Als Markus Renz und Raphael Huber von R&H Baukonzept aus Singen im Dezember 2023 den Gestaltungsbeirat verließen, waren sie enttäuscht. Das Architekten-Expertengremium hatte ihre Pläne für die Wollmatinger Dorfmitte als zu groß, massiv und zu unruhig abgelehnt.

Nach dem Gesetz wären die Pläne zwar genehmigungsfähig, doch die Architekten machten damals deutlich, dass auf dem sensiblen Areal nicht alles gebaut werden sollte, was erlaubt ist. Aus Sicht des Gestaltungsbeirats passen drei dreigeschossige Häuser mit 62 Wohnungen plus zwei dreigeschossige Verbindungsbauten nicht ins Ortsbild.

Das Gasthaus Linde steht leer, demnächst zieht ein Irish Pub ein. Eigentlich sind auch hier neue Wohnungen geplant, aber das Projekt ...
Das Gasthaus Linde steht leer, demnächst zieht ein Irish Pub ein. Eigentlich sind auch hier neue Wohnungen geplant, aber das Projekt liegt aus Kostengründen auf Eis. Schräg gegenüber, beim Gasthaus Löwen, soll es schneller gehen. | Bild: Kirsten Astor

Nun, knapp ein halbes Jahr später, legen die Bauherren auf SÜDKURIER-Nachfrage offen, wie es mit dem Projekt weitergehen soll. „Wir arbeiten an unseren Plänen und sind in Abstimmung mit der Stadtverwaltung“, sagt Raphael Huber. „Ich vertrete nach wie vor die Meinung, dass es sinnvoll ist, in eine gewisse Höhe zu bauen.“

Er begründet: „Wir verstehen die gestalterischen Einwände, aber unserer Auffassung nach hat Wohnungsbau die höchste Priorität in Konstanz. Es ist absurd, welche Preise die Bürger hier inzwischen bezahlen sollen. Nur über eine gewisse Gebäudegröße können wir positive Einflüsse auf die Mietpreise erwirken.“

(Archivbild von Dezember 2023) Die Architektur-Experten hatten an den ersten Plänen von R&H Baukonzept (im Vordergrund zu sehen) viel zu ...
(Archivbild von Dezember 2023) Die Architektur-Experten hatten an den ersten Plänen von R&H Baukonzept (im Vordergrund zu sehen) viel zu bemängeln. Unter anderem raten sie entlang der Litzelstetter Straße (wo sich auf diesem Bild das weiße Nebengebäude befindet) zur Zweigeschossigkeit. | Bild: Kirsten Astor

In den neuen Wohnungen sollen unterschiedliche Menschen von Studierenden über Familien bis zu Senioren in barrierearmen oder barrierefreien Mietwohnungen leben. „Viele Bauträger legen derzeit Projekte, bei denen bezahlbarer Wohnraum entstehen soll, auf Eis. Wir möchten uns entgegen diesem Trend engagieren, aber wenn wir unsere Pläne deutlich abspecken sollen, können auch wir das nicht bezahlen“, so Huber.

Grundsätzlich bleibe es daher bei dem Plan, in die Höhe zu bauen. Dennoch sind die beiden Bauherren aus Singen kompromissbereit: „Wir haben in allen Punkten, die der Gestaltungsbeirat kritisiert hat, nachgebessert“, sagt Raphael Huber. „Die Gebäude würden wir auseinandernehmen, sodass sie weniger massiv wirken. Außerdem sind wir bereit, die Balkone zur Radolfzeller Straße zu streichen, auch wenn die Mieter sie sicher gerne hätten.“

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Eine weitere Anregung der Beiräte war es, im Erdgeschoss zulasten einer Wohnung auch Gewerberäume anzubieten, als Ersatz für das Gasthaus Löwen. „Auch dazu sind wir bereit“, sagt Raphael Huber und ergänzt: „Dann muss man hoffen, dass sich ein Gastronom auf die Fläche bewirbt. Vorschreiben können wir das nicht.“

