Kreativität. Eine Fähigkeit, die derzeit besonders gefragt ist. Zum Beispiel für die vielen Restaurants, die in den vergangenen Wochen in Windeseile einen Lieferservice ins Leben gerufen haben, um sich über Wasser zu halten. Oder für die Organisatoren von Angeboten wie Stadtführungen oder Kochkursen, welche durch die Krise vorübergehend mal schnell in die digitale Welt abgewandert sind. Aber auch viele Künstler müssen kreativ sein. Sich mit der Situation arrangieren und neue Möglichkeiten finden – das ist die Devise.

Rund 15 Schüler unterrichtet er
Zum Beispiel auch die von Uli Stier, der rund 15 Schülern das Saxofonspielen beibringt. In Corona-Zeiten ist dies allerdings schwierig. Eigentlich: Denn der 65-jährige aus Bankholzen hat sich etwas einfallen lassen und eine Lösung gefunden, seine Schüler fast hautnah zu unterrichten – und dies völlig ohne Infektionsgefahr. „Es funktioniert super, eine tolle Lösung. Auch meine Schüler finden das alle gut“, sagt er.
Seinen großen Unterrichtsraum habe er, wie er selbst erzählt, mithilfe einer Trennwand aus Glas und Holz in zwei kleinere Räume aufgeteilt. „Die Schüler haben einen separaten Raum mit einem Waschbecken und einer Toilette“, erzählt Stier. So gebe es die Möglichkeit des Zusammenspiels, was ihm sehr wichtig ist: „Das macht auch einfach mehr Spaß“, sagt er. Die Übertragung der Instrumente erfolge über ein Mischpult, Mikros und Lautsprecher: „Das ist im Prinzip wie in einem Studio“, erklärt der 65 Jahre alte Musiker. Und fast ohne Kosten: „Die Scheiben und das ganze elektrische Material standen bei mir noch rum“, sagt er. Er habe nur eine weiße Spanplatte und ein paar Schrauben gebraucht.
Gleich wie vor der Krise
Seine Saxofon-Schüler könne er beispielsweise am Klavier begleiten oder zu einer CD etwas vorspielen. Wichtig für den Unterricht sei nicht nur ein guter Sound, sondern vor allem „ein guter Sichtkontakt. Es ist eigentlich alles genau gleich wie vor der Corona-Krise, nur das da eben noch eine Scheibe zwischen mir und meinen Schülern ist“ erklärt er mit einem Schmunzeln. Für Uli Stier sei die neue Aufteilung des Raumes mit einem großen Aufwand verbunden gewesen, doch es lohne sich auf alle Fälle.
Besserer Ton als über Video
Die Wochen zuvor habe er sich mit Videounterricht beholfen. „Das war als Übergangslösung schon in Ordnung, aber man kann eben nicht gemeinsam spielen.“ Auf Dauer sei dies aber keine Option gewesen, da der Ton zu schlecht klinge. „Manchmal habe ich mich beim Skype-Unterricht gefragt, ob es am Schüler oder an der Übertragung liegt“, erzählt er. Und er ergänzt mit einem Beispiel, über welches er sich besonders gefreut hat: „Bei einem Schüler, mit dem ich jetzt wieder in meinem Raum Unterricht hatte, war ich überrascht, wie gut er klingt. Das hat man über Skype einfach gar nicht gehört.“
Seit rund 25 Jahren gibt Uli Stier Saxofon-Unterricht. Generell seien bei ihm Anfänger und Fortgeschrittene willkommen – am liebsten unterrichte er aber Anfänger. Da habe man nicht das Problem, falsche Angewohnheiten abzutrainieren. „Ich habe Schüler, die zehn Jahre alt sind, aber auch Erwachsene. Da bin ich ganz offen“, sagt er. Uli Stier ist, wie er selbst sagt, nach wie vor mit viel Freude dabei. Ein für ihn weiterhin besonders wichtiges Element: die Improvisation. „Vielen Musikern fällt es schwer, ohne Noten zu spielen und über Harmonien zu improvisieren. Improvisation gehört heute einfach zum modernen Saxophonspiel.“ Genau das möchte er vermitteln.
Stier musste seine Konzerttätigkeit einstellen
Er selbst spielte jahrelang auf Konzerten – aktuell aber nicht mehr: „Vor drei Jahren begann bei mir eine Serie von Netzhautablösungen. Mein Sehvermögen wurde dadurch stark eingeschränkt. Daher habe ich Konzerttätigkeit eingestellt.“ Seiner Leidenschaft als Saxofonlehrer kann er durch seine Trennwand aber auch in Pandemie-Zeiten weiterhin problemlos nachgehen.