Mit einer Tasse Tee in der Hand geht es Björn Graf Bernadotte gut. Er trinkt das Heißgetränk gerne. Bevorzugt an einem – sagen wir mal – seltsamen Ort. „Der schönste Platz auf der Mainau ist etwas ungewöhnlich“, räumt er ein. Seit einiger Zeit ist das Barockschloss auf der Mainau in ein Gerüst eingehüllt. Das Dach und die Fassade des Gebäudes werden saniert.

Im Nordflügel (links) des derzeit eingerüsteten Barockschlosses auf der Mainau befindet sich im zweiten Stock die private Wohnung des ...
Im Nordflügel (links) des derzeit eingerüsteten Barockschlosses auf der Mainau befindet sich im zweiten Stock die private Wohnung des Graden Bernadotte. | Bild: Oliver Hanser | SK-Archiv

Aber das eröffnet dem Grafen die Chance, einen neuen Blickwinkel auf die Insel einzunehmen – zusammen mit einer Tasse Tee. „Ich setze mich gerne auf das Gerüst und schaue dabei über die Insel und den Bodensee. Das ist ein einmaliger Ausblick“, erzählt er und schmunzelt.

Die Mainau ist ein Touristenmagnet. An Spitzentagen flanieren 10.000 Besucher über die Blumeninsel. Aber nicht für jedermann ist die Insel eine Touristenattraktion. Für Björn Graf Bernadotte af Wisborg, so ein sein vollständiger Name, bedeutet sie Heimat. Er wohnt auf der Mainau – genauer gesagt im Schloss.

Haben Sie einen Lieblingsplatz auf der Insel Mainau, Graf Björn? Video: Jonas Bernauer

Die Wohnung befindet sich im Nordflügel

Seine Vier-Zimmer-Wohnung befindet sich im zweiten Stock des Nordflügels. Wie groß sie ist? „Keine Ahnung“, sagt er und zuckt mit den Schultern. Die Wohnung des 48-jährigen Grafen umfasst ein Schlafzimmer mit Blick auf die Birnau, ein Wohnzimmer, eine Küche, ein Esszimmer und natürlich ein Badezimmer.

Irgendwelche extravaganten Räumlichkeiten würden nicht zu der Wohnung gehören. Sowas wie einen privaten Weinkeller gebe es nicht. „Es gibt einen Weinkeller, aber dort lagert der Wein für offizielle Veranstaltungen“, sagt Graf Bernadotte.

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Wenn er Wein trinken will, dann muss er an seinen eigenen Kühlschrank gehen: Dort befinden sich neben Wein meisten auch eingelegte Jalapeños, Senf, gesalzene Butter und Wasser. Gibt das ein spontanes Essen her? „Man muss halt kreativ sein“, scherzt er.

Doch einen Blick in den Kühlschrank oder in die private Wohnung können wir nicht werfen. Es ist eben eine private Wohnung. Und: „Es ist die Wohnung, in der ich groß geworden bin“, sagt der Mainau-Graf.

Auf dem Klingelschild stehe es: Hier wohnt Graf Bernadotte.
Auf dem Klingelschild stehe es: Hier wohnt Graf Bernadotte. | Bild: Jonas Bernauer

Die gräfliche Familie mit den Eltern und den fünf Kindern in dieser kleinen Wohnung gehaust? „Nein, natürlich nicht“, sagt Graf Björn und lacht. Er habe sich nicht mit seinen Geschwistern ein Zimmer teilen müssen. „Die Wohnung war mal größer“, erzählt er.

Als seine Geschwister nach und nach ausgezogen sind, haben seine Eltern Lennart Graf Bernadotte und Sonja Gräfin Bernadotte die Wohnung verkleinern lassen. „Aber im Prinzip ist das die Wohnung aus meiner Kindheit“, sagt der Graf.

