Als Kur-Direktor in Radolfzell braucht man manchmal ein dickes Fell. Vor allem wenn es um Erweiterungs- und Bauvorhaben auf der Mettnau geht. Dies musste auch Eckhard Scholz am eigenen Leibe erfahren. Ganze sieben Anläufe hat es gebraucht bis der Radolfzeller Gemeinderat den endgültigen Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan für die Herman-Albrecht-Klinik auf den Weg gebracht hat. Und auch im achten Anlauf – der jüngsten Sitzung des Gremiums – musste sich Scholz gedulden, bis die Stadträte mit großer Mehrheit, bei lediglich fünf Enthaltungen, ihr Einverständnis für die bauliche Weiterentwicklung der Mettnau-Kur gaben.

Dabei wurde Scholz nimmermüde in der Sitzung zu erwähnen, dass es sich bei dem Beschluss lediglich um einen Basisentscheid handle. Von einer architektonischen Planung sei noch lange nicht die Rede. „Wir sprechen hier nicht von einer Planung. Wir brauchen den Bebauungsplan lediglich als ersten Schritt, um im Anschluss in die Planung einsteigen zu können“, sagte er. Auch Oberbürgermeister Martin Staab stellte sich hinter seinen Kur-Direktor: „Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um weiterhin an der Zukunftsfähigkeit unserer Kur arbeiten zu können.“ Der Beschluss sei sowohl für Scholz als auch OB Staab richtungsweisend.
Ein Stockwerk weniger
Der Gemeinderat hat mit dem Beschluss die Anzahl der Stockwerke auf vier gedeckelt. Die Kur-Direktion muss sich dadurch endgültig von einer fünften Etage verabschieden. Die darin bisher vorgesehene Geschossfläche von 1000 Quadratmeter werde mit jeweils 500 Quadratmeter in das dritte und vierte Stockwerk verteilt. Oder anders formuliert: Durch den Verzicht auf einen fünften Stock wird es in den Etagen direkt darunter dichter zugehen. „Durch diesen Beschluss wird die mögliche Höhe des Gebäudes reduziert, die geplante Geschossfläche bleibt in der Summe aber die gleiche“, so Scholz weiter.
Gegner beharren auf ihren Meinungen
Was wäre eine Beratung über die Weiterentwicklung der Medizinischen Reha-Einrichtung auf der Mettnau ohne eine Grundsatzdiskussion? Wieder einmal wetzen die Befürworter und die Gegner ihre Messer. Ein bekennender Gegner ist Christof Stadler (CDU). Er kritisierte nicht zum ersten Mal die bauliche Entwicklung am Standort der Herman-Albrecht-Klinik. „Mir ist die Bebauung viel zu massiv“, betonte er. Er hege die Befürchtung, dass die Werner-Messmer-Klinik einfach an den neuen Standort verfrachtet werde. „Das ist nicht die Zukunftsinvestition, die ich mir dort wünsche.“ Zur Erinnerung: Das grundsätzliche Konzept sieht die langfristige Aufgabe der Kurparkklinik und der Werner-Messmer-Klinik vor.
Aus vier werden zwei Standorte
Aus vier Standorten sollen zwei Standorte an der Seehalde und an der Hermann-Albrecht-Klinik werden. Unterstützung erhielt er von Susann Göhler-Krekosch (SPD). Sie befürchte eine massive Gästekonzentration auf der hinteren Mettnau. Ihr Appell deshalb: Die jetzigen Ideen sollten teilweise verworfen werden und über eine Lösung mit drei Standorten nachgedacht werden. „Wir verbauen uns sonst die ganze Mettnau„, sagte sie. Derya Yildirim (SPD) ergänzte, dass die Bebauung die Natur auf der Mettnau zerstöre.
Dietmar Baumgartner, Fraktionssprecher der Freien Wähler, wollte direkt einen Haken hinter die Debatte machen – da aufgrund eines entsprechenden Gemeinderatsbeschlusses weder das Gelände des Strandbades von der Erweiterung betroffen sei, noch der benachbarte Tennisclub mit räumlichen Einbussungen zu fürchten habe. „Zudem werden durch die Weiterentwicklung unserer Kur Arbeitsplätze gesichert“, sagte er. Jürgen Keck, Fraktionssprecher der FDP, hob die eigentliche Bedeutung des Bauvorhabens hervor: Man baue nicht ausschließlich nach den Vorstellungen der Gäste, sondern um die Radolfzeller Mettnau-Kur fit für die Zukunft zu machen. Oder wie es Helmut Villinger (CDU) zusammenfasste: „Die Bedeutung der Kur muss uns allen bewusst sein – als Arbeitgeber und Tourismusmagnet.“
Viel Lärm vor allem im Sommer
Die Medizinische Reha-Einrichtung auf der Mettnau liegt in unmittelbarer Nachbarschaft zum Strandbad und der Anlage des TC Radolfzell. Gerade im Sommer herrscht dort Hochbetrieb. Dies ist auch Eckhard Scholz bewusst. Er rechne deshalb, in den Sommermonaten mit verstärktem Geräuschpegel. „Mit Lärm vom Tennisclub oder aus dem Strandbad müssen wir leben“, sagte Scholz. Dieser müsse durch eine entsprechende Bebauung aufgefangen werden.
Die lange Bank droht
Die Extrarunden haben ihren Preis gekostet. Entgegen der Vorgabe im Stadtentwicklungsplan 2030 ist mit einer Fertigstellung im Jahr 2030 nicht mehr zu rechnen, wie Kur-Direktor Scholz in einer Sitzung des Gemeinderates zu Beginn des Jahres erklärte. Ursprünglich war ein Baubeginn in 2019 geplant – davon ist man allerdings weit entfernt. Scholz sagte damals, dass eine Eröffnung 2035 denkbar wäre.