Es mutet beinahe wie eine Floskel an, wenn man über Hans-Peter Lehmann sagt, dass er sein halbes Leben lang für das Wohl der Gemeinde Mühlhausen-Ehingen unterwegs war. Aber es stimmt einfach: Hans-Peter Lehmann ist 62 Jahre alt, 31 davon verbrachte er als Bürgermeister von Mühlhausen-Ehingen. Am 31. Mai ist damit Schluss. Nach mehr als drei Jahrzehnten im Rathaus geht Lehmann in den Ruhestand. Zusammen mit dem SÜDKURIER zieht er ein Resümee über seine Bürgermeisterzeit, beschreibt seine aktuelle Gefühlslage und wirft einen Blick in die Zukunft abseits von Rathausalltag und Gemeinderatssitzungen. Dabei wird deutlich: Mit Hans-Peter Lehmann geht ein echtes Unikat der Kommunalpolitik, ein Tausendsassa dem Mühlhausen-Ehingen am Herzen liegt.
Eine Strichliste mit den noch verbleibenden Tagen im Rathaus sucht man im Büro von Hans-Peter Lehmann vergeblich. Und dennoch gibt der Rathauschef zu: „Das ist schon ein eigenartiges Gefühl. Eine solche Situation hatte ich schließlich noch nie.“ Die Entlassungsurkunde von Landrat Zeno Danner sei bereits im Rathaus eingetroffen. „Das hat etwas Endgültiges“, sagt Lehmann mit einem Schmunzeln. Dann wird er wieder ernst: Natürlich schwingt auch Wehmut mit.
31 Jahre seien schließlich kein Pappenstiel. „Ich habe jeden Tag als Bürgermeister genossen – auch wenn schwere dabei waren. Langweilig war mir keine Minute“, sagt er. Wie zum Beleg zieht Hans-Peter Lehmann ein kleines Büchlein hervor. Seinen Terminkalender. Im Schrank hinter ihm lagern mehrere Dutzend davon. „Von jedem Tag als Bürgermeister gibt es einen Aufschrieb“, sagt Lehmann. Da kommen nach 31 Jahren schon ein paar Seiten zusammen. Auch sein erster Termin im Amt ist ihm noch präsent: „Da ging es um die Wasserversorgung.“
„Irgendwann ist einfach mal Schluss.“
Drei Amtszeiten hat Hans-Peter Lehmann komplett erfüllt, die vierte beinahe auch. Ein Jahr früher als geplant zieht es ihn nun in den Ruhestand. Der Grund: der bereits viel zitierte medizinische Warnschuss. Näher ins Detail will Lehmann nicht gehen. Braucht er auch nicht. Denn man nimmt ihm ab, dass er für Mühlhausen-Ehingen sein letzten Hemd gegeben hat: „Irgendwann ist einfach einmal Schluss.“

Erreicht hat Hans-Peter Lehmann für sein Mühlhausen-Ehingen viel. Dennoch spricht er nicht gerne von seinen alleinigen Erfolgen. „Das riecht nach Eigenlob, denn ich habe dies nicht alleine geleistet“, sagt er. Aber getan hat sich in der Zeit unter Lehmann doch viel: Der Noch-Bürgermeister nennt den Bau der Eugen-Schädler-Halle, den Ausbau der Wasserversorgung der Gemeinde oder Dinge, die für eine funktionierende Infrastruktur wichtig seien – etwa Kindergärten, Wohngebiete, den Ausbau des Gewerbegebietes. Spielereien seien keine dabei gewesen. „Was mich stolz macht, ist, dass wir trotz dieser Investitionen finanziell gut dastehen“, betont er. Aber es gibt auch Dinge, die er nicht mehr geschafft habe. Als Beispiel nennt Lehmann das Wohnbauprojekt am alten Sportplatz. „Das wird jetzt Aufgabe des neuen Bürgermeisters Patrick Stärk“, so Lehmann.
Hans-Peter Lehmann ist ein Urgestein in der Kommunalpolitik. Von den Bürgermeistern im Landkreis Konstanz kann nur sein Pendant aus Orsingen-Nenzingen, Bernhard Volk, auf eine längere Amtszeit zurückblicken. Und auch der hat nur noch wenige Tage im Amt. Deshalb falle ihm sein Abschied aus dem Rathaus auch nicht ganz so einfach. „Ganz abstellen kann man mich nicht“, sagt Lehmann. Auch der Kommunalpolitik wolle er als Kreisrat oder als Aufsichtsratsmitglied in diversen Gremien, etwa dem Caritasverband, erhalten bleiben. Was er aber auf keinen Fall sein wolle, sei ein Co-Bürgermeister im Hintergrund. Den braucht es in Mühlhausen-Ehingen auch nicht, ist Lehmann überzeugt. Denn mit seinem Nachfolger Patrick Stärk erhalte die Gemeinde einen ausgewiesenen Fachmann im Rathaus.
Ob seine Gemeinde also in guten Händen sei? „Ganz klar, ja“, betont Lehmann. Deshalb wolle er Stärk auch keine Ratschläge geben. „Der Patrick muss seinen Weg alleine finden, aber das traue ich ihm auch zu“, ergänzt Lehmann. Dann fügt er mit einem schelmischen Grinsen hinzu: „Außer vielleicht beim Bieranstich am Herbstfest, da sind schon viele gescheitert.“ Für ihn sei es eine neue Erfahrung, die vielen Feste als Alt-Bürgermeister zu verfolgen. Denn eines steht fest: Beiwohnen werde er ihnen auf jeden Fall. „Ich sitze dann aber in der zweiten Reihe. Als Obersachverständiger in Sachen Bieranstich“, sagt Lehmann mit seinem unverwechselbaren Lausbubengrinsen.
Ruhestand und was dann?
Dieser kleine Blick in die Zukunft ist auch der einzige, den der scheidende Bürgermeister werfen will. Wo er die Gemeinde in 20 Jahren sieht, darauf gibt es nur ein Schulterzucken: „Es ist vermessen, in die Zukunft zu blicken.“ Aber für ihn stehe fest: Es wird auch eine Zeit nach Hans-Peter Lehmann in Mühlhausen-Ehingen geben. „Mühlhausen-Ehingen steht gut da und das liegt vor allem an den engagierten Bürgern, einer kompetenten Rathausmannschaft, einem fleißigen Gemeinderat und nur bedingt am Bürgermeister“, sagt er.

Bei einem anderen Zukunftsszenario ist sich Hans-Peter Lehmann zumindest teilweise sicher, wie es ablaufen wird. Am 1. Juni, dem ersten Tag im Ruhestand, wolle er aufstehen, gemütlich mit seiner Frau Sabine frühstücken und den SÜDKURIER lesen. „Und dann werde ich mich wohl fragen: Und was machst du jetzt“, lacht Lehmann.