Bahnhofplatz, Stephansplatz, E-Zone. Das Thema Verkehr sorgt in Konstanz immer wieder für Diskussionen. Um Missverständnisse zu beseitigen und die Bevölkerung in die Debatte einzubeziehen, hat die Stadt Konstanz am Mittwoch, 14. Mai, den Entwurf ihres Klimamobilitätsplans (KMP) im Konzil vorgestellt. Im Anschluss wurden die Maßnahmen des Plans gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern sowie Vertretern von Wirtschafts-, Umwelt- und Sozialverbänden debattiert. Das sind die wichtigsten Fragen rund um den KMP – und die Antworten darauf.

Wieso gibt es den Klimamobilitätsplan?

Bereits 2013 wurde in Konstanz der Masterplan Mobilität beschlossen. Dieser bildet die Grundlage des KMP und wurde mit anderen bestehenden Konzepten, wie der Klimaschutzstrategie, zusammengefasst. Ein wesentliches Ziel des KMP ist es, den CO2-Ausstoß im Verkehr zu reduzieren. Rund 20 Prozent der Treibhausgasemissionen in Konstanz stammen aus dem Verkehrssektor. Und die sollen laut Klimaschutzstrategie bis 2035 weitgehend verschwinden.

Das kann der KMP, zum Missfallen des obersten städtischen Klimaschützers Philipp Baumgartner, nicht leisten. Würden alle Maßnahmen wie geplant umgesetzt, könnte der CO2-Ausstoß im Verkehr um knapp 84 Prozent reduziert werden. Zehn Prozentpunkte weniger als die Konstanzer Klimaschutzstrategie vorgibt, aber immerhin 20 Punkte mehr, als man durch die Maßnahmen von Bund und Land erreichen würde. Außerdem soll die Mobilität in Konstanz flexibler, ruhiger und moderner gestaltet werden.

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Was plant die Stadt konkret?

Der vollständige Entwurf des KMP umfasst 37 Maßnahmencluster aus neun Bereichen, die bis 2035 sukzessive umgesetzt werden sollen. So soll etwa das Stadtbus-Angebot deutlich erweitert werden, insofern ausreichend Fahrpersonal zur Verfügung steht. Hinzu kommt, dass der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) gegenüber dem Autoverkehr noch stärker priorisiert werden soll.

Lücken im Konstanzer Radnetz sollen, etwa durch eine Fuß- und Radbrücke über den Rhein zwischen Wessenbergschule und Bodenseeforum und eine Schnell-Radverbindung von Singen nach Konstanz, geschlossen werden. Das Carsharing-Angebot soll von aktuell 60 Fahrzeugen auf 900 ausgebaut werden. Die städtische Busflotte soll vollständig elektrifiziert werden. Das entspricht vier Bussen pro Jahr bis 2035. Außerdem plant die Stadt, den Straßenraum zugunsten von Fuß-, Rad- und Busverkehr neu aufzuteilen.

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Wer soll das Ganze bezahlen?

Insgesamt sollen rund 430 Millionen Euro in die Maßnahmen des KMP investiert werden. Der größte Anteil entfällt dabei auf den ÖPNV. Über 170 Millionen Euro sollen unter anderem in die vollelektrische Busflotte fließen. Freilich sind solche Investitionen für die Stadt Konstanz nicht allein zu stemmen. Das Land Baden-Württemberg fördert gewisse Maßnahmen aus Klimamobilitätsplänen mit 75 Prozent, wenn eine Kommune durch ihren KMP nachweislich mehr als 77,5 Prozent CO2 einspart.

Das restliche Geld soll aus drei weiteren Finanzquellen stammen. Aus einer ausgeweiteten Parkraumbewirtschaftung, dem Mobilitätspass und aus Haushaltsmitteln, erklärt Stephan Fischer, Abteilungsleiter Mobilität der Stadt Konstanz auf Nachfrage des SÜDKURIER. Auf die Stadt Konstanz, die finanziell nicht gut dasteht, kämen dann noch Kosten in Höhe von rund sechs Millionen Euro zu, so Christopher Hainsch, Mobilitäts- und Verkehrsplaner der Stadt Konstanz.

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Was bedeutet das für meine Parksituation?

Aktuell werden im Bereich der Altstadt, des Paradieses und der Niederburg sowie der südlichen Mainaustraße Parkgebühren erhoben. Die Parkraumbewirtschaftung soll auf die Stadtteile Allmannsdorf und Petershausen-West und bis 2035 schrittweise aufs gesamte Stadtgebiet ausgeweitet werden. Außerdem plant die Stadt, die Parkgebühren anzuheben. So sollen die Gebühren für Besucherparkplätze von aktuell zwei sukzessive auf sechs Euro pro Stunde erhöht werden.

