Da haben viele Autofahrer schon wieder Blutdruck. Tempo 30! Jetzt auch auf der Friedrichstraße, der Riedstraße, der Allmannsdorfer Straße! Da setzen doch die Links-Grünen schon wieder ihre autofeindliche Agenda um! Und der Stadtverwaltung ist es gerade recht, weil sie dann noch bessere Plätze hat, um ihre Radarfalle aufzustellen, die ahnungslosen Autofahrer abzocken und die leere Stadtkasse neu befüllen kann! Und vorankommen kann man in dieser Stadt auch nicht mehr!

So oder so ähnlich brodelt es in einschlägigen Kreisen, seit Konstanz weitere 30er-Bereiche ausgewiesen hat und nun seit diesem Jahr auch die Einhaltung der Limits überwacht. Was übrigens mit Fallenstellerei nichts zu tun hat.

Das Wort allein ist schon respektlos, der Einsatz des Blitzers war angekündigt, und jede Regel ist nur so gut wie ihre Durchsetzung. Gerade weil da so viel Schaum vor dem Mund ist, helfen vielleicht ein paar Fakten bei der Einordnung des ganzen Vorgangs.

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In vielen anderen Orten ist schon seit Jahren Tempo 30 die Regel

Zunächst einmal erfüllt die Stadt Konstanz mit den neuen 30er-Bereichen eine gesetzliche Pflicht. Bei den geforderten Lärmaktionsplänen waren andere Kommunen sehr viel schneller, wie alle bestätigen können, die in den letzten zehn Jahren einmal in Friedrichshafen oder Hagnau unterwegs waren.

Grundlage ist, dass nach einer EU-Vorgabe die Gesundheit der Anwohner geschützt werden muss, und Lärm macht nun einmal nachweislich krank. Das ist offenbar vielen, die im Auto an den Häusern viel befahrener Straßen vorbei brausen, ziemlich egal.

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Weiter spricht auch die Sicherheit der schwächeren Verkehrsteilnehmer für Tempo 30 – und das eben nicht nur vor Schulen und Kindergärten. Radfahrer und Fußgänger sind überall unterwegs. Laut Bernhard Schlag, Verkehrsforscher an der TU Dresden, ist bei einer Aufprallgeschwindigkeit von 30 Kilometern pro Stunde ein erwachsener Fußgänger in drei von zehn Fällen tot, bei Tempo 50 dagegen in acht von zehn Fällen. Vom dramatisch kürzeren Brems- und Anhalteweg einmal ganz abgesehen.

Jede Minute von null auf 50 – das kann es doch nicht sein

Auch die Umwelt kann von Tempo 30 profitieren, wie zahlreiche Berechnungen zeigen. So werden bis zu zwei Drittel Energie gespart (und Emissionen sowie Feinstaub aus Reifenabrieb vermieden), wenn aus dem Stand statt auf Tempo 50 nur auf Tempo 30 beschleunigt wird.

Gerade in Konstanz mit seinen berüchtigten Ampelschaltungen dürfte das einen messbaren Effekt haben. Hier übrigens wäre auch ein prima Hebel, um das Vorankommen mit dem Auto zu beschleunigen, wenn es darum jetzt so schlecht bestellt sein sollte.

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Und doch ist es verständlich, dass Autofahrer unglücklich über Tempo 30 sind (jedenfalls dort, wo sie nicht selbst wohnen). Manche von ihnen, das zeigten auch Gespräche beim Bürgerempfang, empfinden die neue Tempobremse auch als Spaßbremse. Das zeigt, welche Rolle und Funktion das Auto noch immer für diejenigen hat, die so reden. Da empfiehlt sich vor der nächsten Stammtisch-Polterei vielleicht doch, einen Gang zurückzuschalten.