Das riesige Areal der früheren Vauban-Kaserne hat sich in den vergangenen Jahren zu einem großen Industriepark entwickelt, in dem sich zahlreiche Firmen der verschiedensten Branchen niedergelassen haben. Die sanierten Kasernengebäude firmieren unter dem Namen RIZ, Radolfzeller Innovationszentrum. Bis vor genau 42 Jahren war die Kaserne Vauban Standort der französischen Truppen.

Nur die Benennung der Regiment-Piémont-Straße erinnert noch an jene Zeit, in der das 3. Infanterieregiment „Piémont„ mit über 1000 Soldaten, Unteroffizieren und Offizieren mit ihren Familien als Bürger auf Zeit in der Stadt lebten.
Die Vauban-Kaserne gilt als eine Wiege der deutsch-französischen Freundschaft in Radolfzell. Bereits 1962 wurde hier der Deutsch-Französische Club gegründet. Das Zusammenleben der Deutschen und Franzosen galt als überaus harmonisch.

Die Garnison wurde im Jahr 1977 aufgelöst. Im Rahmen der Umstrukturierung der französischen Armee mit dem Wegfall der Wehrpflicht standen insbesondere die französischen Einheiten in Deutschland auf der Kippe. Lediglich der Erhalt der deutsch-französischen Brigade war politisch gewollt.
Letzter Regimentskommandeur in Radolfzell war Colonel Belgodere, der heute im Generalsrang im Ruhestand im südfranzösischen Montpellier lebt. Er kam mit seiner Gattin eigens zum 50. Jubiläum des Deutsch-Französischen Clubs wieder im Jahr 2012 nach Radolfzell, um sich mit alten Freunden zu treffen.

Der Commandant geht als Letzter
Ende Juli 1977 verließen die letzten Soldaten und Offiziere die Kaserne in Radolfzell. Gleich einem Kapitän, der traditionell sein sinkendes Schiff als letzter Kommandeur verlässt, nahm Commandant Guy Doussau schweren Herzens Abschied. Es war für ihn ein bewegender Moment, als er das große Kasernentor am bisherigen Haupteingang schloss.

Die über 40-jährige Ära der deutsch-französischen Freundschaft hatte zumindest in der Kaserne vorerst ein Ende gefunden. Sie blühte jedoch in der Arbeit des Deutsch-Französischen Clubs in Radolfzell weiter. Die leeren Garnisonsgebäude und die zahlreichen Privatwohnungen der französischen Soldaten in dem verwaisten Wohnviertel machten das Kasernengebiet fast zu einer Geisterstadt.
Das Bundesvermögensamt Konstanz als neuer Verwalter hatte nun eine Menge Arbeit. Für die Garnisonsgebäude waren neue Nutzer zu suchen. Auch die rund 125 Privatwohnungen mussten saniert und neue Mieter gefunden werden. Der ursprüngliche Plan, dass die deutsche Bundeswehr die Kaserne übernimmt, verlief jedoch bald im Sande. Lediglich der Bundesgrenzschutz richtete in einem Teilbereich ein neues Domizil ein.

Selbst der riesige Kasernenhof, auf dem regelmäßig auch Truppenparaden stattfanden, wurde in den vergangenen Jahrzehnten intensiv bebaut. Zahlreiche Firmen etablierten sich auf dem Platz, auf dem früher lediglich ein großer Fahnenmast mit der französischen Trikolore wehte und zum militärischen Appell geblasen wurde.
Das Kasernengebäude war von den Nazionalsozialisten für die SS gebaut worden. Nach dem Krieg übernahmen es die Franzosen. In den Übergangsjahren wurde es auch von der jungen und musikalischen Szene in Radolfzell friedlich übernommen. 1983 eröffnete dort das Kulturzentrum Graffity als neuer Szenetreffpunkt, Musikgruppen nutzten leerstehende Räume als Probelokal.
1990 siedelte sich das Akkustik-Studio/Small-Club dort an und 1994 eröffnete Christoph Manz sein Projekt „Tempel“. In diesem in der Techno-Szene bundesweit bekannten Club traten Künstler und DJs auf, die sonst ganze Hallen füllten wie Massive Attack oder die Fantastischen Vier. Die letzte Party im Tempel stieg am 14. April 2001.