„Kommed nei! Wa wend er trinke?“ Hans-Peter Kratzer – Konstanzer Original und besser bekannt als HP – weiß, wie man Gäste im urig-gemütlichen Weinteufele in der Konradigasse begrüßt. Da fühlt sich jeder – ob jung oder alt – sofort wohl, sogar fast wie zuhause.

HPs charmante Frau Conny ergänzt nämlich seine unterhaltsame, bodenständige Art mit jeder Menge Liebenswürdigkeit. Der Wermutstropfen: Das dynamische Duo hört spätestens Ende Mai auf – schweren Herzens.
„Letztes Jahr im Oktober haben wir unser Zehnjähriges im Weinteufele gefeiert“, seufzt Conny Kratzer etwas wehmütig und fügt an: „Da habe ich noch keine Ahnung gehabt, dass es so schnell zu Ende geht.“ Was ist passiert?
Die Pachterhöhung ist kein Pappenstiel
„Ende November hat unser Verpächter eine Pachterhöhung um 15 Prozent gefordert“, berichtet HP Kratzer und erläutert etwas säuerlich: „Und das, obwohl hier nie etwas investiert wurde und wir sogar Wasserschäden hatten.“ Einen Tag später hätten sie dann schriftlich per Einschreiben auf den 31. Mai 2024 gekündigt, denn eine Erhöhung um 15 Prozent seien kein Pappenstiel.
„Die Pacht musst du erst einmal erwirtschaften“, seufzt Conny Kratzer und erläutert: Während der Freiluftsaison rentiere sich die Weinstube nicht, denn alle wollten dann im Freien sitzen. Das Weinteufele hätte in der Konradigasse lediglich eine Fläche von 4 auf 1,50 Meter, wo gerade einmal zwei Tische und zehn Stühle Platz hätten.
Damit der Probleme nicht genug: „Die Stadt genehmigt uns lediglich eine Veranstaltung pro Monat, wie zum Beispiel die Probe der Ukulele-Gruppe. Und die müssen wir vorher anmelden und genehmigen lassen“, berichtet der Wirt.
Zudem gebe es zuweilen Probleme mit Nachbarn, die sich wegen Lärms beschwerten. „Die Ortspolizei war schon da und hat gemessen. Dann hatte sich herausgestellt, dass die Musik von einer anderen Kneipe kam und diese aufgrund des Echoeffektes in die oberen Etagen reinschallte“, so Kratzer.
Die Gäste bedauern den Entschluss
Wann wirklich ihr letzter Tag im Weinteufele sein wird, wissen die Kratzer noch nicht. Die Gäste sind allerdings bereits im Bilde, dass die Zeit mit Conny und HP in absehbarer Zeit ein Ende nimmt. „Eine Kneipe weniger in Konstanz“, bedauert Martin Knapp, Stammgast der ersten Stunde. Er schwärmt von der „offenen Art von dene zwei“. Im Laufe der Jahre seien sie richtige Freunde geworden, die sich auch außerhalb des Weinteufeles träfen.
Romina Saile ist mit ihren Freunden das erste Mal im Weinteufele und schlichtweg begeistert. „HP hat uns begrüßt, als wären wir längst gute Freunde“, schildert sie das Willkommen. „Wir haben uns direkt wohlgefühlt. Es ist hier richtig gemütlich.“

„HP ist super. Der Laden ist nicht für humorlose Leute geeignet“, meint Manuel Hoffmann grinsend, der ebenfalls seine Weinteufele-Premiere feiert. Warum? „HP hat eine spezielle Art von Humor, gepaart mit sehr viel Wissen. Vorhin hat er über Wein referiert. Mit Napoleon dürfen wir nicht anfangen, das wurde uns verboten“, erzählt Manuel Hoffmann lachend und schaut dabei vielsagend zu den langjährigen Stammgästen.

Ja, wenn das richtige Thema kommt, dann gibt es für HP kein Halten mehr. Dann erzählt er – und vergisst dabei zuweilen die Zeit und dass er eigentlich längst in der Küche stehen sollte, um seine Spezialitäten zuzubereiten, darunter die „handglismete Fleischküechle mit abrötlete Herdöpfel“ (wörtlich übersetzt: handgestrickte Frikadellen mit angebratenen Kartoffeln). Das verzeihen ihm die Gäste gerne, denn er versteht sich auf das Reden und vermittelt auf unterhaltsam-amüsante Art geschichtliches Wissen.
Was man weiß und was man nicht weiß
„Das Haus zum Lämmle gibt es seit 1300. Hier war schon im Mittelalter eine Schankstube. Im Keller war das Weinlager“, berichtet HP Kratzer. Er weiß auch: „1896 hieß es Zur Traube“. Was er nicht weiß: Ob es einen Nachfolger gibt und ob das Lokal nach der Ära Kratzer als Weinstube weitergeführt wird.
„Für uns ein totales Fiasko!“, sagt Herrmann Schwarz von der Christlichen Studentenverbindung Rhenania zu Konstanz über den Entschluss der Eheleute Kratzer, das Weinglöckle nicht mehr zu betreiben. „Die Wirtsleute sind aufgeschlossen.“

„Conny ist eine Wirtin mit Herz und HP gibt bei unserer Weihnachtsfeier den Nikolaus“, sagt Schwarz. Das große Problem sei, dass es kaum Wirtschaften gebe, die einen Nebenraum hätten. Eine Studentenverbindung jedoch benötige ein solches Separee für ihre traditionellen Rituale, wie beispielsweise das Singen von Studentenliedern.
Conny tut der Abschied in der Seele weh
Der Abschied fällt aber vor allem Conny Kratzer sehr schwer. „Mir tut es in der Seele weh. Das war mein Baby“, sagt sie. „Noch ein Gassenfreitag und dann war‘s das…“ Wie es für die beiden weitergeht? HP ist mittlerweile 72 Jahre alt, aber Conny ist erst 54.
„Zwei Monate machen wir dann erst mal gar nichts“, sagt die ausgebildete Restaurantfachfrau. Vielleicht finde sie ja noch mal ein kleines Lokal oder sie suche sich eine Stelle im Gastgewerbe, meint sie und man merkt: Ohne Gastro kann Conny nicht.