kette Thalia, die deutschlandweit 340 Filialen betreibt. Die Hugendubel-Filiale hat bereits geschlossen.

Hugendubel hätte die Filiale im Lago gern weitergeführt. Der Standort Konstanz habe eine langfristige Relevanz für Hugendubel, schreibt Cristina Herrmann, Leiterin der Unternehmenskommunikation bei Hugendubel, auf Anfrage. „Wir bemühen uns bereits um einen Alternativstandort in Konstanz.“

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Welche Händler werden verschwinden?

Nicht alle dürfen also im Lago bleiben: Anstelle des Bäckerei-Unternehmens Sternenbäck wird eine Filiale der Kette Schneckenburger, dessen Hauptsitz in Tuttlingen liegt, ins Lago einziehen. Peter Herrmann ist vom Konzept überzeugt: Bei Schneckenburger handele es sich um einen starken regionalen und familiengeführten Anbieter mit klaren Vorstellungen. Ein weiterer Vorteil: Die Zentrale sei rasch erreichbar, wenn es um eine schnelle Lieferung gehe. Der Hauptsitz des früheren Betreibers Sternenbäck sei 170 Kilometer entfernt gewesen.

Im Moment noch Umbauarbeiten: In Zukunft können die Lago-Kunden ein Vesper von der Bäckerei Schneckenburger kaufen, Sternmenbäck musste ...
Im Moment noch Umbauarbeiten: In Zukunft können die Lago-Kunden ein Vesper von der Bäckerei Schneckenburger kaufen, Sternmenbäck musste ausziehen. | Bild: Hanser, Oliver

Wer erweitert seine Flächen?

Die Parfümerie Douglas will laut Pressemitteilung das Verkaufskonzept der eigenen Filiale im Lago erneuern und umbauen. Eine Vergrößerung ihrer Verkaufsfläche streben auch die Radolfzeller Traditionsmarke Schiesser, die Apotheke im Lago, der Kosmetikhersteller Rituals und der Schuhhändler Humanic an. Die größte Erweiterung betrifft die Modemarke Zara, die ihre Verkaufsfläche von 1700 auf etwa 3000 Quadratmeter vergrößert.

Welche Faktoren bestimmen über den Erfolg?

Ein Einzelhandelsgeschäft in der Modebranche zu leiten, gleicht einer Gratwanderung. Diesen Eindruck vermittelt jedenfalls Peter Herrmann, Center-Manager des Lago-Centers, wenn er über die Gegenwart und Zukunft des Handels im Modebereich spricht. „Corona war ein Brandbeschleuniger im stationären Einzelhandel“, sagt er und meint damit, dass Modemarken, die zuvor schon in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten waren, durch die Pandemie oft vor dem Aus standen.

Einstiges Prestige oder bundesweite Verbreitung helfen da nicht weiter. Peter Herrmann nennt die Marken Esprit und Pimkie als Beispiele. Die letztgenannte Jugendmarke sei inzwischen insolvent – also schließt auch die Pimkie-Filiale im Lago. Er nennt auch das Beispiel Esprit: einst angesagt und renommiert, habe die Marke jüngst hohe Verluste gemeldet.

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Erfolgreich seien im Moment Marken, die schon vor der Pandemie begonnen hätten, den Online-Handel gleichwertig neben dem stationären Handel zu betreiben. „Die Marke Zara zum Beispiel hat den Online-Handel schon zuvor sehr nachdrücklich betrieben“, sagt Herrmann. Auf ihren stationären Verkaufsflächen will die Firma das Online-Angebot mit abbilden. Deshalb also die Erweiterung der Fläche auf 3000 Quadratmeter.

Wie kann das Lago in Zeiten des Online-Handels für Kunden attraktiv bleiben?

Der wichtigste Punkt, den Peter Herrmann anführt, ist die eigene Rolle bei der Gestaltung der Verkaufsflächen. „Wir sind weniger Zuschauer als Strategen“, sagt er über seine Aufgabe, zu der es gehöre, das Verbraucherverhalten zu beobachten, zu analysieren und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. „Die Kunden lieben die Veränderung“, sagt er. Dem Credo der Erneuerung entspreche auch die aktuelle Strategie: Einige Marken bezögen neu eine Filiale im Center, andere wiederum beendeten ihre Geschichte im Konstanzer Lago.

Für Paula Andrae (21) und Katharina Hanser, 25 Jahre, erfüllt das Lago viele Zwecke ihrer Kundenwünsche. Das Lago biete eine angenehme Mischung aus Alltagseinkauf und Einkaufbummel, sagt die Freiburgerin Paula Andrae, da es nicht nur Boutiquen beherbergt, sondern auch Supermarkt und Drogerie. „Ich freue mich, dass man auch als Veganer eine Auswahl an Essen hat“, ergänzt Katharina Hanser, die in Konstanz wohnt.

Paula Andrae (21) und Katharina Hanser (25) kaufen gern im Lago ein. Andrae gefällt vor allem die Mischung: Es gebe Alltagsdinge wie ...
Paula Andrae (21) und Katharina Hanser (25) kaufen gern im Lago ein. Andrae gefällt vor allem die Mischung: Es gebe Alltagsdinge wie Lebensmittel und Drogerie-Artikel, aber man könne genauso gut Klamotten kaufen. | Bild: Wagner, Claudia

Welche Bedeutung hat das Lago für die Konstanzer Innenstadt?

Beate Behrens, Wirtschaftsförderin der Stadt, ist sich sicher: Das Lago mit seinen 16.000 Quadratmetern Verkaufsfläche spielt eine wichtige Rolle in der Handelslandschaft der Stadt. „Es ist Trendsetter und Motor zugleich“, sagt sie und verweist auf die hohe Kundenfrequenz, die jeden Samstag linksrheinisch in der Konstanzer Innenstadt zu erkennen sei.

Beate Behrens, Leiterin der Wirtschaftsförderung der Stadt, schreibt dem Lago eine wichtige Rolle für den Handelsstandort Konstanz zu. ...
Beate Behrens, Leiterin der Wirtschaftsförderung der Stadt, schreibt dem Lago eine wichtige Rolle für den Handelsstandort Konstanz zu. Sie sagt über das Shoppingcenter: „Es ist Trendsetter und Motor zugleich.“ | Bild: Scherrer, Aurelia | SK-Archiv

Von der Rolle des Lago profitierten auch alle übrigen Einzelhändler in Konstanz, die auf etwa 76.000 Quadratmetern Verkaufsfläche etwa 4 bis 6 Millionen Tagesgäste zufriedenzustellen hätten. „Das ist sehr viel für eine relativ kleine Stadt wie Konstanz“, sagt Beate Behrens. Dass es gelinge, interessant für die Kunden zu bleiben, zeige die Tatsache, wie schnell sich die Innenstadt von den Folgen der Pandemie erholt habe. Dauerhaften Leerstand wie in anderen Städten gebe es hier praktisch nicht.