Einkaufen und Wohnen auf einer Fläche, diese Idee verfolgen der Unternehmerverbund Edeka Südwest und das Siedlungswerk Stuttgart im Quartier Radolfzeller Altbohl. Eine vier Meter hohe „grüne“ Wand soll den Markt von der Wohnbebauung trennen, beide Objekte sollen von der Stockacher Straße aus angefahren werden. Jetzt haben die Vertreter der Investoren einen konkreten Entwurf im Ausschuss Planen, Umwelt und Technik vorgestellt.
Verkaufsfläche wird größer
Die Entscheider von Edeka haben den geplanten Lebensmittelmarkt auf dem Schoch-Areal noch einmal um rund zehn Prozent vergrößert. Die Verkaufsfläche des eigentlichen Markts wird in den neuen Plänen mit 1627 Quadratmetern angegeben, der Backshop mit 330 Quadratmetern. Die Nutzfläche hat Expansionsleiter Stefan Duschl im Ausschuss Planen, Umwelt und Technik mit rund 2700 Quadratmeter angegeben.
Diese Steigerungswerte waren für die Stadträte noch zu verdauen, schwierig wurde es bei der Beurteilung der Regelung des Verkehrs. Architekt Fredi d‘Aloisio und Manager Duschl brachten nur die Lösung über eine An- und Abfahrt in der Stockacher Straße in unmittelbarer Nähe zum Kreisverkehr in die Sitzung. Diese Lösung hat schon das Regierungspräsidium wegen der starken Auslastung der Landesstraße als Ausfallstraße Richtung Autobahn als problematisch erachtet. Die Landesstraße kreuzt dort am Kreisverkehr mit der Kreisstraße Richtung Markelfingen. Ein Verkehrsgutachten geht nach der Eröffnung des Lebensmittelmarkts davon aus, dass der Kreisverkehr überlastet sein wird.
Eine Lösung, die nicht kommen wird
Der Gutachter sieht nur eine Lösung für eine Entlastung des Schochkreisels: den Bau einer Kasernenabfahrt für die Bundesstraße 33. Dazu bemerkte Siegfried Lehmann (Freie Grüne Liste): „Die Kasernenabfahrt wird nicht kommen.“ Und weil das so sei, kritisierte Walter Hiller (Freie Wähler): „Die Verkehrssituation ist nicht ordentlich gelöst.“
Das Einfallstor von Radolfzell
Diese Aussagen versuchte Expansionsleiter Stefan Duschl zu entkräften: „Die Verkehrsbewegung auf der Landesstraße ist schon da, sie stellt das Einfallstor von Radolfzell dar.“ Der Edeka-Manager geht davon aus, dass durch den Standort des Lebensmittelmarkts „die Verkehrsentwicklung dort nicht höher wird“. Eine Erschließung des Markts über die Landesstraße sei nicht möglich, ergänzte Architekt Fredi d‘Aloisio: „Die Böschung darf nicht überbaut werden, der Streifen gehört zur Landesstraße.“ Auch würden dadurch 20 Parkplätze wegfallen.
92 Stellplätze für Autos und 51 für Fahrräder
Dem Gutachter erscheint nach Angaben der Verwaltung die Zahl der Stellplätze bezogen auf die Verkaufsfläche und dem zu erwartenden Verkehrsaufkommen eher als gering. Im aktuellen Plan sind 92 Autostellplätze, 40 Fahrrad- und elf Lastenfahrradstellplätze eingezeichnet. Der Gutachter empfiehlt deshalb den Einsatz eines Parkleitsystems. Damit sollen Rückstaus vor der Zufahrt vermieden werden.
Ein weiterer Markt?
Christof Stadler (CDU) sagte, Edeka habe es selbst in der Hand, den Verkehr am Schochkreisel zu entflechten: „Es gibt nur eine Entlastung, wenn es auch im Westen der Stadt einen Standort gibt, möglichst in Altstadtnähe.“ Dort gebe es für einen Markt noch Flächen in der Friedrich-Werber-Straße.
Einer zieht die Reißleine
Edeka-Manager Duschl versuchte auch Bedenken zu zerstreuen, im neuen Markt werde ein großes Innenstadt-relevantes Sortiment angeboten. „Zu 99 Prozent wird unsere Fläche mit Lebensmitteln gefüllt, der Non-Food-Bereich bekommt – wenn überhaupt – zehn Quadratmeter.“ Die neue Verkaufsfläche erschien Josef Klett (Freie Wähler) zu groß. Für Thilo Sindlinger ist sie ein Ausschlusskriterium. Vor drei Jahren sei man in das Verfahren mit 1500 Quadratmeter Verkaufsfläche eingestiegen, jetzt liege man über 1600 Quadratmeter. „Ich muss die Reißleine ziehen“, kündigte Sindlinger seine Gegenstimme gegen den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan „Lebensmittelmarkt Altbohl mit Wohnbebauung“ an. Damit blieb er in der Minderheit, alle anderen elf Mitglieder im Ausschuss stimmten für den Plan.
Wohnbebauung
In das Projekt Lebensmittelmarkt „Lebensmittelmarkt Altbohl mit Wohnbebauung“ ist das Siedlungswerk Stuttgart als Partner eingestiegen. Wie Markus Kliche in Radolfzell berichtete, werden die Wohnblocks in U-Form Richtung Bahnlinie erstellt. Von 31 Wohneinheiten sind 21 als Eigentumswohnungen geplant, zwölf bleiben als geförderte Mietwohnungen im Eigentum des Siedlungswerks. Kliche rechnet für die Mietwohnungen mit einem Quadratmeterpreis von rund acht Euro.