Eigentlich könnte die Stadt Konstanz die zwei Hektar große Fläche an der Ecke Eichhornstraße/Hermann-Hesse-Weg rasch bebauen, um preiswerten Wohnraum zu schaffen. Aber es gibt Bürger, die wehren sich mit Händen und Füßen dagegen. Das Projekt stagniert. Die wehrhaften Bürger haben eine Petition eingereicht.

Der Petitionsausschuss des baden-württembergischen Landtags hat einen Ausschuss gebildet, der jetzt alle Beteiligten vor Ort angehört hat. Neue Erkenntnisse gibt es nicht. Die Fronten sind verhärtet. Oberbürgermeister Uli Burchardt sorgte aber für einen Überraschungseffekt, der die Stimmung im Zuschauerraum anheizte.

Auf der zwei Hektar großen Fläche sollen etwa 140 Wohneinheiten entstehen.
Auf der zwei Hektar großen Fläche sollen etwa 140 Wohneinheiten entstehen. | Bild: Hanser, Oliver

Eigentlich wollten Thomas Marwein und Dennis Birnstock vom Petitionsausschuss und Andreas Haas, Leiter des Petitionsbüros, die Petitionsteller und die Gegenseite, die Stadt Konstanz, anhören. Das taten sie auch. Doch Oberbürgermeister Uli Burchardt wollte zunächst ein Grußwort sprechen und machte sogleich „Anmerkungen“. Konstanz sei eine wachsende Stadt, brauche Wohnungen, denn schon jetzt müssten Flüchtlinge in Turnhallen untergebracht werden, denn: „Wir haben absolut nix mehr.“

Er brach eine Lanze für das Bauprojekt, an welchem sich unter anderem 19 Fachbereiche zweier Hochschulen beteiligt hätten und das vom Bundesumweltministerium ausgezeichnet worden sei. Es handle sich hier lediglich um eine Arrondierung; entsprechende Beschlüsse seien demokratisch gefällt worden. Zuhörer opponierten und riefen während der Rede des OBs, der sich nicht beirren ließ: „Das ist kein Grußwort!“ und „Das ist eine Stellungnahme!“ Burchardts Schlusswort: Er hoffe, „dass sich der Ausschuss nicht instrumentalisieren lässt und wir Rückenwind bekommen“.

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Das sagen die Gegner

Antje Boll, Geschäftsführerin des BUND Konstanz, stellte das von der Stadt prognostizierte Bevölkerungswachstum infrage. Mit dem Hafner entstünde auf 50 Hektar Fläche ein neuer Stadtteil. Das müsse erst einmal reichen, so Boll. „Man muss nicht jeden Flecken bebauen.“ Und wenn der Hafner schon komme, dann müssten andere Gebiete zurückgestellt werden, befand sie.

„Man darf nicht jeden Flecken bebauen“, so Antje Boll vom BUND. Dann würde der nachfolgenden Generation jede ...
„Man darf nicht jeden Flecken bebauen“, so Antje Boll vom BUND. Dann würde der nachfolgenden Generation jede Entwicklungs-Chance geraubt. | Bild: Hanser, Oliver

Eberhardt Klein vom Nabu bescheinigte der Stadt, es handle sich um ein „mustergültiges Projekt“, aber „ein großer Fehler ist der Standort“. Es handle sich um einen sensiblen Bereich; jahrzehntelang sei es darum gegangen, die bauliche Entwicklung dort gering zu halten. Es sei eine Brücke zwischen Seeufer und Hinterland. Mit jeder zusätzlichen Verdichtung verliere der Raum an Funktion.

„Jede Nachverdichtung schädigt die Biotopvernetzung“, stellt Eberhard Klein vom Nabu fest.
„Jede Nachverdichtung schädigt die Biotopvernetzung“, stellt Eberhard Klein vom Nabu fest. | Bild: Hanser, Oliver

Raimund Blödt als Sprecher der Petenten verwies auf das „ökologisch sensible Gebiet“, das „frei von Wohnungsbau bleiben soll.“ Zudem verwies er auf die Höhe der geplanten Gebäude, die zwischen drei und fünf Geschossen werden sollten und drei Meter hohe Dachaufbauten zugelassen werden sollten. Das Projekt entspreche nicht dem Bodenseeleitbild und der städtische Maßstab reiche über den Wald.

„Es ist ein ökologisch sensibles Gebiet, das frei von Wohnungsbau bleiben soll“, sagt Raimund Blödt, Sprecher der Petenten.
„Es ist ein ökologisch sensibles Gebiet, das frei von Wohnungsbau bleiben soll“, sagt Raimund Blödt, Sprecher der Petenten. | Bild: Hanser, Oliver

Sven Martin von der Bürgergemeinschaft Allmannsdorf-Staad stellt sich ebenfalls gegen das Bauprojekt im Stadtteil Petershausen-Ost: „Wir schaffen viel Wohnraum, aber nicht den richtigen“, findet er, der auf „viele Luxus-Wohnungen“ hinwies.

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Das sagt die Stadtverwaltung

Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn betonte, wie wichtig Bauprojekte seien, denn die städtische Wohnbaugesellschaft Wobak habe nicht genügend Wohnungen; die Liste der Wohnungssuchenden sei lang. Langensteiner sprach von aktuell „300 Härtefällen“. Auf den Christiani-Wiesen würden mit dem Bauprojekt „Am Horn“ 140 Wohneinheiten, davon 30 bis 50 geförderte Wohnungen, realisiert. Dieser Wohnraum würde dringend benötigt, denn bis der Hafner realisiert werden könne, dauere es noch Jahre.

„Wir haben schon Parkplätze überbaut und Spielplätze verlegt, um Wohnraum zu schaffen“, sagt Baubürgermeister Karl ...
„Wir haben schon Parkplätze überbaut und Spielplätze verlegt, um Wohnraum zu schaffen“, sagt Baubürgermeister Karl Langensteiner-Schönborn. | Bild: Hanser, Oliver

Auch widersprach er den Petenten, denn über dem Gebiet südlich des Lorettowaldes sei „keine Käseglocke“ gelegt worden. Er nannte unter anderem Neubau Therme, Schmieder-Klinik und Hotel-Anbau als Beispiele für die Bautätigkeiten.

Marion Klose, Leiter des Amtes für Stadtplanung und Umwelt, bekräftigte, dass sich die „aktuell kritische Wohnraumsituation“ noch verschärfen werde. Bei den Christiani-Wiesen handle es sich um eine Arrondierungsfläche.

„Es ist nachgewiesen, dass die Biotopvernetzung erhalten bleibt“, so Marion Klose, Leiterin des Amts für Stadtplanung und ...
„Es ist nachgewiesen, dass die Biotopvernetzung erhalten bleibt“, so Marion Klose, Leiterin des Amts für Stadtplanung und Umwelt. | Bild: Hanser, Oliver

Die Vertreter von Landratsamt und Regierungspräsidium Freiburg sahen keinen Hinderungsgrund für das Neubauprojekt, denn Bedenken und Anregungen seitens der Behörden seien umfassend abgearbeitet worden.

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