Dass in Teilbereichen von Petershausen das Anwohnerparken eingeführt werden soll, ist bereits beschlossen. Das Parken für Anwohner kostet im Moment noch 150 Euro und soll auf 600 Euro pro Jahr steigen. Würde der Gemeinderat auf Erreichung einer CO2-Reduzierung von 94 Prozent bestehen, wie in der Klimaschutzstrategie beschlossen, müssten die vorgeschlagenen Parkgebühren noch deutlich höher sein. Eine reine Ausweitung der Angebote würde laut KMP im vertretbaren Rahmen zu keinen nennenswerten Verbesserungen führen.

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Und was ist ein Mobilitätspass?

Der Mobilitätspass ist ein kommunales Instrument, das helfen soll, Investitionen in den ÖPNV zu finanzieren und funktioniert wie eine Kopfsteuer. Ob eine Kommune den Mobilitätspass einführt oder nicht, bleibt ihr selbst überlassen. Es gibt sowohl die Möglichkeit, nur Kfz-Halterinnen und -Halter zur Kasse zu bitten, als auch alle Einwohnerinnen und Einwohner. Wer die Abgabe zahlen muss, erhält im Gegenzug ein Guthaben für den Kauf von ÖPNV-Tagestickets in gleicher Höhe.

Ist das schon alles beschlossen?

Nein. Am 3. April wurde im Gemeinderat erst einmal entschieden, dass der Entwurf des KMP in dieser Form den Bürgerinnen und Bürgern vorgestellt werden darf. „Ob der KMP am Ende genauso beschlossen wird, können wir noch nicht sagen“, erklärt Stephan Fischer. Noch 2025 soll der KMP, unter Einbezug der Erkenntnisse aus der Diskussion mit Bürgerinnen und Bürgern, dem Gemeinderat zur Abstimmung vorgelegt werden.

Trotzdem müsse laut Fischer jede Maßnahme einzeln vom Gemeinderat genehmigt werden. Somit ist der KMP kein Selbstläufer. Ende April wurde eine Erhöhung der Parkgebühren durch den Gemeinderat abgelehnt und somit ein erstes Zwischenziel des KMP verpasst. Auch ob und in welcher Form der Mobilitätspass kommt, sei laut Fischer noch unklar.

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Was sagen die Bürgerinnen und Bürger?

Im Konzil wurden vor allem die Themen Parken und ÖPNV-Tarife kontrovers diskutiert. So schlug ein Zuschauer vor, Parkgebühren mindestens so teuer zu machen wie ein Monatsticket für den ÖPNV. Das geht Regina Risch und Mario Luporini noch nicht weit genug. „Ich kann mir diesen Busverkehr nicht mehr leisten. Mich ärgert, dass ein 1-Euro-Ticket überhaupt nicht zur Diskussion steht“, sagt Risch. Wer wirklich was fürs Klima tun wolle, brauche so ein günstiges Ticket.

„Das macht mich wütend. Und jetzt soll ich vielleicht auch noch zu einem Mobilitätspass gezwungen werden.“ Luporini befürchtet, dass durch höhere Parkgebühren die soziale Ungleichheit noch weiter befeuert wird. „Es gibt Leute, die sich das nicht leisten können, 600 Euro fürs Parken zu zahlen. Wer viel Geld hat, besitzt wahrscheinlich sowieso eine Garage und muss gar nichts zahlen.“

„Es gibt Leute, die sich das nicht leisten können, 600 Euro fürs Parken zu zahlen“, sagt Mario Luporini.
„Es gibt Leute, die sich das nicht leisten können, 600 Euro fürs Parken zu zahlen“, sagt Mario Luporini. | Bild: Denis Pscheidl

Zeynep Kunduraci findet die geplanten Parkgebühren zwar gerade noch in Ordnung, würde sich aber ein System wünschen, in dem Besucher noch stärker zur Kasse gebeten und dafür Anwohnerinnen und Anwohner entlastet werden.

„Besucherinnen und Besucher sollten stärker zur Kasse gebeten werden als Anwohner“, findet Zeynep Kunduraci.
„Besucherinnen und Besucher sollten stärker zur Kasse gebeten werden als Anwohner“, findet Zeynep Kunduraci. | Bild: Denis Pscheidl

Kann ich mich noch beteiligen?

„Der KMP ist kein abgeschlossener Prozess“, sagt Fischer. „Es wird immer wieder Bürgerbeteiligungen zu einzelnen Maßnahmen geben.“ Außerdem habe die Stadt immer ein offenes Ohr für Anregungen und Kritik. Bereits 2023 gab es einen Bürgerrat und eine Online-Beteiligung, an der 117 Menschen teilgenommen haben.