Dass einige Wollmatinger gegen die Pläne sind, wissen Renz und Huber. Sie betonen aber auch: „Bauherren sind nicht grundsätzlich böse! Wir möchten Wohnraum schaffen, aber dazu ist eine gewisse Nachverdichtung nötig. Natürlich ist es für den Einzelnen blöd, wenn ihm was vor die Nase gesetzt wird, aber man muss auf die gesamte Gesellschaft schauen.“

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„Wir wollen nicht irgendwas hinklatschen“

Trotzdem möchte R&H Baukonzept „keinen Stress“. Raphael Huber sagt es so: „Wir haben schon bei anderen Vorhaben bewiesen, dass wir nicht einfach irgendwas hinklatschen. Auch für Wollmatingen streben wir eine gut verträgliche und einvernehmliche Lösung an.“ Ohnehin sehen Markus Renz und Raphael Huber ihr Projekt als Gewinn für Wollmatingen.

„Die Dorfmitte ist derzeit eine Katastrophe“, findet Raphael Huber. „Da stehen zwar alte Gebäude, aber einige sind marode und bieten kein schönes Bild.“ Deshalb bedauert er, dass auch das Bauvorhaben auf dem Linde-Areal derzeit auf Eis liegt.

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Das sieht der Ur-Wollmatinger und CDU-Stadtrat Daniel Groß anders. „Es stimmt zwar, dass die Ortsmitte derzeit kein schönes Bild bietet“, sagt er. „Die Pläne für die Verschönerung liegen seit Jahren in der Schublade und Neubauten können tatsächlich eine Aufwertung bedeuten. Aber sie müssen sich in die Umgebung einfügen und nicht doppelt so massiv werden wie die Bestandsgebäude.“

Daniel Groß hätte gern die Reduzierung der geplanten Häuser um ein Stockwerk. „Sonst wird das Pfarrhaus erdrückt“, befürchtet er. Das Argument der Bauherren, in der Nähe des Gasthauses Löwen stehe bereits ein hohes Haus, lässt Groß nicht gelten. „Das ehemalige Rechenzentrum der Sparkasse ist ein Gebäude von 1969 oder 1970 und nicht ortsbildprägend, daran kann man sich nicht orientieren.“

„R&H Baukonzept ist ein gewinnorientiertes Unternehmen. Ich glaube nicht, dass ihnen unsere Ortsmitte am Herzen liegt“, sagt der ...
„R&H Baukonzept ist ein gewinnorientiertes Unternehmen. Ich glaube nicht, dass ihnen unsere Ortsmitte am Herzen liegt“, sagt der Wollmatinger und CDU-Stadtrat Daniel Groß. | Bild: Carolin König

Dass in Wollmatingen um jeden Preis groß gebaut werden muss, sieht er auch nicht ein: „R&H Baukonzept ist ein gewinnorientiertes Unternehmen. Das ist erstmal nichts Schlechtes, aber ich glaube nicht, dass ihnen unsere Ortsmitte am Herzen liegt.“

Wie geht es nun weiter? „Das liegt in den Händen der Stadt“, sagt Raphael Huber. „Wir haben der Verwaltung angeboten, in sämtlichen kritisierten Punkten nachzubessern, wenn das Verfahren dafür zügig vorangeht.“ Nun habe er länger nichts von der Verwaltung gehört. „Wir würden schnell weitermachen, aber es sind langwierige Prozesse.“

R&H Baukonzept möchte dieses Dreifamilienhaus in der Tägermoosstraße abreißen und durch einen Neubau mit neun Wohnungen ersetzten.
R&H Baukonzept möchte dieses Dreifamilienhaus in der Tägermoosstraße abreißen und durch einen Neubau mit neun Wohnungen ersetzten. | Bild: Hanser, Oliver
Auch in der Karlsruher Straße 31, nahe der Berchenschule, möchte die Firma tätig werden und 30 bis 40 Wohnungen errichten. Die ...
Auch in der Karlsruher Straße 31, nahe der Berchenschule, möchte die Firma tätig werden und 30 bis 40 Wohnungen errichten. Die Bestandsgebäude müssen weichen. | Bild: Kirsten Astor