Kulturbürgermeister Andreas Osner will nicht, dass die vollständige Stellungnahme des Rechnungsprüfungsamts (RPA) zu den Philharmonie-Finanzen an die Öffentlichkeit kommt. Das sagte er am Mittwochabend im Orchesterausschuss.
Mit Bezug auf die Einschätzung der städtischen Kontrolleure erklärte er wörtlich: „Ich würde gerne in der Öffentlichkeit keine weitere Diskussion dazu führen“ und verwies auf eine bevorstehende nicht-öffentliche Aussprache.
Warum gibt die Stadt das Papier der Prüfer nicht heraus?
Zuvor hatte der SÜDKURIER bereits am Montag um das Prüfergebnis des RPA gebeten und vorgeschlagen, dass die Stadtverwaltung dieses in einem Gespräch erläutert. Das Dokument wurde nicht vorgelegt, das Gespräch nicht gewährt, und auch die erbetene schriftliche Begründung für die Verweigerung gab die Verwaltung nicht ab.
Am Mittwochabend wurde dann klar, dass Bürgermeister Osner ein Veto eingelegt hatte. Er kündigte an, dass das Rathaus stattdessen eine Pressemitteilung herausgeben werde.

Was in der Sitzung des Orchesterausschusses aber bereits herauskam: Die Zahlen der Südwestdeutschen Philharmonie unter der Führung von Intendantin Insa Pijanka wurden offenbar sehr viel schlechter dargestellt, als sie tatsächlich waren.
Das räumte indirekt auch der erfahrenste Kulturpolitiker der CDU ein, Stadtrat Wolfgang Müller-Fehrenbach. Er forderte mit Blick auf die Zahlen der Philharmonie: „Wir müssen es auch verstehen“ und forderte: „Wir brauchen auch die entsprechende Transparenz.“
Spielte auch die CDU-Fraktion mit falschen Zahlen?
Die CDU spielt deshalb eine Rolle, weil sie mit einer Presseerklärung vom 5. Januar den Eindruck erweckt hatte, bei der Südwestdeutschen Philharmonie fehlten überraschend mehr als 600.000 Euro. Dies hatte die bereits zuvor bestehende Kritik an der Arbeit von Philharmonie-Intendantin Insa Pijanka nach allgemeiner Einschätzung verstärkt.
Auch der SÜDKURIER hatte die Zahlen mit Verweis auf die Quelle übernommen, denn die CDU-Mitteilung war nicht nur vom langjährigen Stadtrat Müller-Fehrenbach, sondern auch vom Fraktionsvorsitzenden Roger Tscheulin, einem erfahrenen Rechtsanwalt, unterzeichnet. Zudem bezog sie sich auf von der Verwaltung geprüfte Sitzungsvorlagen und auf einen förmlichen Antrag.

Als nun aber in der Sitzung Rouven Schöll von der Philharmonie den Wirtschaftsplan für 2023 vorstellte, wurde deutlich, wie es zu der krassen Falscheinschätzung der Zahlen kommen konnte. Ein Minus gab es bei der Philharmonie 2021 – und um dieses Jahr ging es stets – beim Kerngeschäft, dem Konzertbetrieb. Weil aber zum Beispiel Zuschüsse und Hilfen gewährt wurden, ist das Gesamtergebnis ausgeglichen.
Allerdings: Auch für 2022, ein Jahr mit deutlich geringeren Corona-Einschränkungen, können die Konzerte laut Wirtschaftsplan nicht einmal die Sachkosten erwirtschaften. Für 2023 ist beim so genannten Deckungsbeitrag wieder ein Überschuss geplant, es wäre laut Zahlen der Philharmonie der erste seit dem Jahr 2018.
SPD-Stadtrat kann erklären, was viele nicht verstanden haben
Am Ende war es SPD-Stadtrat Jan Welsch, der in der Sitzung für jene Klarheit sorgte, die Osner nicht schaffen konnte. Er legte dar, was offenbar auch die Prüfer des RPA herausgefunden hatten: Es gab 2021 bei der Philharmonie nicht plötzlich ein Loch über 617.000 Euro, sondern eine Verschlechterung im Konzertbetrieb um 260.000 Euro, bedingt durch zu hohe Kosten und zu geringe Einnahmen, vor allem aus dem Kartenverkauf.
Diese Lücke, so Welsch, sei aber in Wahrheit durch Einsparungen und Mehrerträge an anderer Stelle ausgeglichen worden. Dadurch sei es auch zu einer „schiefen medialen Berichterstattung“ gekommen, so Welsch.

Unstrittig waren in der Sitzung die vom SÜDKURIER recherchierten Sachverhalte, die sich auf Urheberrechtsverletzungen, fragwürdige Auftragsvergabe an einen Berater sowie Unregelmäßigkeiten im Umgang mit Eigentum der Philharmonie durch ehemalige Mitarbeiter des Betriebs beziehen.
Wie es genau zu der Fehlwahrnehmung in Bezug auf die Finanzen kam und welche Rolle die Philharmonie selbst, ihre damalige Intendantin als oberste Führungskraft des Orchesters sowie Dienststellen der Stadtverwaltung gespielt haben, wurde im öffentlichen Teil der Orchesterausschuss-Sitzung nicht besprochen.
Soll da eine „gewisse Ehrenrettung“ verhindert werden?
Eine Wortmeldung von Christel Thorbecke (Freie Grüne Liste), die sich von Osner zuvor schon ermahnen lassen musste, man befinde sich in öffentlicher Sitzung, ließ jedenfalls aufhorchen. Sie sprach mit Bezug auf Insa Pijanka auch davon, dass es nun um eine „gewisse Ehrenrettung“ gehe.