Bis zum Jahr 2035 möchte Radolfzell klimaneutral werden und hat nun einen weiteren kleinen Schritt in diese Richtung getan. Denn in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Planung, Umwelt und Technik legte die Verwaltung einen energetischen Sanierungsfahrplan für die öffentlichen Gebäude zur Vorberatung vor. Dessen Umsetzung würde die Stadt bis 2035 bis zu 50 Millionen Euro kosten. Dafür muss der Plan aber zuerst noch am 16. April vom Gemeinderat beschlossen werden.
Ziel der Stadt war es, die im Frühjahr im Gemeinderat mit dem Klimaschutzkonzept präsentierten Vorhaben zur energetischen Sanierung öffentlicher Gebäude zu konkretisieren und eine Strategie zu entwickeln, um künftige Haushaltsplanungen daran ausrichten zu können. Mit berücksichtigt wurde bei der Analyse auch die kommunale Wärmeplanung, so Bürgermeisterin Monika Laule in der Sitzung. Der Fahrplan enthält nun sieben Grundsätze, aus denen sich insgesamt 15 Maßnahmen ableiten:
- Gebäude-Portfolio verkleinern: Hierfür prüft die Stadt einzelne Gebäude aus ihrem Portfolio auf die Wirtschaftlichkeit der möglichen Wiederinstandsetzung oder die Veräußerung auf Erbbaupacht.
- Energie-Einsparpotenzial durch Sanierungen ausschöpfen: Als Maßnahmen hat die Stadt hierfür eine Prioritätenliste notwendiger Großmaßnahmen erstellt und besonders effiziente Änderungen definiert.
- Versorgung durch nachhaltige Wärmequellen: Die Stadt möchte dazu den Ausbau und Anschluss an Wärmenetze sowie an geplante Netze der kommunalen Wärmeplanung prüfen.
- Finanzierung: Hier soll die Stelle eines Fördermittelbeauftragten geschaffen werden.
- Bau- und Sanierungsvorschriften: Geplant ist die Überarbeitung und Aktualisierung der Leitlinie für nachhaltiges Bauen und Sanieren kommunaler Gebäude.
- Energieleitlinie und Nutzerverhalten: Vorgesehen ist die Entwicklung einer Energieleitlinie, die Ernennung eines Energieaufsicht-Beauftragten in jeder Abteilung sowie Hausmeister zu schulen.
- Umsetzung und Monitoring: Hier stehen die Entwicklung eines Umsetzungszeitplans, ein dauerhaftes Monitoring und Controlling der Maßnahmen, ein Monitoring des Zustands der Schul- und Kindergartengebäude sowie eine regelmäßige Berichterstattung auf dem Plan.
146! Die Stadt hat zu viele Gebäude
In dem Fahrplan ist anhand der ersten beiden Grundsätze bereits priorisiert, welche Gebäude zuerst energetisch saniert werden sollten und von welchen die Stadt sich trennen möchte. Denn momentan verfügt die Stadt über 146 Gebäude. Andere Gemeinde dieser Größe haben durchschnittlich lediglich 65 Gebäude, wie Wolfgang Keller von der Stabsstelle Umwelt-, Klima und Naturschutz in der Sitzung darlegte.
Um das Gebäude-Portfolio zu verkleinern und Prioritäten für die Sanierung zu setzen, hat die Stadt bereits einige ihrer Gebäude untersucht. Dabei sei aufgefallen, dass die 76 größten Verbraucher gemeinsam für etwa 90 Prozent des Gesamtverbrauches verantwortlich sind, so Zeller. In einer Bewertungsmatrix wurden diese Gebäude genauer untersucht.
Diese Gebäude könnte die Stadt veräußern
Herausgearbeitet hat die Stadt dabei anhand des anteiligen Energieverbrauchs und des generellen Zustands einige Gebäude, die möglicherweise zur Erbpacht veräußert werden könnten. Dazu zählen unter anderem das Carl-Duisburg-Centrum (CDC) sowie der CDC-Pavillon, dessen Fläche perspektivisch aber auch zum Stadtgarten dazukommen könnte, sowie das Container-Haus U3 in der Leonhard-Osterle-Straße 11. Hier sei ein Rückbau im zweiten Quartal des Jahres 2025 geplant.
Auch auf der Liste stehen das Haus Sernatinger, bei dem die Vergabe der Erbpacht zur Wohnnutzung läuft, die Kaufhausstraße 1, für die die Vergabe in Erbpacht geprüft wird, sowie mehrere Wohnhäuser in der Güttinger Straße. Auch das FC Sportheim auf der Mettnau, das Weltkloster, das Rathaus in Böhringen, das Kulturamt und die Villa Bosch sind aufgelistet.
Wo ist das meiste Potenzial einer Sanierung?
Eine weitere Liste enthält Gebäude mit hoher energetischer Sanierungspriorität. Hierzu zählen die Poststraße 15, das TBR-Gebäude, die Ratoldusschule, das Milchwerk sowie die Feuerwehr und die Sonnenrainschule. Zudem stehen das Ordnungsamt in der Güttinger Straße 3, die Kita Mezgerwaidring, die Homburghalle, der Wertstoffhof, der Kindergarten in Markelfingen, die Schule in Böhringen sowie die Buchenseehalle und die Teggingerschule auf der Liste.
Während diese langfristigen Maßnahmen die Haushalte zwischen 2028 und 2035 mit 45 bis 50 Millionen Euro belasten würden, sollen erste Umstellungen ab 2024 bis 2028 bereits große Einsparungen mit sich bringen – und das für nur 50.000 Euro aus dem Budget für bauliche Klimaschutzmaßnahmen. So hat die Stadtverwaltung als kurzfristige „Effizienzmaßnahmen“ ohne hohe Investitionskosten die Optimierung der Hydraulik und Regelung der Gebäudetechnik an mehreren Gebäuden vor. Dort sollen laut Wolfgang Keller so jeweils zwischen 14 und 20 Prozent Energie einspart werden.
Auf dieser Liste stehen das Rathaus in der Kernstadt und in Markelfingen, der Werner-Messmer-Kindergarten, die Kita Mezgerwaidring, das Milchwerk und das CDC. Zudem sind solche Arbeiten auch in der Poststraße 5, der Villa Finck, im Kindergarten in Markelfingen und an der Hausherrenschule geplant.

„Hier ist viel Erfolg für nur wenig Geld möglich, das sollten wir daher sofort investieren“, kommentierte Oberbürgermeister Simon Gröger diese ersten Maßnahmen. Die langfristigen Pläne für 50 Millionen Euro könnten durch Fördermittel von Bund und Land finanziell unterstützt oder durch die Veräußerung von Gebäuden gegenfinanziert werden, heißt es in der Sitzungsvorlage.
Wie es nun weitergeht
Im Ausschuss stieß das Vorhaben auf viel Zustimmung. Die Mitglieder stimmten einstimmig dafür, auch wenn die Deckung der Kosten für einige Nachfragen sorgte. Sollte der Gemeinderat am 16. April für den Sanierungsplan stimmen, würden die Stadt die Effizienzmaßnahmen sofort angehen. Ab 2028 will die Stadt dann jährlich größere Sanierungen im Haushalt einplanen.
Zudem wird die Stadt ihre Gebäude hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit prüfen und erste Gebäude verkaufen. Nach der Neuauflage der kommunalen Wärmeplanung in fünf bis sieben Jahren soll der energetische Sanierungsfahrplan neu aufgestellt werden.