Sonntagmorgen, gegen 5.30 Uhr, an der größten Konstanzer Einfallstraße. Auf der einen Seite etwas nach hinten versetzt eine Disco, auf der anderen eine Tankstelle, zwischendrin Gewerbebauten. Plötzlich knallt es, ein Schuss fällt. Ein Roller fährt weg, auf ihm zwei Personen. Wenig später ist hier alles voller Einsatzfahrzeuge, Flatterband sperrt den Bereich weiträumig ab. Das ist keine Szene aus einem Vorabendkrimi, sondern die Realität des 7. Juli 2024 an der Konstanzer Reichenaustraße.

Noch am selben Abend werden zwei Männer festgenommen, jenseits der Schweizer Grenze in Kreuzlingen. Sie sind 34 und 20 Jahre alt. Das Opfer, ein 37 Jahre alter Mann, ist zu der Zeit im Krankenhaus. Schwer verletzt durch einen Schuss, aber nicht lebensgefährlich, wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilen. Zehn Tage später haben die Behörden den Fall weiter ermittelt – aber noch fehlen nach deren Angaben einige Puzzleteile. Was wir wissen und was wir nicht wissen.

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Die Tatverdächtigen

Beide sind keine Schweizer Staatsbürger, sondern haben italienische Staatsangehörigkeit. Einer wurde inzwischen nach Deutschland ausgeliefert und sitzt hier in Haft. Der andere hat einem vereinfachten Auslieferungsverfahren nicht zugestimmt und sitzt weiter in der Schweiz ein. Er kann erst überstellt werden, wenn ein relativ aufwendiges Verfahren bis zu den jeweiligen Bundesbehörden abgeschlossen ist, erklärt Andreas Mathy, der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft.

Das Opfer

Die Ermittlungsbehörden schweigen sich darüber aus, in welchem Verhältnis der angeschossene 37-Jährige zu den Tatverdächtigen stand. Damit ist auch nicht auszuschließen, dass das stimmt, was der SÜDKURIER erfahren hat: Der Mann soll demnach nichts mit einer vorangegangenen Streiterei zu tun gehabt haben und könnte einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen sein. Seine Schussverletzung „war erheblich, das hätte auch anders ausgehen können“, erklärt die Staatsanwaltschaft dazu. Die gute Nachricht ist: Der Mann befindet sich auf dem Weg der Besserung.

Das Motiv

Bestätigt ist, dass es in der Nacht vor der Schussabgabe in einer nahen Großraumdisco einen Streit mit einer harten körperlichen Auseinandersetzung gab. Dabei sollen zwei Gruppen aufeinander losgegangen sein und den Streit später draußen weitergeführt haben. Ob die Schussabgabe Teil dieser Auseinandersetzung ist, sei Gegenstand der Ermittlungen, sagte Staatsanwalt Mathy auf SÜDKURIER-Anfrage. Damit steht auch das Motiv für die – für Konstanzer Verhältnisse ungewöhnliche – Gewalttat zunächst nicht fest.

(Archivbild) Sie sichern Spuren: Experten der Kriminalpolizei sind auch Stunden nach der Tat noch im Einsatz. Das Opfer ist derweil im ...
(Archivbild) Sie sichern Spuren: Experten der Kriminalpolizei sind auch Stunden nach der Tat noch im Einsatz. Das Opfer ist derweil im Krankenhaus. | Bild: Rau, Jörg-Peter/SK-Archiv

Die Waffe

Womit geschossen wurde, ist laut Staatsanwaltschaft eineinhalb Wochen nach der Tat noch immer unklar. Man habe keine Waffe gefunden, hieß es. Demnach wurde weder am Tatort noch an der Kreuzlinger Adresse, an der die Festnahme erfolgte, eine Waffe mit Bezug zu den Schüssen an 7. Juli entdeckt. Auch eine Patronenhülse wurde vor Ort nicht sichergestellt. Ob aber ein Projektil sichergestellt wurde, dazu sagen die Ermittler vorerst nichts. Und auch nicht dazu, ob die Schussverletzungen eine Aussage darüber zulassen, ob zum Beispiel ein Kleinkaliber-Bleigeschoss oder eine Softair-Kugel die Verletzungen verursacht haben könnte.

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Der Ermittlungserfolg

Die Tatverdächtigen konnten ermittelt werden, weil das Schweizer Kennzeichen ihres Rollers von einer Überwachungskamera der nahegelegenen Eni-Tankstelle erfasst wurde. Das teilte die Staatsanwaltschaft nun mit. Dass noch am selben Abend in Kreuzlingen eine Festnahme erfolgen konnte, sei der ausgezeichneten grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu verdanken. „Das funktioniert in aller Regel ganz exzellent“, sagt Staatsanwalt Andreas Mathy dazu. Die Zusammenarbeit mit den Schweizer Kollegen sei bei Polizei- und Justizbehörden „schnell und pragmatisch“.