Die unterschiedlichen Voraussetzungen der Bewerber für die Wahl zum ersten Bürgermeister und Beigeordneten von Radolfzell haben im Gemeinderat zu unterschiedlichen Fragerunden geführt. Als Bewerber von außen hatte sich Stefan Altenberger, Ex-Bürgermeister der Remstalgemeinde Kernen, eher allgemeinen Fragen zu Person und Handlungsmustern stellen müssen.
Fast ein Kreuzverhör
Monika Laule als Amtsinhaberin hatte mit gut 30 Minuten nicht nur zehn Minuten länger in der Fragerunde des Gemeinderats auszuharren, die Stadträte nahmen sie im Vergleich zu Altenberger fast in ein Kreuzverhör. Die Fragen waren konkreter und bissiger. Mehrfach sprachen die Stadträte die Sozialbürgermeisterin auf den Sanierungsstau in den Schulen an. Stadträtin Derya Yildirim war mit Laules Antworten nicht zufrieden. Yildirim machte mit ihrer Frage deutlich, wo sie die Verantwortung im Rathaus sieht. „Warum sind die Schulen in einem so schlechten Zustand?“, fragte sie Laule. Die Antwort der Sozialbürgermeisterin war eine loyale, verwaltungsgemäße: Dass der Zustand in den Schulen so schlecht sei, würde sie pauschal so nicht sagen. Außerdem seien die baulichen Aspekte Sache des Baudezernats, bemerkte Laule.
An der Beharrlichkeit dieser Fragen und ihrer Häufigkeit war zu erahnen, dass die Wahl für Monika Laule kein Durchmarsch wird. Nicht alles und jedes, was aus diesem Dezernat kam, hat den Gemeinderat in seiner Gesamtheit in den vergangenen acht Jahren überzeugt. Das ist normal und kann bei einer anstehenden Wiederwahl zur Hypothek werden. Stefan Altenberger dagegen bekam bei seinen Fragen weniger die Daumenschrauben angezogen. Er hat keine Vergangenheit in Radolfzell. Die freundlichen Fragen und der freundliche Umgang mit ihm deuteten an, er hat Chancen.
Mit Verlässlichkeit gepunktet
Am Ende reichte es dann doch für Monika Laule. Sie bekam 13 Stimmen, neun wählten Altenberger, drei Stadträte enthielten sich. Das Ergebnis fiel knapper aus als erwartet. Aber deutlich genug, um gestärkt in die nächsten acht Jahre zu gehen. Mit ihrer Selbstbeschreibung hat Laule vielleicht Schwankende auf ihre Seite gezogen und Kritiker dazu bewogen, sich zu enthalten. Sie biete Verlässlichkeit, Verantwortungsbereitschaft und Durchhaltevermögen, sagte Laule. Das sind drei Eigenschaften, die im Rathaus Radolfzell manchmal vermisst werden. Und was so nicht offen angesprochen worden ist: Sicher sahen sich einige Stadträte verpflichtet, nach der E-Mail-Affäre und ihrer Auseinandersetzung mit OB Martin Staab sich gegenüber der Bürgermeisterin loyal zu erweisen. Monika Laule hat durch ihre Bereitschaft zum Einlenken wieder eine Arbeitsbasis in der Chefetage im Rathaus hergestellt.
Beliebt bei den Mitarbeitern
Auch das mag ein Gesichtspunkt sein: Nicht wenige Mitarbeiter in ihrem Dezernat werden die Wiederwahl ihrer Chefin mit Wohlgefallen betrachten. Dort gilt sie als sehr beliebt.