Bootsführer, Sanitäter, Rettungsschwimmer – Ehrenamt bei der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) kann vielfältige Rollen annehmen. Rolf Gruber hat all diese Aufgaben schon mal übernommen. Er ist seit 1981 dabei und seit 22 Jahren Vorsitzender des Fördervereins der DLRG. Heute sehe er sich mehr als „Ausfallversicherung“ und springt ein, wenn dringend jemand gebraucht wird. Es sei Zeit, dass die junge Generation übernehme, denn die habe großes Potential.
Die Retter haben nur wenig Zeit
Das ehrenamtliche Engagement der Lebensretter sei ein wichtiger Faktor der öffentlichen Sicherheit. Gleichzeitig sinke das Bewusstsein für ehrenamtliches Engagement immer weiter. Das sei vor allem eine Frage der Haltung. Insbesondere junge Menschen verbringen laut Gruber ihre Zeit tendenziell eher mit sozialen Medien, anstatt einen Teil zur Gesellschaft beizutragen.
Dabei leistet die DLRG einen wichtigen Beitrag zum Gemeinwohl. Bei den etwa dreihundert Erste-Hilfe-Leistungen pro Jahr in den Bädern handele es sich vor allem um einfache Aufgaben wie das Versorgen von Schnitten im Fuß oder einem Bienenstich. Dazu kommen im Schnitt zwei bis drei Ertrinkungsunfälle jährlich. Den Rettern bleibt dabei nur wenig Zeit.
Nach fünf bis sieben Minuten unter Wasser ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Person nicht überlebt, so Gruber im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Gleichzeitig räumt der Vorsitzende mit dem typischen Klischee über Ertrinkende auf: „Ertrinkende schreien nicht um Hilfe, so wie das in Filmen immer gezeigt wird. Sie sind viel zu sehr damit beschäftigt, nicht unterzugehen. Sie ertrinken still und leise.“
Vergessen geht nicht
Natürlich erleben die Ehrenamtlichen durch ihre Hilfe auch viel Leid mit. Rolf Gruber erinnere sich lebhaft an einen Einsatz, bei dem das Team zwei kleine Kinder im Alter von zwei und vier Jahren aus dem Wasser geborgen hatte. Das waren solch kleine Wesen, die man sonst in den Arm nimmt, das tut schon weh, das zu sehen.“, erzählt Gruber.
In den 1990er-Jahren habe er dann einen Ertrinkenden aus dem Wasser gezogen, den er persönlich über viele Jahre kannte. „Das ist natürlich nicht leicht“, berichtet er. Damals habe er das Erlebte vor allem durch die Nachbesprechung des Einsatzes mit den Kollegen verarbeitet, denn professionelle Hilfe zur Traumata-Verarbeitung gab es damals in ihrem Verein noch nicht. Heute ist das anders. So haben sie etwa feste Kontakte zu Seelsorgern.
Daneben erinnert sich Gruber aber auch an kuriose Ereignisse bei der DLRG. Etwa bei seinem ersten wirklich harten Einsatz im Juni 1984. Dort habe es Stürme gegeben, mit Windgeschwindigkeiten über 120 Kilometer pro Stunde. „Wir mussten einen Surfer vor der Mainau retten. Bis wir ihn an Bord genommen hatten, sind wir bereits zwei Kilometer abgetrieben“, erzählt Gruber. Auf dem Rückweg habe das Team dann 20 Minuten gebraucht für eine Strecke, die sie sonst in vier Minuten zurücklegen. „In der ganzen Zeit hat der Surfer nur darauf bestanden, dass wir sein Brett retten“, fährt Gruber fort, „als wir es dann zwei Stunden später aus dem Schilf gezogen haben, hat er sich sehr gefreut.“
Keine falsche Hilfe
Doch nicht immer zeigen die Menschen Dankbarkeit für die Arbeit der Ehrenamtlichen. Dann hagelt es stattdessen Kritik an dem Vorgehen der Rettungskräfte. Etwa wenn sie auf einer Regatta die Bahnen der anderen Teilnehmer kreuzen, um einen Verletzten von einem Boot zu holen. Zudem gebe es häufig Schaulustige, die die Geschehnisse lieber filmen, anstatt selbst anzupacken und etwa den Rettungswagen einzuweisen. Rolf Gruber hat dazu eine klare Meinung: „Laut Strafgesetzbuch gibt es keine falsche Hilfe. Es gibt nur unterlassene Hilfeleistung.“

Zurzeit hat die DLRG Konstanz rund 850 Mitglieder, von denen etwa die Hälfte Jugendliche unter 18 Jahren sind. Darin sieht Gruber eine große Chance. Der Verein achte auf eine breite Vielfalt der Jugendarbeit. Neben Schwimmkursen für Kinder und Jugendliche kann man auch verschiedene Disziplinen der Wasserrettung erlernen. Dazu kommen Events wie das gemeinsame Grillen am Ersten Mai.
„Wichtig ist, dass man den Kindern keine Angst vor dem Wasser vermittelt“. Je besser das funktioniere, desto leichter falle es den Kindern, schwimmen zu lernen, ohne dass der Spaß dabei verloren geht.
Arbeit wartet immer
Die DLRG Konstanz hat heute 40 aktive Sanitäter, 25 Bootsführer und zehn aktive Taucher. Sie alle müssen ihre Lizenz jährlich erneuern. Dafür müssen die Taucher etwa zehn Stunden im Jahr unter Wasser verbringen.
Insgesamt sind es 130 aktive Mitglieder, die sich für die Kombination aus Humanität und Sport engagieren. Sie seien Schwimm- und Sportverein sowie Wasserrettung zugleich. Gruber fasst es so zusammen: „Das sind alles Menschen, die zusammenkommen und einander unterstützen, egal was passiert.“
Im Durchschnitt erreichen die Zentrale etwa 40 bis 60 Alarmierungen pro Jahr. Dann eilen die Ehrenamtlichen von der Zentrale in der Weiherhofstraße zum Einsatzort.
Erst seit 1999 hat die DLRG dort ihren Standort. Zuvor war die DLRG über die ganze Stadt verteilt. So befand sich die Verwaltung am Fischmarkt, am Hörnle befand sich das Vereinshaus mit Lager. Wenn die Boote gewartet wurden, konnte die DLRG die Räumlichkeiten verschiedener Firmen über das Wochenende nutzen.
2005 wird dann die Fahrzeughalle im Anschluss an das Gebäude in der Weiherhofstraße eröffnet. Von nun an können die Bootswartungen deutlich flexibler durchgeführt werden. „Es einfach praktischer, wenn man den ganzen Prozess über mehrere Wochen verteilen kann und nicht am Sonntagabend wieder raus sein muss“, ergänzt Gruber. Schließlich handelt es sich bei der DLRG nun schon seit hundert Jahren um Freiwilligenarbeit. Diese ist wertvoll und braucht ihre Zeit.