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Nachbarskinder gab es nicht

Wie ist es so, auf der Insel Mainau groß zu werden? „Es ist ein Privileg in so einer gottbegnadeten Gegend aufzuwachsen“, schwärmt er. Doch seine Kindheit und Jugend war dann vielleicht doch etwas anders als die seiner Mitschüler. Denn obwohl er in Litzelstetten zur Grundschule gegangen ist, ergab sich aus seiner Wohnsituation heraus eine etwas andere Kindheit. „Sich in die Klassengemeinschaft zu integrieren war nicht so einfach“, sagt er.

Einer der Nachteile sei gewesen, dass Mitschüler nicht einfach mal so zum Spielen auf die Insel kamen. Allerdings: „Von Nachteil kann man eigentlich nicht wirklich sprechen“, sagt er. Die Mainau bietet einen 45 Hektar großen Garten, aber es ist eben doch eine Insel – weg vom Festland, weg von Konstanz.

Der positive sowie der negative Aspekt Ihrer Kindheit auf einer Insel? Video: Jonas Bernauer

Graf Björn ist ohne Nachbarskinder aufgewachsen. Aber dafür hatte er Geschwister, mit denen man über die Insel toben konnte. Das hat zusammengeschweißt. „Wir haben eine spezielle Gemeinschaft entwickelt.“ Und: Gelegenheiten zum Spielen gab es auf der Insel genug. Die Bernadotte-Kinder haben gemeinsam manches Abenteuer erlebt.

Heute erklimmt er ja gern mal das Gerüst am Schloss, als Kind hatte er andere waghalsige Pläne. „Ich bin sicherlich schon auf jeden Baum auf der Mainau geklettert“, verrät Graf Björn. Eine Tatsache, die den Eltern nicht sonderlich gefallen hat. „Zum Glück hatten wir tolle Mitarbeiter auf der Insel, die meinen Eltern nur rund zehn Prozent von dem erzählt haben, was wir Kinder auf der Insel angestellt haben“, erinnert sich der heute 48-Jährige.

Wenn zum Beispiel ein Gärtner unbeobachtet einen kleinen Transporter, der „nur einen Vorwärts- und einen Rückwärtsgang hatte“, mit Zündschlüssel hat stehen lassen, konnte es sein, dass die Kinder sich das Gefährt „ausgeborgt“ haben. Auch adelige Kinder treiben Schabernack.

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„Die Mainau und der Bodensee sind meine Heimat“

Ja, an seine Kindheit denkt der Graf gerne zurück. Bis zu seinem 16. Lebensjahr hat er auf der Insel gewohnt. Danach hat er einige andere Orte kurzfristig Heimat genannt: Kreuzlingen, England, Schweden, Vorarlberg, Litzelstetten und Konstanz.

„In England habe ich in einem Neun-Quadratmeter-Zimmer in einer neuner WG gewohnt. Das war schon was anderes“, sagt er. Aber auch das habe ihm gefallen. „Man kann es sich überall schön machen“, findet er. In dem Neun-Quadratmeter-Zimmer hatte er aber zugegebenermaßen nicht viel: ein Bett, einen Schrank und einen Tisch.

Björn Graf Bernadotte hat nicht nur seine Wohnung im Barockschloss auf der Mainau, sondern auch sein Büro.
Björn Graf Bernadotte hat nicht nur seine Wohnung im Barockschloss auf der Mainau, sondern auch sein Büro. | Bild: Jonas Bernauer

„Ich musste rückwärts Platz machen, um die Türe zu schließen“, erzählt er, schüttelt leicht den Kopf und lacht. Könnte er heute nochmal nur auf neun Quadratmetern wohnen? „Nein, es sollten schon mindestens zwölf sein“, sagt er und schmunzelt.

Wegziehen von der Insel? Über diese Frage muss er länger nachdenken. Immerhin wohnt er nun schon wieder 18 Jahre auf der Blumeninsel. „Ich habe keine aktiven Pläne, wegzuziehen“, sagt er und denkt weiter nach. „Also weg vom Bodensee ziehen, dass kann ich mir nicht vorstellen. Die Mainau und der Bodensee sind meine Heimat.“

Wie lebt es sich eigentlich auf einer Touristenattraktion? Video: Jonas Bernauer